0742 - Mein Bruder, der Dämon
Sie sich! Das sind Dienstgeheimnisse! Ich…«
Asha Devis Rechte schoss vor. Sie packte den Polizisten am Kragen und zog ihn halb über die Tischplatte.
»Und der Artikel da über Celtic Glasgow?« Ihr höhnischer Blick wanderte zu der am Boden liegenden Zeitung. »Ist das auch ein Dienstgeheimnis? Ich will mal Klartext reden, Süßer. Dwbist Constable, und ich bin Inspectorin. Und darum machst du das, was ich will. Kapiert?«
McPherson schwieg. Instinktiv war ihm klar, dass diese indische Polizeiinspektorin ihm eigentlich nichts zu befehlen hatte. Aber andererseits war McPherson es gewohnt, auf Anweisungen zu hören und sie auszuführen.
»Ja«, murmelte er.
»Das heißt ›Jawohl, Madam!‹«
»Jawohl, Madam!«
»Schon besser.« Asha Devi ließ die blaue Uniform ihres Gegenübers los. Sie änderte nun ihren Tonfall. »Warum nimmst du dir nicht auch einen Tee?«, sagte sie gönnerhaft. »Irgendwo werden doch noch mehr Becher aufzutreiben sein.«
»J… jawohl, Madam.«
Während McPherson sich einen frischen Teebecher aus der Schreibtischschublade zog, beobachtete er heimlich die indische Polizistin. Eigentlich hätte er stinksauer sein sollen auf diese fremde Inspectorin, die ihn in seiner eigenen Polizeistation wie einen Schuljungen abkanzelte.
Das Gegenteil war der Fall.
Travis McPherson hatte noch niemals eine Frau wie Asha Devi getroffen. Sie wirkte wie ein Fremdkörper in diesem beschaulichen schottischen Dorf. Aber gerade ihr exotisches Flair war es, das ihn magisch anzog. Als Asha Devi den Constable am Kragen gepackt hatte, konnte er den süßlichbetäubenden Duft ihres Parfüms aus nächster Nähe riechen. Allein davon waren ihm schon die Knie weich geworden.
Seine Blicke ruhten nun wohlgefällig auf ihrer schlanken Gestalt. Leider war der Uniformschnitt alles andere als figurbetonend.
Aber trotzdem zeigte sich nur allzu deutlich, dass Asha Devi trotz ihrer harschen Art eine aufregende Frau war, die den Männern den Kopf verdrehen konnte…
»Kannst du mir ein paar Fragen beantworten, wenn du mich zu Ende angeglotzt hast?«
»Jawohl, Madam. Verzeihung, Madam.«
»Wie heißt du überhaupt?«
»McPherson. Constable Travis McPherson.«
»Hier in diesem Kaff geboren?«
»Jawohl, Madam.«
»Sehr gut. Dann kannst du mir gewiss etwas über Angelheart Castle erzählen.«
Angelheart Castle? Es war noch keine fünf Minuten her, dass Constable McPherson selbst über diese Burgruine nachgedacht hatte. Sie war ihm als ein mögliches Versteck für den entsprungenen Raubmörder erschienen.
War diese Asha Devi etwa auch hinter dem Kerl her?
»Wird's bald? Oder brauchst du eine Extraeinladung, Constable?«
»Sorry, Madam. Angelheart Castle wird eine Burgruine genannt, die sich in der Nähe von Ridgeway befindet. So weit ich weiß, rätseln die Altertumsforscher seit Jahren, was es mit dem Gemäuer auf sich haben könnte. Na ja, der Volksmund hat da so seine eigenen Überlieferungen.«
Die Inderin schob den Kopf vor. Nun wurde es interessant.
»Weiter!«, befahl sie.
»In grauer Vorzeit wurde Schottland nicht nur von den Menschen bevölkert, heißt es. Neben ihnen lebten noch andere Wesen. Einige waren friedlich, oder sie machten höchstens mal ein paar üble Späße. Andere aber sollen bösartig gewesen sein. Vor allem ein Volk von fliegenden Menschen war es, das unseren Vorfahren Furcht und Tod gebracht hat.«
»Fliegende Menschen?«, vergewisserte sich Asha Devi.
Der Constable nickte. »So sagt man. Die Menschen mussten diesem bösen Volk Tribut entrichten, um von ihm verschont zu werden. Aber auch das nützte nicht immer etwas. Manchmal holten sich die Fliegenden aus purer Mordlust ein Opfer.«
Asha Devi nickte grimmig. Ja, auf die Versprechungen von Dämonen konnte man nichts geben. Überhaupt nichts.
»Eines Tages gab es dann einen mächtigen Kampf«, fuhr McPherson fort, »und zwar zwischen den Kräften des Bösen. Andere Höllengestalten machten den Fliegenden ihre Vorherrschaft streitig. Und wirklich gelang es den satanischen Heerscharen, die Fliegenden zurückzudrängen. Sie mussten sich unter die Erdoberfläche zurückziehen und wurden zu Erddämonen. Dort sollen sie heute noch leben, sagt man. Doch die Teufel konnten sich nicht lange an ihrem Sieg erfreuen. Sie waren durch ihre erbarmungslosen Schlachten gegen die Fliegenden selbst stark geschwächt worden. Insofern hatten die vom Süden nachdrängenden christlichen Missionare leichtes Spiel. Sie schafften es schließlich, die
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