0740 - Das Blutgespenst
vergeblich warten…«
***
Gino rannte, so schnell ihn seine Füße trugen. Die Pistole hielt er immer noch umklammert, aber worauf sollte er schießen? Auf den grünlichen Nebel, der ihm folgte und immer näher kam?
Er begriff nicht, dass der Alte nicht zusammengebrochen war, als die Kugeln in dessen Brust eingeschlagen waren. Sollte er eine kugelsichere Weste getragen haben? Aber das wäre unter seiner Kleidung aufgefallen, und auch dann hätte er eine Reaktion zeigen müssen. Die Kugeln wurden zwar abgefangen, aber heftige Schläge kamen dennoch durch. Und Gino hatte wenigstens acht Schüsse abgegeben.
Er rannte die Straße entlang. Er sah bereits den Rolls-Royce im Halbschatten, nur teilweise angeleuchtet von einer trüben Straßenlaterne, die noch aus der Vorkriegszeit stammen musste.
Da stolperte er!
Er stürzte. Die Waffe entglitt seiner Hand, um ihn herum wurde alles schwarz. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann war er wieder halbwegs klar.
Und er sah das unglaubliche Ungeheuer, das sich auf ihn stürzte, ihm den Leib aufriß und die Kehle zerfetzte, und da endete auch sein verzweifelter Hilfeschrei…
***
Zamorra hatte unauffällig versucht, mit dem Amulett Eindrücke aufzunehmen. Aber seltsamerweise zeigte es keine Schwarze Magie im Krankenzimmer an. Auch am Nachmittag bei der Zeitschau , die so unvorhersehbar abbrach, war ihm dahingehend nichts aufgefallen.
Allerdings hatte das nicht sehr viel zu bedeuten. Merlins Stern zeigte schwarzmagische Kräfte nicht immer exakt und eindeutig an, und außerdem war das gespenstische Wesen bereits wieder verschwunden. Eine erneute Zeitschau riskierte Zamorra auf keinen Fall, da er längst noch nicht wieder richtig fit war. Das würde noch etwas dauern.
»Du machst dir Vorwürfe«, sagte Nicole, als der Lift sie beide wieder nach unten trug und sie das Krankenhaus verließen. »Du denkst, du hättest den Tod der alten Dame vielleicht verhindern können, nicht wahr?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Vielleicht«, sagte er. »Wir haben zu viel Zeit mit Gerede verschwendet.«
»Vorher hätten wir ohnehin nichts machen können«, sagte Nicole. »Dieses Mörderphantom taucht erst nach Mitternacht auf.«
»Ich hätte das Krankenzimmer am Nachmittag weißmagisch absichern können«, sagte Zamorra.
»Du warst dazu nicht mehr in der Lage, und ich habe nicht daran gedacht, weil ich eher um dich besorgt war«, sagte Nicole. »Mach dir keine Vorwürfe. Du hast getan, was du konntest.«
»Aber wir sind hier noch lange nicht fertig«, erwiderte er, während sie zum Lancia hinübergingen, den er einfach hinter die Polizeifahrzeuge geparkt hatte. »Ich glaube nicht, dass dieser Spuk sich mit zwei Opfern zufrieden gibt…«
»Aber wo wird es wieder zuschlagen? Gestern und vorgestern in Montecastrilli, heute in Terni… wo zeigt es sich morgen?«
»Das müssen wir irgendwie rauskriegen.«
»Der Alte…«
»Der ist uns kaum eine Hilfe. Ein Wichtigtuer, der kaum etwas weiß und mit Halbwahrheiten um sich wirft. Ich glaube auch nicht, dass das Gespenst noch einmal in Montecastellano zuschlägt.«
»Montecastrilli heißt es…«
Er winkte ab. »Sage ich doch. Ich rufe Ted an, er kann seinen Horchposten in dem Dorf aufgeben. Wir sollten uns die Umgebung mal auf der Landkarte ansehen. Vielleicht gibt es hier irgendwas, woraus wir Rückschlüsse ziehen können. Ein historischer Fleck vielleicht. Auf jeden Fall etwas, von dem uns der Alte nichts erzählt hat.«
Sie stiegen ein und fuhren bis zur nächsten Telefonzelle, und Zamorra dankte den italienischen Telekommunikationsgöttern, dass es nicht mehr nötig war, wie in früheren Zeiten im nächsten Tabakladen gettoni zu kaufen, spezielle Telefonmünzen, ohne die es nicht möglich war, öffentliche Fernsprecher zu benutzen.
Er rief Teds Autotelefon an.
Er hatte mehr Glück als Nicole bei ihren früheren Versuchen, diesmal meldete sich der Reporter. Er klang etwas verschlafen.
»Das Gespenst war hier in Terni«, sagte Zamorra. »Mach Feierabend. Für diese Nacht ist die Show gelaufen.«
»Scheiße!«, sagte Ted.
»Ja…«
»Leg auf, hier passiert gerade was!«, stieß Ted hervor. »Da schreit jemand!«
Die Verbindung brach zusammen.
Zamorra starrte den Telefonhörer in seiner Hand an. »Bitte was?«, brummte er und hängte dann ein. Er eilte zum Wagen zurück.
»Nichts mit Ausruhen und ruhiger Nacht«, sagte er. »Fahr du, bitte. Bei Ted ist irgendwas los.«
Nicole rutschte auf den Fahrersitz des
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