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0757 - Das Reich der Großen Schlange

0757 - Das Reich der Großen Schlange

Titel: 0757 - Das Reich der Großen Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
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hören.
    Nicole und Lena tauschten einen viel sagenden Blick. Ihr Verdacht bestätigte sich. Die Menschen in dem kleinen Handelsposten rechneten offenbar mit einem japanischen Angriff. Nicole konnte es ihnen noch nicht einmal verdenken. Wie hätten sie ahnen können, dass die Tunguska-Katastrophe durch dämonische Kräfte heraufbeschworen worden war?
    Vanavara glich einem kleinen Heerlager.
    Zwischen den Hütten hatten einige Tungusen Zuflucht gefunden. Es waren Leichtverletzte, die sich offenbar auf ihren eigenen Beinen zu dem Handelsposten geschleppt hatten. Ihre Brandwunden verbargen sich unter dicken Verbänden, und sie ertrugen ihr Schicksal mit fernöstlichem Gleichmut.
    »Die Götter haben uns eine Strafe geschickt«, sagte einer von ihnen im Plaudoilon. Seine beiden Hände waren mit Stoffstreifen umwickelt und er konnte sein Teeglas nur mit beiden Händen halten.
    Die Russen waren viel aufgeregter als die Tungusen. Sie hatten sich bewaffnet und hielten nach dem Feind Ausschau, der eine so unvorstellbare Verwüstung über das ganze Tunguska-Gebiet gebracht hatte, ohne zu wissen, wer das überhaupt war.
    Lena wandte sich an den Fellhändler Iwan Gonschow. Er war eine Art Vorsteher des Handelspostens.
    »Ich brauche ein neues Gewehr, Iwan! Meines ist mir leider abhanden gekommen.«
    »Völlig unmöglich, mein Täubchen.« Der Fellhändler kratzte sich verlegen unter seiner Pelzmütze.
    »Wieso? Glaubst du, ich kann nicht zahlen?«
    Lena nestelte einen Lederbeutel unter ihrem Mantel hervor und ließ den Händler einige Tscherwonez [5] sehen.
    In Gonschows Augen blitzte es. Trotzdem schüttelte er bedauernd seinen bärtigen Schädel.
    »Völlig unmöglich, mein Täubchen«, wiederholte er. »Wir brauchen hier jede Waffe, wenn die Schlitzaugen angreifen.«
    Lena stemmte wütend die Fäuste in die Hüften. »Siehst du hier irgendwo einen Japaner? Ich nicht!«
    »Die Bastarde sind hinterhältig!«, rief ein anderer Russe. »Erst werfen sie Feuer vom Himmel. Und dann, wenn keiner damit rechnet, schlagen sie zu. Sie greifen an und… Da sind sie ja schon!«
    Sein gellender Angstschrei ließ alle anderen Gespräche verstummen.
    Und dann hörten auch die anderen ein eindeutiges Geräusch.
    Hufgetrappel!
    »Alle Mann auf ihre Posten!«, kommandierte Gonschow. Auch seine Stimme zitterte vor Furcht. »Erst auf mein Kommando feuern!«
    Die Russen suchten hinter Holzstapeln und Fässern Deckung, und auch aus dem Inneren der Hütten wurden Gewehrläufe durch Fenster und Türen geschoben.
    Einen Augenblick später war die Reiterabteilung zu sehen, die am Ufer der Steinigen Tunguska entlanggaloppierte.
    Plötzlich ertönte ein erlösender Schrei.
    »Hurra!« Iwan Gonschow hatte ihn ausgestoßen. »Das sind keine Schlitzaugen! Das sind Kosaken, Brüderchen! Wir bekommen Verstärkung!«
    Nun jubelten auch die anderen Russen in-Vanavara.
    Nur Lenas Gesicht verzerrte sich vor Hass und Entsetzen.
    »Ich wünschte, die Japaner würden angreifen!«, stieß sie hervor. »Denn der da, dieser Teufel in Menschengestalt, ist mein angetrauter Ehegatte!«
    Sie deutete auf einen Reiter, der sich deutlich von den anderen unterschied. Er trug keine Pelzmütze und keinen zottigen Mantel mit gekreuzten Patronengurten darüber, wie die Kosaken es taten. Er war elegant und städtisch gekleidet.
    Die Russen von Vanavara hatten inzwischen die Hütten verlassen und jubelten ihrer »Verstärkung« zu. Lena sprang auf einen von ihnen zu. Bevor Nicole etwas unternehmen konnte, hatte die Zobel jägerin dem Mann sein Gewehr entrissen und legte auf die Kosaken an.
    »Packt sie!«, schrie Iwan Gonschow. »Das Weib ist wahnsinnig geworden! Sie will auf die Unsrigen schießen!«
    Lena Kuslowa schaffte es immerhin, ihren Mann mit einer Kugel zu empfangen. Allerdings verfehlte sie ihn in der Aufregung. Zu einem zweiten Schuss kam es nicht.
    Schon hatten sich einige Männer auf sie gestürzt und ihr die Waffe entwunden. Lena wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung.
    Natürlich kam Nicole ihr zu Hilfe. Erstens sah sie die Zobeljägerin schon längst als ihre Freundin an, und zweitens hatte sie immer etwas dagegen, wenn jemand allein gegen eine Übermacht kämpfen musste.
    Wieder einmal erwies sich die Jahrhundertwende-Verkleidung der Dämonenkämpferin als echtes Hindernis.
    Ihr langer Rock und die zahlreichen Unterröcke hinderten sie daran, ihr ganzes Geschick im Kampfsport einzusetzen, denn Fußtritte waren unmöglich.
    Aber zum Glück konnte Nicole auch mit

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