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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und Fäuste rammten hindurch, ohne daß der Boden aufbrach und ihm Erdreich entgegenschüttete. Er konnte sie genau erkennen. Wie breite Schlangen waren sie aus dem Boden gekrochen und hatten sich so weit hervorgedrückt, daß er ebenfalls gegen die Arme schauen konnte. Er zählte zehn Hände, die sich nun bewegten wie Schlangen, die auf die Flötenspiele ihres Meisters achteten.
    Sie schwangen von einer Seite zur anderen und wiegten sich im Takt einer Musik, die der Junge nicht hörte. Alle drehten ihm die Handflächen zu. Ihre Haut war schon braun geworden, als hätten die Hände und Arme schon jahrelang unter der Erde gelegen.
    Nur Hände und Arme?
    Der Junge hatte sich soweit gefangen, daß er auch in die Lücken zwischen ihnen schauen konnte.
    Da sah er die bleichen Flecken. Im ersten Moment hielt er sie für Blasen oder Schlieren, bis ihm bewußt wurde, daß beides nicht zutraf. Im lichterfüllten Boden malten sich geisterhaft bleiche Gesichter ab. Nein, keine Gesichter, es waren einfach widerliche Fratzen, die aus der Hölle entlassen zu sein schienen, sich dabei ständig veränderten und andere Formen bekamen, wobei die Haut wirkte, als bestünde sie aus weichem Pudding oder widerlichem Schleim, wo alles ineinander lief.
    Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, daß sich die Hexe bewegte und auf ihn zukam. Sie kicherte dabei böse, krächzte noch, so daß der Vergleich zu einer schaurigen Märchenhexe immer mehr untermauert wurde. Sie kam auf leisen Sohlen, hielt den Kopf noch mehr geneigt, damit er einen gewissen Winkel bekam.
    Sie glotzte aus ihren dunklen Pfützenaugen gegen das Licht, als wollte sie für eine noch stärkere Intensität sorgen und andere, bisher versteckte Wesen hervorlocken. Wie eine Klappe bewegte sie ihren Mund beim Sprechen. »Sie werden dich holen, Kleiner. Sie werden dich in diese Tiefe hineinziehen, denn sie haben lange keine Beute mehr bekommen. Damals haben sie zu mir gehört, aber das ist lange her. Ich habe nicht mehr auf meine große Meisterin gehört und mich nicht unter ihren Schutz gestellt. Das habe ich bereut, doch nun ist meine Zeit gekommen, denn du bist da. Du wirst alles wieder gutmachen.«
    Elohim sagte nichts.
    Seine Kehle war zu.
    Er konnte nur starren und schauen.
    Und er sah auch, daß sich die Hände bewegten. Sie kippten nach vorn, genau in seine Richtung.
    Noch erwischten sie ihn nicht, aber einige der spitzen Nägel huschten sehr dicht am Stoff der Hose vorbei.
    Die Hexe lachte.
    Sie trat dicht an die Hände heran, bückte sich dann und streichelte die Finger.
    »Jetzt macht es!« keuchte sie.
    Die lebenden Toten griffen zu. Der Junge kam nicht mehr fort. Er spürte, wie sich harte Nägel im Stoff seiner Hosenbeine verfingen, sich darin festhakten, daran zerrten und nicht mehr loslassen wollten.
    Elohim wollte weg. Er schaffte es nicht mehr.
    Die Totenklauen waren für ihn viel zu stark.
    Dann schrie er.
    Einen Moment später rissen ihn die starren Klauen einfach um. Mit einem dumpfen Laut schlug er zu Boden, schrammte noch mit dem Kopf an der Stammrinde entlang und spürte einen bösen Schmerz durch sein rechtes Ohr zucken.
    Die Hexe aber lachte, denn das war genau der Moment, auf den sie gewartet hatte.
    »Jetzt wirst du vernichtet, Kleiner!«
    ***
    »Tatsächlich?« fragte ich.
    Dieses eine Wort reichte, um die Lage erst einmal umzukippen, denn die alte Hexe erstarrte, als sie meine Stimme hörte, dann wirbelte sie auf der Stelle herum.
    In dieser Zeit war ich noch näher gekommen. Meinen ursprünglichen Beobachtungsplatz hatte ich schon längst verlassen. Es war ein kleiner, leicht zu erkletternder Hochsitz gewesen, von dem aus ich trotz der Dunkelheit einen guten Blick gehabt hatte.
    »Ein Mensch!« kreischte die Hexe plötzlich.
    »Und wie«, sagte ich.
    Sie kam mir lächerlich vor, weil sie eben so klein und geduckt war. Ich hatte schon des öfteren mit Hexen zu tun gehabt, doch eine wie sie war mir noch nicht unter die Augen gekommen. Sie war eine Reinkarnation der zahlreichen Märchenfiguren im Park, und sie hätte in jede Schulaufführung von ›Hänsel und Gretel‹ als böse Person hineingepaßt, denn anders sahen diese Figuren auch nicht aus.
    Im Gegensatz zu ihnen war sie aber richtig böse. Ich hatte sie auch in Aktion erlebt und war darauf gefaßt, von ihr attackiert zu werden. Das tat sie ohne jede Vorwarnung.
    Sie steckte ihre gespreizten Hände hoch. Wieder schossen Strahlen aus den Spitzen.
    Sie waren auf mich gezielt und hätten irgend etwas mit

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