0747 - Jessicas Rächer
des rechten Arms gesehen. Im selben Augenblick zuckte auch sie.
Das war ihr Glück.
Das Dreieck hätte sich tief in ihre Stirn gebohrt. So huschte es über ihren Kopf hinweg, fuhr noch durch die Haare und landete mit einem klirrenden Geräusch an der Hauswand.
Donna schrie wieder.
Die Puppe knurrte, dann drehte sie sich weg und rannte plötzlich davon, was Donna Denning nicht richtig mitbekam, denn sie hatte sich schützend vor den Körper ihrer Tochter gestellt, damit ihr nichts passierte.
Dass ihre Schreie Menschen angelockt hatten, registrierte sie zwar, doch darum kümmerte sie sich nicht. Donna redete auf ihre Tochter ein und streichelte sie. Es war egal, ob sie das Blut dabei auf der Kleidung verteilte.
Susy gab keinen Kommentar. Sie war einfach starr und schaute ins Leere. Manchmal bewegten sich auch die bleich gewordenen Lippen, ohne dass sie allerdings sprach. Die blasse Gestalt war gleichzeitig ein Spiegelbild ihrer Seele.
Die meisten Zuschauer hatten nicht richtig mitbekommen, um was es eigentlich gegangen war. Sie standen in der Nähe, redeten aufeinander ein, aber keiner traute sich, an Mutter und Tochter heranzugehen, um seine Hilfe anzubieten. Möglicherweise machten beide in ihrer Haltung auch einen zu abweisenden Eindruck.
Ein Fremder handelte nicht so. Er hetzte mit langen Schritten heran und sah sofort, wer hier die unrühmliche Hauptrolle spielte. Neben Mutter und Tochter blieb er stehen.
»Gehen Sie weg!«, schrie Donna Denning. »Verdammt noch mal, verschwinden Sie!« Der Mann blieb hart. »Nein, ich bleibe.«
Da senkte die Frau den Kopf und weinte. Und das Mädchen sagte mit Zitterstimme. »Es war die Puppe, es war die Puppe…«
Immer wieder sprach sie diesen einen Satz. Dem Mann rann dabei ein kalter Hauch über den Rücken…
***
Der Schauer war auch noch geblieben, als sich Mutter und Tochter einigermaßen gefangen hatten und ich den beiden gegenübersaß. Im Bad hatte ich Verbandszeug gefunden und mich um die Hand der Frau gekümmert. Ich kannte ihren Namen und saß mit den beiden im unteren Zimmer ihres Stadthauses, dessen Zimmer sich auf drei Etagen verteilten.
Ich hatte Donna Denning einen doppelten Whisky eingeschenkt.
Sie hatte ihn auch tapfer geschluckt, er wirkte bei ihr wie Medizin und war ein Motor für den Kreislauf.
In der schmalen Küche, vom Essraum durch eine Glaswand getrennt, kochte ich Kaffee.
Ab und zu warf ich einen Blick zu den Dennings hinüber. Mir tat die Tochter Leid. Sie stand noch unter dem schweren Schock und umfasste den gesunden Arm ihrer Mutter wie einen Rettungsanker.
Der Blick blieb nie ruhig. Immer öfter schaute sich Susy um. Sie fürchtete eine Verfolgung durch die Puppe und glaubte sicherlich, dass sie auch in das Haus eindringen konnte.
Ich fand Tassen und Untertassen, auch Saft und goss ein Glas damit voll. Dann stellte ich die Dinge auf ein Tablett und ging damit in den schmalen Essraum.
Beide schauten mir entgegen. Es hatte eine Weile gedauert, bis ich ihr Vertrauen erringen konnte, auch jetzt war die Abwehr noch nicht ganz aus den Gesichtern gewichen.
Ich schenkte den Kaffee ein, dem Mädchen stellte ich das Glas hin, das nicht angerührt wurde. »Du kannst ruhig trinken, Susy«, sagte ihre Mutter. »Mr. Sinclair meint es gut mit uns.«
»Zumindest bemühe ich mich.«
Wir tranken den Kaffee. Ich beobachtete Donna, die ihre Tasse nachdenklich zum Mund führte. Sie hatte nicht in ein Krankenhaus gewollt und gemeint, es sei ja nur eine Fleischwunde, die schnell heilen würde. Sie setzte die Tasse nicht ab, trank in kleinen Schlucken, bewegte dabei unruhig die Augen, sodass ich den Eindruck gewann, als würde der erlebte Schrecken noch einmal vor ihren Augen ablaufen. Wenn die Lippen nicht den Rand der Tasse berührten, zuckten auch sie. Die Frau kam mir vor, als hätte sie schwer zu leiden.
Schließlich setzte sie die Tasse ab, schaute mich an und flüsterte:
»Ich hätte tot sein können. Und Susy ebenfalls.«
»Ja, das hätten Sie«, bestätigte ich. »Deshalb ist es wichtig, dass ich den Täter so rasch wie möglich finde und sich so etwas nicht wiederholt.«
Donna erschauerte. »Nicht wiederholen«, murmelte sie. »Was haben wir denn diesem Wesen getan? Können Sie uns das sagen, Mr. Sinclair? Sie sind doch Polizist.«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber Sie wussten sehr schnell Bescheid, wie mir scheint.« Nach den Worten füllte ich ihre Tasse erneut.
»Da haben Sie Recht, Donna, ich wusste Bescheid. Auf mich hatte es der
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