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0754 - Der Zeitsauger

0754 - Der Zeitsauger

Titel: 0754 - Der Zeitsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Constantin
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Diabetes, Krebs…«
    Der Mediziner machte eine Geste, die andeutete, dass es noch wesentlich mehr Möglichkeiten gab.
    »Und genau das ist das Merkwürdige«, fuhr er fort. »Bis zum Zeitpunkt des Todes war sie völlig gesund. Wir konnten keinerlei Anzeichen für vorherige Krankheiten entdecken. Was für eine Person dieses Alters praktisch unmöglich ist. Und noch etwas.«
    Der Gerichtsmediziner packte den Kopf der Toten und hob ihn an.
    »Sehen sie das?«, fragte er. »Keine dritten Zähne. Im Gegenteil. Die Zähne sind komplett! Sie sitzen völlig locker, das Zahnfleisch hat sich längst zurückgezogen. Wenn diese Frau noch leben würde und in ein Steak beißen würde, würden sofort einige Zähne stecken bleiben. Trotzdem fehlt nicht ein einziger.« Er schüttelte den Kopf. »Das alles ist ziemlich unerklärlich für uns.«
    »Lassen sie uns bitte einen Moment allein, Doktor Burghley?« bat Kathy den Mediziner. »Wir würden uns die Leiche gerne für ein paar Minuten in Ruhe anschauen.«
    »Kein Problem«, antwortete Burghley fröhlich und verzog sich.
    »Ich kann den Mann nicht leiden«, murmelte Kathy, als er die Leichenhalle verlassen hatte. »Für ihn ist das ganze nur ein medizinisches Phänomen, das ihm in der Fachwelt einen Ruf einbringen wird. Vielleicht benennen sie es ja nach ihm. Burghley’s Disease.«
    Zamorra wanderte um den Obduktionstisch herum.
    »Was sehen Sie?«, fragte Kathy.
    Er schüttelte den Kopf. »Nur das, was man erwarten würde. Eine Frau, die den Alterstod gestorben ist. Nur eines fällt mir auf.«
    »Was?«
    »Sehen sie sich ihr Gesicht an.«
    Kathy betrachtete das Antlitz der Toten. Die Augen waren aufgerissen, der Mund weit geöffnet und verzerrt. Wie ein lautloser Schrei.
    »Die Frau hatte Angst«, flüsterte die Polizistin.
    Zamorra nickte. »Todesangst.«
    Er sah Kathy bedeutsam an.
    »Nicht die Reaktion, die man von einer Frau in ihrem angeblichen Alter erwarten würde«, fuhr er fort. »In ihrem Zustand sollte sie eigentlich den Tod erwarten, vielleicht begrüßen. Aber das hat sie nicht. Sie hat gegen den Tod angekämpft. So wie es eine junge Person getan hätte.«
    Kathy fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Was bestätigt, was wir bereits vermutet haben. Jemand hat sie ermordet.«
    »So ist es«, stimmte Zamorra zu. »Die Frage ist nur - wie?«
    Eine mögliche Antwort ließ sich leicht überprüfen.
    Er nahm Merlins Stern und hielt das Amulett dicht an den Körper der Toten. Wenn schwarze Magie im Spiel sein sollte, würde Merlins Stern reagieren.
    Als es den Leichnam berührte, wurde das Amulett heiß…
    ***
    Kathy Harrold und Zamorra standen vor der Wache und schnappten ein wenig frische Luft. Die Polizistin kramte ein Päckchen Silk Cut aus ihrer Handtasche und zündete sich eine der Zigaretten an.
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie rauchen«, sagte Zamorra überrascht.
    Kathy zuckte mit den Achseln. »Mach ich auch nur sehr selten, aber an Tagen wie heute ist es schwer, sich Sorgen darum zu machen, dass man vielleicht in ein paar Jahrzehnten Lungenkrebs bekommt.«
    Sie zog an der Zigarette, atmete den Rauch tief ein und blies ihn langsam durch die Nase wieder aus.
    Zamorra begnügte sich lieber mit der Abendluft. Er hatte das Rauchen schon vor vielen Jahren aufgegeben und hegte nicht die Absicht, jemals wieder damit anzufangen, egal in welcher Situation.
    Es hatte aufgehört zu regnen, und die Luft roch frisch und klar. Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Stadt in ein sanftes, friedliches Licht. Anhand dieser Szenerie wirkten die Ereignisse des Tages beinahe unwirklich.
    Die Reaktion des Amuletts war eindeutig: Die Frau war mit Hilfe schwarzer Magie ermordet worden. Die Fragen, die damit noch nicht beantwortet waren, hießen: Warum war sie ermordet worden? Und von wem?
    Zamorra hatte noch nie von einem Dämon gehört, der auf diese Weise tötete. Sein Instinkt sagte ihm ebenfalls, dass ein Mensch dahinter steckte. Der Mann, den er in der Gasse gesehen hatte. Aber warum?
    Und Sie werden mir dabei helfen, Professor!
    In Gedanken verfluchte er die Tatsache, dass er das Gesicht des Mannes nicht gesehen hatte. Was wollte dieser Kerl? Warum mordete er?
    Wenn Nicole mit ihrer Vermutung Recht hatte, war seine grundlegende Motivation sehr einfach: Er tötete, um zu leben.
    Nachdenklich betrachtete Zamorra Kathy und fragte sich, wie viele unerklärliche Ereignisse sie noch verkraften konnte. Unwillkürlich musste er an Lewis Carrols Romane denken, in denen die junge

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