0747 - Jessicas Rächer
für uns. Es würde mir gar nicht gefallen, eine mordende Puppe in meinem Revier zu wissen.« Er schüttelte sich. »Wir haben mit den normalen Verbrechern schon genug zu tun, auf andere Dinge können wir verzichten.«
Ich widersprach ihm nicht. Die Jagd nach der Puppe war einzig und allein meine Sache.
Mit diesem Gedanken verließ ich das Atelier. Mir war nicht einmal wehmütig zumute, wenn ich dabei an Jessica Long dachte. Sie hatte es nicht anders gewollt. Sie hatte sich nicht auf meine Seite gestellt, sondern war ihrem Urtrieb nachgegangen.
Das Treppenhaus kam mir plötzlich muffig vor. Der Geruch gefiel mir nicht. Ich hatte den Eindruck, bei jedem Atemzug Blutwolken in die Lungen zu pumpen.
In meinem Innern lag eine Kälte, über die ich auch nicht glücklich war. Dieser Gang durch das Haus glich einem Abschied. Ohne triftigen Grund würde ich nicht mehr hierher zurückkehren.
Natürlich hatte sich herumgesprochen, dass die Polizei erschienen war. Mieter hatten ihre Wohnungen verlassen. Man schaute mich an, ich las die Fragen in den Augen der Menschen und blieb vor einer Frau stehen, die sich mir in den Weg stellte. Sie trug ein dunkelgrünes Kostüm und sah aus, als wäre sie beim Weggehen gestört worden.
»Es tut mir Leid für Helen Switcher.«
So hieß die Tote, die im Haus bekannt gewesen war. Allerdings nur als Zugehfrau. Von ihren persönlichen Verhältnissen wusste man nichts. Allerdings hörte ich jetzt, dass sie Witwe gewesen war und ganz allein irgendwo anders lebte.
»Hatte sie Kinder?«
Die Frau im grünen Kostüm schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Sie hat jedenfalls nie darüber gesprochen, wenn wir mal ein paar Worte wechselten.«
Ich lächelte sie an, bedankte mich und ging den letzten Treppenabsatz hinunter.
Eigentlich war ich froh, wieder ins Freie treten zu können, wo die Luft besser und frischer war. Die normale Welt hatte mich wieder.
Eine sehr gepflegte Welt in diesem Fall.
Das änderte sich schlagartig.
Plötzlich hörte ich die gellenden Schreie. Sie klangen gar nicht mal weit entfernt von mir auf. Ich brachte sie sofort in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Killerpuppe.
Dann hielt mich nichts mehr.
***
Und dieser Teufel war nicht nur schnell, sondern auch mit einem scharfen tödlichen Stahldreieck bewaffnet. Die Puppe jagte hoch. In ihren Augen schimmerte die reine Mordlust, was auch Donna Denning mitbekam, und sie vergaß die Schmerzen.
Der Anblick der Augen ließ sie einfach anders reagieren. Er drängte in ihr die mütterlichen Beschützerinstinkte hoch. Sie dachte nicht mehr an ihre eigene Qual, sondern nur noch an die kleine Tochter, die es zu beschützen galt.
Und sie tat genau das Richtige. Mit einer ruckartigen Bewegung kippte sie den Puppenwagen um.
Damit hatte die Mörderpuppe nicht gerechnet. Mit einem zweiten Hieb hatte sie die Waffe in das Gesicht der Frau stoßen wollen. Der Drall nach links und der Fall brachten den Arm aus der Richtung, und der Puppenwagen kippte über das kleine Monster, sodass es für die folgenden Sekunden verdeckt war.
Donna handelte sofort. Sie vergaß das Wesen ebenso wie die Schmerzen in ihrer Hand. Sie packte ihre Tochter und schleuderte sie herum. Sie beide mussten jetzt weg.
Das Blut verschmierte sich auf Susys Kleidung. Das Gesicht des Mädchens war ebenso starr wie der Körper. Donna musste ihre Tochter schon wegzerren, um sie überhaupt bewegen zu können.
Das Kind stolperte neben ihr her. Es sprach, aber Donna konnte die Worte nicht verstehen. Sie hörte sich selbst schreien und sagte sich, dass es verrückt war, aber sie konnte einfach nicht anders. Was sie hier erlebt hatte, war einfach unfassbar.
Beide prallten gegen eine Hauswand. Donna hörte, wie ihre Tochter etwas über die Puppe sagte, die so böse war, und ihr Blick richtete sich wieder auf den umgekippten Wagen, der sich bewegte, weil die Puppe versuchte, unter ihm hervorzuklettern. Bei ihren Kräften war das kein Problem, dann erfolgte der nächste Angriff, davon ging Donna aus. Deshalb war es besser, wenn sie und ihre Tochter flohen.
Der Puppenwagen kippte wieder. Er war einfach hochgestemmt worden. Auf der Seite blieb er liegen und die kleine Killerpuppe hatte wieder freie Bahn.
Wie grausam sie glotzte. Die Augen im Schatten der Zylinderkrempe wirkten noch teuflischer als zuvor. Sie hielt die Waffe fest, ein blutiges Metalldreieck, das sie plötzlich auf die Frau schleuderte.
Es war blitzschnell geschehen. Donna hatte nur das Zucken
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