0744 - Im Land der Spinnen
Werkstattmeister an.«
»Ich bin der Werkstattmeister«, sagte der Fahrer schmunzelnd. »So was wie diese Überstundengeschichte bleibt immer an mir hängen. Morgen nachmittag kann ich Ihnen dann einen genauen Kostenvoranschlag machen.«
»Ja, danke«, sagte Zamorra. »Der Schlüssel steckt.« Dann beugte er sich noch einmal kurz in den Wagen und gab über eine kleine Tastatur eine Sperre ein, die verhinderte, dass jemand ohne Gewaltanwendung die Abdeckung des Transfunk-Ge rätes öffnete. Von diesen kleinen Feinheiten brauchte kein Außenstehender etwas zu wissen. Da der Transfunk auch eine eigene Stromversorgung hatte, gab es nicht einmal eine Verbindung zum Bordnetz.
Zamorra wollte sich jetzt auch nicht weiter um den Wagen kümmern.
Wichtig war, dass er hier von der Straße wegkam, statt ab kommendem Morgen zum Knöllchensammler wegen überschrittener Parkzeit zu werden - und je eher die Reparatur erfolgte, desto besser!
Er überließ die Rangier- und Verladearbeit dem Meister und ging zu Nicoles Cadillac zurück.
Doch seine Kampfgefährtin war verschwunden…
***
Während Zamorra sich mit dem Abschlepper unterhielt, beobachtete Nicole den etwa fünfzig Meter entfernten Computerladen. Als sie sah, dass das Hutzelmännchen ins Freie trat, stieg sie aus. Der Mann machte Feierabend, schloss den Laden aber noch nicht ab. Er verschwand in einem Spalt zwischen seinem Laden und dem Nachbarhaus. Was auch immer er da zu tun hatte - für einen Moment war die Ladentür unbeaufsichtigt.
Nicole beeilte sich. Sie legte die rund 50 Meter im lockeren Trab zurück. Schon während der Rückfahrt vom Château hierher hatte sie sich überlegt, wie man mittels des Dhyarra-Kristalls das Tor erkennen und öffnen konnte, solange noch ein leichter Hauch von Magie zu spüren war. Sie hoffte, dass es dafür noch nicht zu spät war.
Sie hatte nicht nur einen, sondern gleich beide Dhyarras mitgebracht. Die Sternensteine 4. Ordnung konnten eine Menge bewerkstelligen, wenn man mit ihnen umzugehen verstand. Das Problem war, dass sie detaillierte Anweisungen benötigten, um ihre Magie wirksam werden zu lassen. Der Benutzer musste eine sehr konkrete bildhafte Vorstellung von dem haben, was zu tun war, so, als habe er eine Comic-Szene vor sich oder einen Film.
Nicole hatte sich diesen »Film«, ausgeknobelt, während sie fuhr. Jetzt bot sich die Chance, ihn umzusetzen.
Zamorra war ja mit dem Auto beschäftigt, also musste sie es erst einmal allein durchziehen. Denn noch ein Stück weiter entfernt an jenem Wohnhaus war immer noch eine Menge los. Bis da Ruhe einkehrte, konnten noch zwei, vielleicht mehr Stunden vergehen. Immerhin war ein Polizist verschwunden!
Sie erreichte den Laden. Der Besitzer war noch nicht wieder aufgetaucht. Nicole öffnete die Tür. Den Dhyarra-Kristall hielt sie in der Hand und konzentrierte sich auf die Bilderfolge.
Für einen Moment vergaß sie ihre Umgebung. Sie durfte sich durch nichts stören lassen. Plötzlich konnte sie das Tor sehen. Verschwommen nur, aber da war es! Und es öffnete sich!
Sie wandte sich um, wollte Zamorra zu sich rufen. Das war ihr Fehler.
Die Bewegung angesichts des offenen Tores reichte aus. Nicole wurde hineingezogen.
Und hinter ihr schloss es sich sofort wieder…
***
Verblüfft sah Zamorra sich um. Warum hatte Nicole ihn nicht informiert, wohin sie ging? Wollte sie sich unter die Gaffer am Haus mischen, oder…?
Da sah er den Ladenbesitzer auf den Gehsteig treten und sich seinem Geschäft zuwenden, in dem noch Licht brannte.
Aber da war doch schon Feierabend!
Zamorra hastete los und machte den Mann durch einen Zuruf auf sich aufmerksam.
»Ach, Sie schon wieder«, sagte der Verhutzelte, als er den Parapsychologen erkannte. »Ich habe aber eigentlich schon seit ein paar Minuten geschlossen.«
»Ich weiß. Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie trotzdem belästige. Ich glaube, meine Partnerin ist gerade eben noch in Ihren Laden gegangen.«
Der Mann räusperte sich, sagte aber nichts dazu. Er schob die Tür auf und ließ Zamorra den Vortritt.
Von Nicole war nichts zu sehen.
»Ich hätte schwören mögen, sie wäre hier«, sagte Zamorra düster. Er brauchte sich erst gar nicht weiter umzusehen. In die hinteren Räume war Nicole garantiert nicht gegangen. Wenn, dann war nur die Vordertür von Interesse.
Hatte die Falle einmal mehr zugeschnappt?
Aber das war eigentlich unmöglich. Jedes Tor funktionierte doch nur einmal…
Es sei denn, es wurde nachträglich noch einmal
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