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0747 - Die Körperlosen von Grosoth

Titel: 0747 - Die Körperlosen von Grosoth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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kaum etwas haben, ich kenne jedenfalls kein entsprechendes Verbot. Doch nun eßt erst einmal, wir haben noch viel Zeit. Ich heiße übrigens Keschimm."
    Er nestelte noch eine Wasserflasche von seinem Gürtel, und die beiden Gefangenen machten sich ohne große Umstände über die Mahlzeit her. Keschimm sah ihnen von der Tür aus zu, und sein breites Gesicht drückte so etwas wie Bedauern aus.
    „Eigentlich seid ihr zu schade zum Sterben", meinte er bedächtig. „Zwei junge Männer in der Blüte ihrer Jahre - ich habe einen Sohn in eurem Alter, und den möchte ich auch nicht gern auf solche Weise verlieren. Es ist nun schon viele Jahre her, daß zuletzt eine derartige Hinrichtung stattgefunden hat."
    „Gibt es denn in Knosaur keine Übeltäter?" erkundigte sich Erwisch zwischen zwei Bissen. Der Riese lachte leise auf - es war das erste Lachen, das den jungen Seeleuten in dieser seltsamen Stadt begegnete!
    „Doch, es gibt sie", erklärte er. „Die Gottheit sorgt zwar für uns alle, aber für manchen tut sie seiner Meinung nach eben nicht genug. Er versucht dann, auf seine eigene Weise einen Ausgleich zu schaffen, durch Diebstahl, Betrügereien oder ähnliche Dinge. Wenn er dann aber wieder zum Wimmerplatz kommt - und dahin muß jeder kommen -, erfährt die Gottheit alles! Sie straft ihn dann auf ihre Weise, aber niemals mit dem Tode. Nur Frevler werden lebendig auf dem Platz begraben, Fremde, so wie ihr."
    „Das ist eine große Ungerechtigkeit", empörte sich Preschtan.
    „Wer fällt überhaupt diese Urteile, von denen der Hauptmann der Ordnungshüter gesprochen hat?"
    „Er selbst", knurrte Keschimm, „allerdings auf die direkte Anweisung der Gottheit hin. Sie verkündet durch seinen Mund, was sie beschlossen hat."
    Erwisch zog eine Grimasse.
    „Ein sehr parteiisches Gericht also, das den Angeklagten überhaupt keine Möglichkeit zur Verteidigung läßt! So etwas könnte bei uns in Beschra nie vorkommen, obwohl es natürlich auch bei uns Fehlurteile gibt."
    Der Folterriese zuckte mit den Schultern.
    „Dafür kann ich nichts, das werdet ihr wohl einsehen.
    Doch ihr wolltet mir etwas über andere Städte und Länder erzählen, nicht wahr? Fangt am besten gleich damit an, ich habe nicht mehr viel Zeit, es warten noch andere Aufgaben auf mich."
    Die beiden Gefangenen entsprachen seinem Wunsch, und als sie geendet hatten, war Keschimm sehr nachdenklich geworden.
    „Ich könnte euch direkt beneiden", gestand er offen ein. „Solche Freiheiten wie bei euch gibt es hier nicht, und niemand bekommt je ein anderes Land zu sehen. Ich sehe jetzt auch ein, daß ihr nach euren Begriffen eigentlich gar nichts Böses getan habt, jedenfalls nichts, was mit dem Tode bestraft werden müßte."
    Erwisch sah ihn lauernd an, denn ihm war ein neuer Gedanke gekommen.
    „Dem wäre doch leicht abzuhelfen", bemerkte er leichthin.
    „Könnte es nicht passieren, daß du einmal vergißt, eine Zelle wieder abzuschließen? Das könnte doch die unsere sein - rein zufällig naturlich! Wie du sagtest, hast du noch andere Aufgaben zu erledigen, und wenn du dann wieder zurückkehrst, sind wir eben verschwunden ... Niemand könnte dir wegen eines solch kleinen Vergehens hinterher einen Vorwurf machen."
    Keschimm kratzte sich nachdenklich am Kinn.
    „Natürlich kann auch ich einmal etwas vergessen, aber ganz so, wie du denkst, ist das auch wieder nicht. Sobald man eure Flucht entdeckt hätte, würde ich vor die Gottheit zitiert, und sie würde sofort wissen, daß ich euch geholfen habe. Die Folge wären meine Amtsenthebung und eine schwere Bestrafung - nein, das könnt ihr nicht von mir verlangen."
    Erwisch sah seine Hoffnung schwinden, aber er versuchte es trotzdem noch einmal.
    „Denke an deinen eigenen Sohn!" bemerkte er eindringlich. „Wir hängen genauso an unserem Leben wie er. Im übrigen gäbe es auch einen Weg für dich, sich einer Bestrafung zu entziehen: Du kommst mit uns und hilfst uns, auf unser Schiff zu gelangen!
    Morgen sind wir dann weit fort auf dem offenen Meer, und dort kann dir auch die Gottheit nichts mehr tun. Du aber hättest dann Gelegenheit, in fremde Länder zu gelangen und ihre Schönheiten zu sehen - reizt dich das nicht?"
    Erwartungsvoll ruhten die Augen der beiden jungen Männer auf dem Gesicht, des Riesen. Erwischs worte hatten ihren Eindruck nicht verfehlt, das konnten sie deutlich merken. Keschimms Augen waren zusammengekniffen, sein Atem ging schwer.
    Minutenlang stand er so da, dann nickte er

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