0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!
einmal bückte er sich. Er wusste dabei auch nicht, was über ihn gekommen war und weshalb er das tat.
Sein Gesicht näherte sich der Kiste, und plötzlich wurde er zu Eis.
Er hatte etwas gehört. Ein Kratzen, sehr leise und untermalt von einem Pochen. Das hätte ihn nicht weiter gestört, wenn es nicht ausgerechnet aus der Kiste gedrungen wäre.
Da war jemand…
Gläser schnellte wieder hoch. Sein Mund stand weit offen, sogar die Zunge hing hervor. Er saugte die Luft ein, plötzlich drehte sich alles vor ihm, und er merkte kaum, dass er immer weiter zurückging und sich dem Ende der Ladefläche näherte. Im letzten Moment stoppte er. Einen Schritt weiter, und er wäre gefallen.
Er schloss die Augen. Er wünschte sich weit fort. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken. Er hatte sich nicht getäuscht. Im Sarg oder in der Kiste war etwas, dass sich bewegt hatte. Ein Wesen, das lebte, das gar nicht tot war.
0 Scheiße!
Dann sprang er nach draußen. Gläser zitterte. Er hatte Mühe, die Ladeklappe zu schließen. Er wollte von der Kiste nichts mehr sehen und hören.
Als er das Fahrerhaus bestieg und sich neben Wehner setzte, war er totenbleich.
»Wie siehst du denn aus?« Horst lachte. »Als wäre dir der Leibhaftige begegnet.«
»So?«
»Ja, so siehst du aus.«
»Vielleicht stimmt das auch.«
Horst Wehner lachte nur, dann ließ er den Motor an und sie konnten fahren.
Willi hockte wie ein Häufchen Elend auf dem Sitz. Er dachte immer wieder an das Kratzen und spürte die Angst wie einen kalten Klotz in seinem Nacken liegen…
***
Auf dem Leipziger Flughafen hatte sich einiges getan. Alles war renoviert worden, der alte Ostblockmief war verschwunden, und mich erwartete zudem ein strahlender Harry Stahl.
Suko hatte ich in London gelassen. Dies hier war mein Fall, außerdem wollte sich mein Freund den Sonntag nicht verderben, aber er war jederzeit bereit, mir zu folgen.
Harry hatte den Kontrolleuren die entsprechenden Anweisungen gegeben, sodass sich die Männer nicht um mich kümmerten. Ich trug nur einen kleinen Koffer bei mir und natürlich das Bild. Aber das sollte erst auf dem Gepäckband vorbeirollen.
Ich holte es ab. Harry sprach von einem mächtigen Durst, und ich stimmte ihm zu.
»Dann kannst du auch einen Schluck vertragen?«
»Ja.«
Er lächelte. »Außerdem will ich das Bild sehen.«
»Kannst du auch.«
Wir verzogen uns im Flughafen-Restaurant in eine Ecke, wo wir ungestört waren. Ein müde aussehender Kellner fragte nach unseren Wünschen. Harry bestellte Kaffee.
»Für mich auch eine Tasse.«
»Jawohl, zweimal Kaffee.«
Der Kellner brachte zwei Kännchen, was mir auch recht war. Mit Glendas Kaffee war das Gebräu nicht zu vergleichen, ließ sich aber trinken und stand noch haushoch über unserem Automatengesöff.
»Hast du inzwischen noch mehr herausgefunden?«, fragte ich ihn.
»Nicht viel. Aber davon später. Jetzt möchte ich erst das Bild sehen, John.«
Harry Stahl, der Kommissar mit dem schwarzgrauen Haar, der es sehr schnell gelernt hatte, gewisse Dinge zu akzeptieren, die nicht in das normale Weltbild hineinpassten, saß wie auf heißen Kohlen, als ich das braune Packpapier entfernte. Niemand schaute uns zu. Der Kellner stand am Büfett und blätterte dort in einer Illustrierten. Im Vordergrund des Raumes hockten vier gut gekleidete Männer zusammen, die sich leise unterhielten. Wahrscheinlich waren es Geschäftsleute. Als das Gemälde frei lag, schaute Harry gegen die Rückseite. Ich sah Enttäuschung auf seinem Gesicht, musste lachen und drehte das Bild dann um.
Jetzt konnte es der Kommissar ansehen.
Er sagte nichts. Er hob nur langsam den rechten Arm und kratzte mit dem Fingernagel über seine Stirn. Ich stellte fest, dass er etwas blass wurde.
»Hast du was?«, fragte ich ihn.
»Nein, nein, nicht.« Harry Stahl stand auf, während ich Kaffee trank. Ich dachte daran, dass er zur Toilette gehen wollte, stattdessen legte er den Kopf schief und schaute in einem bestimmten Winkel gegen das Gemälde. Wahrscheinlich suchte er die Warnung, die man mir hatte zukommen lassen.
»Kannst du es lesen, Harry?«
»Ja.«
»Ich habe also nicht übertrieben.«
»Das hast du wirklich nicht.« Er nahm wieder Platz, setzte sich aber nur auf die Stuhlkante. Ich wunderte mich noch immer über seine Reaktion und erkundigte mich nach dem Gru »Ich weiß auch nicht, John«, erwiderte er leise. »Aber hast du es nicht auch bemerkt?«
»Was sollte ich bemerkt haben?«
Er atmete vor seiner
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