0741 - Die schwarze Hand von Taarnfeld
Simon und seine Gäste bestellten sich eine Kleinigkeit zu essen, doch ihre Aufmerksamkeit wurde schnell von den Thekengesprächen in Beschlag genommen. Der Wirt, ein kleiner und äußerst drahtig wirkender Mann mit Backenbart, schien sehr aufgeregt zu sein.
»Polizei, Polizei! Was glaubt ihr denn, was die erreichen?« Er schnaubte. »Nichts, sag ich euch, rein gar nichts! Die Frauen sind doch längst nicht mehr in der Gegend.«
»Ach ja?« Ein junger Mann, den Zamorra auf über zwei Meter Körpergröße schätzte, hielt vehement dagegen. »Und du weißt das also so genau? Gerade du. Hat deine Marta dir heute Ausgang gegeben, damit du den Fall lösen kannst?«
Grölendes Gelächter brachte den Wirt in Verlegenheit.
Als das Lachen langsam am Verklingen war, drang aus der Küche, die hinter der Theke lag, eine energische Frauenstimme. »Die kommt dir gleich nach vorne, die Marta!«
Das Gelächter schwoll wieder an.
Simon grinste seinen Gästen zu. »Denkt euch nichts dabei. Das ist hier der Umgangston der Leute untereinander. Ist alles nicht böse gemeint.«
Nicole hob abwehrend die Hände. »Hoffentlich ist das wirklich so, denn mit dieser Marta scheint nicht gut Kirschenessen zu sein.«
»Tommy«, wandte der Wirt sich an Brik. »Was meinst denn du zu der Sache. Du warst doch mit Hugo in Schmallenberg bei dem Fernsehinterview dabei.«
»Ich kann euch da auch nichts sagen.« Simon zuckte mit den Schultern und sah die Thekenbesatzung bedauernd an. »Es ist immer wieder von einem seltsamen Tier die Rede, das mit dem Verschwinden der Frauen zu tun haben soll. Laut Hugo eine große Spinne. Aber ob das nun stimmt…« Er ließ den Satz unvollendet.
»Doch, es stimmt!«
Köpfe ruckten herum und wandten sich der neuen Stimme an der Eingangstür zu.
Zamorra konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, denn dort stand ein circa 40-jähriger Mann mit schütterem Haar, der gekleidet war, als käme er von einer Expedition aus dem tiefsten Dschungel. Er trug Thermohosen, die enorm unbequem und gleichermaßen plump aussahen, dazu einen olivgrünen Parka, der etwas unangenehm militärisches an sich hatte, und gelbe Gummistiefel. Um den Hals des Mannes baumelte ein riesiges Fernglas, und in seiner rechten Hand hielt er die Leine eines Dackelmischlings, der die Anwesenden freundlich anwedelte.
»Mach mir ein Bier, Heiner.« Ohne seine erste Bemerkung zu kommentieren, trottete der Mann, gefolgt von seinem Hund, zur hintersten Ecke der Theke.
Simon wandte sich dem eigenartigen Typen zu. »Was stimmt, Peer? Hast du etwas gesehen?«
Der Mann schien sich nicht angesprochen zu fühlen. In aller Ruhe befreite er seinen Hund von der Leine und fing dann mit geschickten Fingern an, sich eine Zigarette zu drehen, wobei ihm nicht ein einziger Tabakkrümel zu Boden fiel. Erst als er sein Glas in einem Zug geleert hatte, drehte er sich zu Brik um.
»Bin ja viel hier unterwegs«, sagte er. »Weißt du ja, Brik. Sehe ja so manches.«
Zamorra senkte den Kopf, damit der Bursche seine Belustigung nicht sehen konnte. Was für ein Unikum, was für eine Sprechweise! Peer betrachtete einige Sekunden höchst interessiert Nicole, die den Dackel streichelte, der sich offensichtlich zu der Französin hingezogen fühlte, dann fuhr er fort.
»Na ja. Hinten, beim Herschede, weißt schon. Ist nachts nichts los. Kaum Viecher. Ist ein paar Tage her, da waren wir da.« Mit wir meinte er wahrscheinlich sich und seinen Hund. »Ben, der wollte dann plötzlich da weg. Hat gejault, wie verrückt. Da hab ich es dann gesehen, das Vieh. Heiner, noch ein Bier.«
Dem Wirt platzte der Kragen. »Nun lass dir doch nicht alles aus deiner krummen Nase ziehen, Mann. Bier willst du haben? Erst erzählst du weiter! Vorher gibt's nichts mehr!«
Zustimmendes Gemurmel wurde laut.
Peer blickte sich verdutzt um. »Erzählen? Was denn noch? Konnte das Vieh nur schlecht sehen, war zu schnell in die Höhle geflitzt. Sieht aus wie 'ne olle Spinne, nur dicker. Gib mir mein Bier.«
»Dicke Spinne?« Der Zwei-Meter-Mann meldete sich zu Wort. »Wird wohl eher eine Monster-Kakerlake aus Martas Küche gewesen sein!«
In der nächsten Sekunde erschien in der Küchentür eine Frau, mit einer riesigen Bratpfanne in der Hand, die sie lachend in Richtung des jungen Burschen schwenkte. »Kakerlaken und vorlaute Schwätzer vertreibe ich hiermit. Soll ich es dir vorführen?«
Alle hatten offenbar ihren Spaß.
Zamorra stieß Brik an. »Höhle? Weißt du, wovon der Mann spricht? Kennst du
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