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0741 - Die schwarze Hand von Taarnfeld

0741 - Die schwarze Hand von Taarnfeld

Titel: 0741 - Die schwarze Hand von Taarnfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Eiche ging. Direkt vor dem Dorfvorstand blieb sie stehen.
    »Nun, Lisa, du hast gehört, was die Angeklagte hier gesagt hat.« Der Mann sah Lisa drohend an. »Hast du uns etwas dazu zu sagen? Wenn ja, dann sprich jetzt!«
    Lisas kalkweißes Gesicht war schweißüberströmt, als sie stammelnd antwortete. »Nichts… Ich habe nichts dazu zu sagen. Ich… ich weiß nichts. Anna lügt… Sie lügt.« Mit gesenktem Kopf stand sie da, unfähig, Anna ins Gesicht zu sehen.
    Anna selbst starrte die Verwalterin nur an. Sie hatte ja im Grunde mit nichts anderem gerechnet. Lisas Angst saß einfach viel zu tief.
    »Gut, Lisa. Du darfst wieder zu deinem Mann gehen.« Der Ortsvorstand konnte nur mühsam ein hämisches Grinsen unterdrücken. Die Hierarchie funktionierte einwandfrei. Alles war, wie es immer war - und das war gut so.
    »Ich verkünde jetzt das Urteil!« Seine vier Beisitzer hatte er mit keinem Wort nach ihrer Meinung gefragt, doch warum sollte er auch? Sie waren sowieso ganz seiner Ansicht, das war klar.
    »Du, Anna, hast getötet, also sollst auch du getötet werden!«
    Anna bekam das Urteil nur wie durch eine dicke Nebelwand mit, fast so, als wäre das nur wieder einer ihrer Träume. »Mit deinen Händen hast du gemordet, also soll dir die rechte Hand abgetrennt werden, zum Zeichen dafür, dass das Böse vom menschlichen Leib getrennt sein soll! Das Urteil soll sogleich vollstreckt werden!«
    Anna spürte, wie kräftige Hände sie an den Schultern fassten und zur Eiche schleppten. Mit dicken Tauen wurde ihr schmächtiger Körper gefesselt, sodass sie sich nicht mehr rühren konnte. Wie in Trance fühlte sie, dass man ihren rechten Arm seitwärts an den Baum festgebunden.
    Der Ortsvorstand trat dicht vor das Mädchen hin. »Hast du noch etwas zu sagen, Anna?«
    Plötzlich war alles in ihr klar und ohne Angst, so als wäre sie wieder da. Wenn auch viel zu spät, um Anna noch retten zu können.
    Noch viele Jahre später redeten die Leute in der ganzen Umgebung davon, dass sich die Stimme des Mädchens plötzlich so fremd angehört hatte, ganz so, als würden viele verschiedene Frauen aus ihr heraus sprechen. Einige, die das hörten, schlugen das Kreuzzeichen, weil sie glaubten, der Teufel selbst hätte aus Annas Mund gesprochen, andere verließen fluchtartig den Dorfplatz.
    Annas Blick war klar und fest, als sie sprach.
    »Ja, das habe ich. Ich werde zurückkehren. Und dann hole ich mir das, was ihr mir jetzt nehmt. Vergesst mich nicht! Vergesst uns niemals!«
    Für einen Moment schreckte selbst der Ortsvorsteher von dem Mädchen zurück, doch dann erinnerte er sich seiner Würde und gab dem Henker ein Zeichen. -Der Vollstrecker umklammerte mit beiden Händen ein scharfes Beil und holte zum Schlag aus…
    ***
    Heute
    »Der kleine Körper wurde in ungeweihter Erde beerdigt«, beendete der Kaplan seine Erzählung. »Die Hand lag auf Annas Brust, wie ein Fremdkörper, der dort nicht hingehörte. Niemand außer dem Pfarrer und dem Totengräber war zugegen, und auch wenn der Priester wusste, dass es ihm seine Kirche verbot, für einen Mörder zu beten, so tat er es dennoch. Es war ihm vollkommen gleichgültig, ob andere davon erfuhren.«
    »Liebe Güte!« Nicole Duval machte sich Luft. »Raue Sitten waren das.«
    Der Kaplan zuckte mit den Schultern. »Es war eine mehr als raue Zeit. Damals waren solche Dinge an der Tagesordnung.«
    »Ist die Geschichte denn damit beendet, Herr Kaplan?« Zamorra wollte nicht so recht daran glauben, denn ihm fehlten noch ein paar kleine Stückchen, die in das Puzzle gehörten, das sich in seinem Kopf zusammenfügte.
    Stockmann wiegte den Kopf hin und her. Schließlich setzte er an. »Nun, Professor, Sie kennen ja den Aberglauben der Menschen. Sie dichten einer solchen Sache gerne noch das eine oder andere hinzu. Was dann letztlich davon der Wahrheit entspricht, ist nur schwer zu sagen.«
    Zamorra hakte nach, denn er war sicher, dass noch etwas Entscheidendes kommen würde. »Was genau meinen Sie damit, Herr Kaplan? Bitte reden Sie.«
    »Man erzählt, dass nur einige Tage nachdem der Körper des Kindes beerdigt worden war, die abgetrennte Hand wieder an der Graboberfläche erschienen sei.«
    Zamorra nickte, denn damit hatte er irgendwie schon gerechnet.
    Der Kaplan fuhr fort. »Der damalige Pfarrer begrub die Hand erneut. Das Ergebnis blieb das gleiche. Dann bestattete er die Hand separat, doch auch das brachte nichts, denn sie erschien immer wieder. Schließlich nahm der Pfarrer die Hand mit

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