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0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

Titel: 0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sein, doch sie wußte auch, daß ich mich nicht an eine Frau binden wollte. Eine Heirat kam für mich nicht in Frage.
    Es war nicht einfach, unsere Gefühle in die Waage zu bekommen, und so wollte ich das Thema Abreise zunächst nicht mehr anschneiden. Wahrscheinlich war sie deshalb sauer, was ich auch irgendwo verstand. Ich hätte kaum anders reagiert.
    Mit der Schulter schob ich die Glastür des Ausgangs ein und trat wieder hinein in die klare, herrliche Luft. Die Berge grüßten in majestätischer Pracht, hier roch alles nach Urlaub, und ich hätte hoch zufrieden sein können, aber da war dieser unheimliche und nicht erklärbare Vorfall, den ich nicht vergessen konnte.
    Und da war noch eine andere Frau, die mir eine auf einem Zettel geschriebene Warnung zugesteckt hatte. Ich hatte Jessica nichts davon gesagt, um sie nicht noch höher auf die Palme zu bringen.
    Wenn mir jedoch jemand mehr sagen konnte, dann war es Franca Simonis.
    Jetzt hätte sich die Chance ergeben. Wahrscheinlich lief sie auf irgendeiner Loipe, als im Hotel zu sein und ausgerechnet auf mich dort zu warten.
    Beim Anblick der Post fiel mir ein, daß ich noch Geld umtauschen wollte. Ich hatte knapp zweihundert Franken in der Tasche, das war zuwenig. Kaum hatte ich die Post betreten, da kam von der Seite her ein Junge auf mich zu. Er trug eine bunte Jacke und auf dem Kopf eine Pudelmütze. »Sie sind Herr Sinclair?«
    »Ja, der bin ich.«
    »Telefon.«
    »Was bitte?«
    »Ja, für Sie.«
    »Wo denn?«
    »Da, in der Zelle.«
    Ich war so überrascht und perplex, daß ich ihm folgte. Im Postamt gab es mehrere Zellen. Sie lagen direkt beieinander. Der Junge führte mich auf die letzte zu, wo der Hörer unter dem schwarzen Apparat auf der Ablage lag. Bevor ich dem Jungen noch eine Frage stellen konnte, war er verschwunden.
    Ich preßte den Hörer ans Ohr und brauchte mich nicht einmal zu melden. Eine männliche Stimme sprach zu mir, und ihre Worte erreichten mein Ohr wie ein bösartiges Kratzen, als würden sich in seiner Kehle irgendwelche Fingernägel bewegen.
    »Wie geht es Ihnen, Sinclair?«
    »Gut.«
    »Fast hätten Sie Pech gehabt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Zugefrorene Seen sind oft gefährlich. Man kann sich überhaupt nicht auf sie verlassen.«
    »Was wollen Sie?«
    »Ihnen erklären, daß es nur ein Vorspiel war. Wir sind scharf auf ihr Herz. Wenn es soweit ist, werden wir es Ihnen bluttriefend aus ihrer Brust herausreißen. Haben Sie gehört, Sinclair? Wir wollen Ihr Herz, und es wird nicht mehr lange dauern. Die Schweiz werden sie nur als herzlose Leiche verlassen.«
    Ich hatte die Drohung verstanden, ließ mich nicht einschüchtern, kam allerdings nicht mehr dazu, eine Frage zu stellen, denn der andere legte auf.
    Für einen Moment stand ich bewegungslos in der Zelle und starrte auf den Hörer. Mich überkam das Gefühl, umzingelt zu sein, aber ich schaffte es, normal und logisch zu denken.
    Man hatte mich hier in der Zelle angerufen. Ich stand also unter Beobachtung.
    Von wo war ich angerufen worden?
    Man konnte ja nicht einfach jeden Apparat klingeln lassen. Das mußten schon bestimmte sein. Ich verließ den engen Raum, schaute mich im Postamt um, sah aber keinen Verdächtigen. Das heißt, jeder konnte verdächtig sein. Der junge Mann im Skianzug ebenso wie der ältere, der sorgfältig Briefmarken auf Ansichtskarten klebte.
    Man wollte nicht nur mich, sondern auch mein Herz.
    Darüber dachte ich nach. Ja, es gab diese Vereinigungen oder Götzensekten, die sich auf blutige Herzen spezialisiert hatten. Die Tongs und die Diener der Göttin Kali waren darauf spezialisiert.
    Nur glaubte ich nicht, daß gerade sie sich hier in Pontresina ausgebreitet hatten. Hinter diesem Anruf mußte eine andere, kaum weniger gefährliche Gruppe stecken, von der ich leider nichts wußte.
    Bei einem Schalterbeamten erkundigte ich mich nach der Funktion der Zelle und erfuhr, daß man darin tatsächlich angerufen werden konnte.
    »Wieso? Gab es Probleme?«
    »Nein, das nicht, vielen Dank.«
    »Bitte sehr.«
    Ich ging wieder. Gern hätte ich noch einmal mit dem jungen Boten gesprochen, der aber war weit und breit nicht mehr zu sehen. Allmählich überkam mich das Gefühl, eingeschlossen zu sein und von verschiedenen Seiten her beobachtet zu werden. Von Jessica mal abgesehen, schien ich nur einen Verbündeten zu besitzen, nämlich Franca Simonis. Sie wiederum konnte ich jetzt leider nicht fragen.
    Auch vor dem Postamt zeigte sich nichts Verdächtiges. Der Betrieb

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