0747 - Jessicas Rächer
machen.
Im Laden standen zwei Verkäuferinnen, unterhielten sich miteinander und rauchten. Susy fand Rauchen oberdoof. Sie hatte sich vorgenommen, niemals zu rauchen, das taten ihre Eltern auch nicht.
Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich die Gegenstände anzuschauen, die sich in ihrer Höhe befanden. Da gab es auch noch genug zu sehen, denn auf den dunklen Samtkissen lagen die Ringe, Ketten und Spangen der unterschiedlichsten Größen und Formen.
Manche von ihnen steckten auch in kleinen Schlitzen, sodass die Glasperlen auf den Ringen funkelten und gleißten.
Das Mädchen drückte sich beinahe die Nase platt. Immer wieder staunte Susy laut und sprach davon, wie toll das alles war. Die Spange interessierte sie plötzlich nicht mehr, weil es viele andere Dinge gab, die ebenso schön waren.
Haarbänder, mit kleinen Perlen besetzt, kamen ihr ungemein kostbar vor. Ohrringe der unterschiedlichsten Formen, mal rund, mal eckig, mal krumm, fand sie auch toll. Die bunten Glasperlen der Ketten sahen richtig wertvoll aus, und Susy konnte sich an den Auslagen nicht satt sehen. Ihre Puppen und auch den Wagen hatte sie vergessen. Sie ging nahe der Scheibe entlang, stützte sich mit beiden Händen daran ab und hinterließ feuchte Spuren.
Die beiden Verkäuferinnen waren aufmerksam geworden. Amüsiert schauten sie dem Mädchen zu, das mit großen Augen den Schmuck betrachtete. Eine winkte kurz. Susy sah es nicht. Sie war so in die Auslagen vertieft, dass sie für nichts anderes Augen hatte.
Das war für sie wie der siebte Himmel.
Die Tür befand sich neben der Scheibe. Sie stand offen. Beinahe wäre Susy gefallen, als ihre linke Hand plötzlich keinen Widerstand mehr fand. Sie stolperte nach vorn, konnte sich aber fangen und fing an zu lachen.
»Möchtest du was kaufen, Kleine?« Susy hob die Schultern.
»Komm rein.«
»Ich habe aber kein Geld.«
Die Verkäuferin, ein Minirock-Girl mit blonden Strohhaaren und einem zu engen Pullover, öffnete den Mund und lachte. »Da hast du dann Pech gehabt.«
»Meine Mum kommt gleich. Die kauft mir was.«
»Das ist aber toll«, sagte die andere.
Susy wurde etwas verlegen. Sie lächelte auch so und strich mit beiden Händen durch ihr Gesicht. Dann lachte sie und zog sich zurück.
Ihr fiel der Wagen ein.
Ach je, sie hatte die Puppen allein gelassen. Ich bin eine schreckliche Mutter, dachte sie, als sie mit schnellen Schritten zu ihrem Puppenwagen lief.
Er stand noch immer da. Susy atmete auf. Einen Moment später aber schüttelte sie den kleinen Kopf. Etwas stimmte nicht.
Sie schaute noch einmal hin, ob sie sich nicht getäuscht hatte.
Nein, das hatte sie nicht. Auch die Decke war nicht mehr so glatt gezogen, das war schon…
Aber wieso…?
Plötzlich war sie durcheinander. Drei Puppen hatte sie in den Wagen gelegt. Die beiden Jungen an den Seiten, das Mädchen in der Mitte. Es lag auch noch dort, war aber kaum zu sehen, denn über sie hatte sich eine fremde Puppe gelegt.
Susy erschrak. Ihr schwindelte sogar. Sie schloss die Augen, öffnete sie wieder und schaute noch einmal hin. Das Bild blieb. In ihrem Wagen lag eine vierte Puppe.
Aber die war böse!
Susy hob die Arme und umklammerte die Lenkstange des Wagens. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, und schaute sich vorsichtig um, als hätte sie Angst davor, beobachtet zu werden.
Aber da war niemand. Sie hoffte, dass keiner gesehen hatte, wie die Puppe in den Wagen gekommen war, schließlich hätte man sie noch für eine Diebin gehalten, was sie auf keinen Fall wollte.
Jemand hatte sie da hineingelegt. Ein Kind, ein Erwachsener? Susy wusste es nicht und blickte noch einmal in die Runde. Es hatte sich nichts verändert.
Um diese Zeit war die Einkaufspassage eigentlich immer ziemlich leer. Sie entdeckte auch keine anderen Kinder, die sich mit ihr einen Spaß erlaubt hätten. Und die beiden Frauen ihr schräg gegenüber hatten bestimmt kein Interesse daran gehabt. Sie standen zusammen und redeten mit schnellen Flüsterstimmen aufeinander ein.
Wer dann?
Das Mädchen hatte einen trockenen Hals bekommen. Es kostete Susy eine gewisse Überwindung, wieder in den Wagen zu schauen.
Bisher hatte sie zwar nur einen knappen Blick auf die Puppe geworfen, aber in dieser kurzen Zeitspanne schon festgestellt, dass ihr die Puppe nicht eben sympathisch war.
Sie war böse! Das spürte Susy sehr deutlich. Sie mochte auch nicht alle Puppen, sondern nur die mit einem fröhlichen Gesichtsausdruck. Dabei spielte es dann für sie keine
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