0753 - TV-Dämonen
der Bibliothek war er fündig geworden, und im Internet hatte er ebenfalls vergeblich nach einem Hinweis gesucht. Auch in dieser Hinsicht konnte sich ein Abstecher nach Paris als äußerst nützlich erweisen. Schließlich gab es an der Sorbonne eine parapsychologische Bibliothek, die Zamorra selbst in den fünf Jahren, in denen er an der Pariser Universität als Dozent tätig gewesen war, mitbetreut hatte.
Es war eigentlich eine Schande, dass es in Paris keine Regenbogenblumen gab, dachte der Meister des Übersinnlichen. So oft, wie sie in der Hauptstadt waren, wäre das eine ziemliche Zeitersparnis. Auf der anderen Seite konnten sie kaum die ganze Welt mit den praktischen Gewächsen bepflanzen, mit denen man in Sekundenschnelle an andere Orte oder sogar in andere Dimensionen reisen konnte. Also mussten sie mal wieder auf das gute alte Flugzeug zurückgreifen.
»Würden Sie uns das Nötigste einpacken, William?«
»Ist bereits geschehen, Monsieur.«
»Sie sind ein Engel.«
»Sehr wohl, Monsieur.«
Der Butler nickte und entfernte sich diskret.
»Wo waren wir?«, fragte Nicole grinsend und zog sich die Bluse wieder aus der Hose.
***
Erschöpft schlich Didier Leroc die Stufen zu seinem Appartement im eleganten 17. Bezirk hoch. Nach jeder Auseinandersetzung mit Jean Fournier fühlte er sich um zehn Jahre gealtert.
Wie er diesen selbstverliebten Sklaventreiber hasste!
Andererseits war Die Stunde des Jägers der unübertroffene Höhepunkt seiner Karriere. Nach Jahren bei saublöden Seifenopern und mittelmäßigen Krimiserien hatte Didier fast schon jede Hoffnung aufgegeben, es in seinem Leben noch zu etwas zu bringen. Bis Jean Fournier kam. Alle hatten ihn ausgelacht, als er bei dieser obskuren Mitternachtsshow angeheuert hatte.
Jetzt lachte keiner mehr!
Jeder, der an der Sendung beteiligt war, wurde in der Branche mit einer seltsamen Mischung aus Bewunderung, Abscheu und Neid betrachtet. Wer mit Jean Fournier zusammenarbeitete, war selbst ein Star.
Und doch bedeutete all dies Didier Leroc überhaupt nichts! Denn Die Stunde des Jägers hatte sein Leben mehr verändert, als es seine Kollegen je ahnen würden. Die Show konfrontierte ihn mit einer Welt, die alles, an das er je geglaubt hatte, in sich zusammenbrechen ließ und ihm neue Möglichkeiten eröffnete, von denen er vorher nie zu träumen gewagt hatte. Möglichkeiten, die nicht das Geringste mit Einschaltquoten oder astronomischen Honoraren zu tun hatten.
Didier schloss die Wohnung in der dritten Etage auf. Das großzügige Appartement hätte er sich vor seinem Zusammentreffen mit Jean Fournier nie leisten können. Jetzt war es nur eine der vielen Annehmlichkeiten, die er genoss. Für die meisten hätte dieses Luxusleben wohl gereicht, um Jeans dauernde Demütigungen zu vergessen, seine völlig überzogenen Ansprüche und seine Sklaventreiber-Manieren. Doch Didier vergaß nichts. Er spielte nur mit. Und bald würde er der Herr sein und Jean Fournier vor ihm im Staub kriechen!
Der Produzent lebte allein. Er wollte es so. Wenn er Sex brauchte, gab es genug junge Partygirls, die für einen Job bei Die Stunde des Jägers alles gemacht hätten. Didier benutzte sie und ließ sie fallen wie ein gebrauchtes Taschentuch. Ihre Jobs bekamen sie nie. Das war seine Rache dafür, dass sie ihn auch nur benutzen wollten, dass sie ihn nie so anhimmelten wie Fournier.
Im Schlafzimmer legte Didier alle seine Sachen ab. Er ging ausgiebig duschen, wusch den Schmutz des Alltags aus seinen Poren. Der Produzent fühlte sich wie ein neuer Mensch, als er die Dusche verließ. Er ging zu seinem Kleiderschrank und griff hinter seine Anzüge, wo er einen verborgenen Mechanismus betätigte. Fast lautlos glitt die Hinterwand zur Seite und legte ein geheimes Fach frei. Didier griff hinein und holte eine schwarze Robe, schwarze Unterwäsche und schwarze Stiefel hervor. Die Robe war mit silbernen, runenartigen Zeichen versehen, die kein Sprachwissenschaftler dieser Welt hätte entziffern können.
Wie der Priester einer düsteren Religion sah der TV-Produzent aus, als er sich angekleidet hatte.
Und genau das war er auch!
Feierlich, dabei leise ein fremdartiges, seltsam dissonantes Lied singend, ging Didier zu dem stets verschlossenen Raum am Ende des Appartements. Einen Raum, den noch nie einer seiner seltenen Gäste betreten hatte. Eine allzu neugierige Putzfrau, die es einmal gewagt hatte, durch das Schlüsselloch zu schauen, wurde noch am selben Tag vom Auto überfahren. Dummer
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