0747 - Jessicas Rächer
bist, dann ist irgendetwas nicht in Ordnung.«
»Ich bin aber okay.«
»Das glaube ich dir nicht. Äußerlich ja, aber nicht in deinem Innern. Was ist passiert, als ich in dem Geschäft war?«
»Nichts.«
Donna hob die Augenbrauen und fürchte die Stirn. Dann grüßte sie zwei Nachbarn, die vorbeikamen, und beugte sich hinab zu ihrer Tochter. Sie wollte nicht unbedingt so laut sprechen müssen.
Zufällig fiel ihr Blick auf den Puppenwagen und natürlich ebenfalls auf die helle Decke.
Donna zwinkerte mit den Augen. Sie konnte kaum begreifen, was sie da sah. Die Decke bewegte sich. Aber nicht durch den leichten Wind, es war etwas ganz anderes. Unter der Decke lag jemand versteckt, der für diese Bewegungen verantwortlich war.
Ein Tier vielleicht…
Alles war vorstellbar, denn sie kannte ihre Tochter. Susy war sehr tierlieb. Oft genug hatte sie kranke Tiere mit nach Hause gebracht.
Angefangen von der Taube, über einen Igel, bis hin zu einem verletzten Hund. Ein solches Tier konnte auch unter der Decke versteckt sein. Bei ihrer Tochter war alles möglich.
Sie wollte sie schon danach fragen, als ihr noch etwas auffiel. Auf dem hellen Laken zeichnete sich ein roter Fleck ab, der an den Rändern zerlaufen war. Er sah aus wie Farbe, doch Donna wollte daran nicht glauben. Viel eher kam ihr ein anderer Gedanke in den Sinn.
»Das sieht ja aus wie Blut, Susy.«
»Was?«
»Der Fleck dort.«
Susy schwieg. Sie hatte wirklich nicht darauf geachtet, und ihre Überraschung war nicht gespielt. Ein paar Mal bewegte sie den Mund, als würde sie auf einem Gummi kauen. Zu einem Kommentar war sie nicht fähig, auch als ihre Mutter wissen wollte, woher das Blut denn kam. Sie schüttelte den Kopf.
»Bitte, Susy, das musst du mir sagen. Hast du dich vielleicht irgendwo geschnitten?«
»Nein, Mummy.«
»Zeig mir bitte deine Hände.«
»Hier, Mum!« Susy streckte ihrer Mutter beide Hände entgegen, die sie gedreht hatte, sodass die Handflächen nach oben wiesen.
Donna Denning schaute nach und konnte nicht die kleinste Verletzung finden. Einstiche sah sie ebenfalls nicht. Die Haut war völlig normal, auch glatt.
»Umdrehen, Susy.«
Die Tochter gehorchte. Auch auf den Handrücken entdeckte Donna keine Verletzung. Jetzt, wo sie sicher war, dass ihre Tochter nicht blutete, dachte sie darüber nach, dass der rote Fleck eine andere Ursache haben musste. Durch das, was sich unter der Decke bewegt hatte.
Sehr ernst schaute Donna ihrer Tochter ins Gesicht. »Susy, wir beide kennen uns lange genug. Ich weiß, wenn du mir etwas verheimlichen willst. Alles deutet darauf hin, dass dies geschieht.«
»Wieso denn, Mummy?«
»Himmel, sei doch nicht so stur. Ich habe gesehen, dass sich unter der Decke etwas bewegte.«
»Das war der Wind.«
»Red doch nicht.«
»Doch, der fuhr über die Decke.«
Donna verzog die Lippen. »In der Passage, wie? Da war es windstill, meine Kleine.«
»Dann ist…«
»Kein Wort mehr, Susy. Ich will von dir wissen, was du unter der Decke versteckt hältst.«
Susy senkte den Kopf. Ihr rundes Gesicht verzog sich trotzig. Sie konnte ihre Mutter nicht noch länger belügen, sie musste mit der Wahrheit herausrücken, sonst würde ihre Mutter nie und nimmer locker lassen. Deshalb sagte sie auch die Wahrheit, aber so leise, dass Donna Denning sie nicht verstand.
»Bitte, noch einmal, Susy.«
»Ich habe eine Puppe mitgenommen.«
»Da sind drei.«
»Ja, Mummy. Aber auch eine vierte. Sie – sie liegt unter der Decke. Das war besser so.«
»Wieso denn?«
»Sie wollte es so«, gab das Kind zu.
Donna schüttelte den Kopf. Es war manchmal schwer für sie, sich in die Gedankenwelt ihrer Tochter hineinzuversetzen, weil Susy Realität und Fantasie miteinander mischte. Sie sprach auch mit ihren Lieblingen, gab ihnen zu essen, setzte sie auf den Topf, pflegte sie, wenn sie krank waren, oder ging, so wie jetzt, mit ihnen spazieren.
Aber nicht mit einem Blutfleck auf dem Laken.
»Gut, Susy, du willst mir also nicht sagen, was unter der Decke liegt. Dann werde ich selbst nachsehen.«
»Es ist eine Puppe, Mummy!«, jammerte das Kind. »Das werden wir ja sehen.«
Donna Denning griff zu. Ihre Hand hatte die dünne Decke kaum berührt, als die Puppe reagierte. Was sie tat, war böse, gemein und hinterlistig, versehen mit einem Schuss Brutalität.
Sie griff einfach zu!
Dicht neben Donnas Handgelenk wölbte sich für einen Moment die Decke hoch, eine letzte Warnung, doch die Frau nahm sie nicht wahr. Unter dem Laken
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