0741 - Die falsche MARCO POLO
sagen, daß die Jotaner überhaupt nicht körperlich existierten, Ras?" fragte der Arkonide.
„Nein", antwortete Tschubai zögernd. „Natürlich wäre das denkbar, aber ich vermute, die Jotaner haben sehr wohl körperlich existiert. Vielleicht als monströse Gebilde, die sich auf der Oberfläche des Höllenplaneten ungeschützt dem Bombardement harter Strahlung aussetzten, weil ihr Metabolismus darauf angewiesen war. Sie könnten mit ihren starken parapsychischen Kräften von dort aus durchaus alle Projektionen erzeugt haben."
Atlan erschauderte.
„Kaum vorstellbar, daß die Vorfahren dieser Wesen Menschen waren. Die harte Strahlung muß die Mutationsrate ganz enorm gesteigert haben. Wie konnten die Menschen, die auf der Erde geboren waren, eigentlich überleben?"
„Sie müssen Möglichkeiten gehabt haben, sich gegen den größten Teil der schädlichen Strahlung zu schützen", erklärte Ras Tschubai. „Dennoch bekamen sie soviel davon ab, daß ihre Gene verändert wurden. Die folgenden Generationen mußten wahrscheinlich nach und nach den Schutz entbehren, nicht so schnell, daß sie starben, aber schnell genug, daß sie sich radikal veränderten."
„Dennoch waren auch die Jotaner, die wir kennenlernten, noch Menschen", sagte Atlan sinnend. „Jedenfalls zeigten sie eine durchaus menschliche Mentalität. Ich bedaure, daß sie uns keine andere Wahl ließen, als sie zu töten."
Tschubai nickte.
„Sobald die Verhältnisse es gestatten, sollten wir eine Forschungsexpedition nach Jota schicken", meinte er.
„Vielleicht finden sich Hinweise auf die Art und Weise der Veränderungsprozesse, Aufzeichnungen der gestrandeten Besatzung, Knochenreste der mutierten Generationen und so weiter."
„Ich werde zum gegebenen Zeitpunkt daran denken", versprach Atlan.
Ras Tschubai warf ihm einen nachdenklichen Blick zu und wollte etwas erwidern. Aber bevor er dazu kam, schaltete sich die Rundrufanlage ein.
„Anrat an Besatzung!" sagte die Stimme des Emotionauten.
„Die SZ-2 hat das geplante Linearmanöver abgeschlossen und befindet sich im Zielsektor nahe der Yolschor-Dunst-wolke. Ich ordne hiermit Gefechtsbereitschaft der Stufe Gelb an. Anrat, Ende!"
Tschubai und Atlan sahen sich an.
„Gehen wir in die Zentrale!" sagten sie beide wie aus einem Munde.
Als sie die Hauptzentrale betraten, waren auf den Rundumschirmen der Panoramagalerie die grellen Sonnen des galaktischen Zentrumssektors zu sehen, die sich in einigen Lichtjahren Entfernung scheinbar zu einer undurchdringlichen Mauer verdichteten.
Ein Laserprojektor blendete einen hellen blauen und drei schwache rote Lichtpunkte ein, die in kurzen Intervallen blinkten.
Senco Anrat drehte sich nach den beiden Männern um, deutete auf den Frontschirm und erklärte: „Der blaue Lichtpunkt fixiert die Position der falschen MARCO POLO. Sie ist dreiundsiebzig Lichtstunden entfernt und wurde anhand der Energieechos identifiziert. Die drei roten Lichtpunkte markieren drei SVE-Raumer, die allerdings viel weiter entfernt sind, nämlich dreihundertvierunddreißig Lichtstunden. Sonst gibt es innerhalb des Ortungsbereichs keine Raumschiffe - es sei denn, es hätten sich welche im Ortungsschutz einer Sonne versteckt."
„Ich schlage vor, wir warten ein paar Stunden ab", sagte der Arkoni-de. „Vielleicht verraten die falsche MARCO POLO und die SVE-Raumer durch Manöver ihre Absichten."
„Ich bin für sofortigen Angriff - mit allem, was wir haben", erklärte Ras Tschubai.
„Ich rate zur Vorsicht", erwiderte Atlan. „Hinter den Operationen mit der falschen MARCO POLO kann nur Hotrenor-Taak stecken, und ich kenne den Laren zu gut, um keine Falle zu argwöhnen."
Der Teleporter dachte nach, dann schüttelte er den Kopf.
„Nein, Atlan!" entgegnete er. „Wer weiß, welche Methoden die Laren anwenden, um Kor Kalmeck das geheime Wissen über die Provcon-Faust zu entreißen. Je länger sie ihn bearbeiten, desto größer wird die Gefahr, daß sie zuviel erfahren. Außerdem würde eine eventuelle Falle auch noch in einigen Stunden existieren."
Er wandte sich an Senco Anrat.
„Was sagen Sie dazu?"
Der greise Emotionaut wiegte nachdenklich den Kopf.
„Ich denke, daß Atlans Warnung berechtigt ist", antwortete er.
„Aber ich denke auch, daß Ihre Argumente gut sind, Ras. Ich bin für sofortigen Angriff mit dem Ziel, die falsche MARCO POLO im ersten Ansturm zu vernichten."
„Danke, Senco!" sagte Ras Tschubai. „Rufen Sie ,klar Schiff zum Gefecht' aus, Senco! Die sechzig
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