0759 - Werwolf-Wahnsinn
es mir tut. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß eine derartige Person in der heutigen Zeit existiert. Ich weiß nicht einmal, ob sie aus Fleisch und Blut besteht, obwohl sie so ausgesehen hat und mir wenig geisterhaft vorkam.«
Blochin räusperte sich. »Sie ist eine Legende und demnach sehr alt, mein Freund.«
»Wie alt?«
»Keine Ahnung. Ich kann nur das berichten, was sich die Menschen hier erzählen. Da wir den Werwolf jagen, sollten wir die blonde Frau als eine Verbündete ansehen, meine ich zumindest.«
»Einverstanden.«
Blochin stand auf. Er stellte die Flasche auf den Tisch. »Ich lasse sie dir hier, du siehst aus, als könntest du noch einen kräftigen Schluck vertragen. Kein Wunder bei dem, was du hinter dir hast. Ich hätte mir dabei vor Angst wahrscheinlich in die Hosen gemacht, aber so ist jeder nun mal anders.«
»Stimmt.«
»Wann willst du morgen aufstehen?«
»Keine Ahnung. Willst du mich wecken?«
»Wenn du willst.«
»Nein, laß mal, ich komme schon allein damit zurecht.«
»Ist klar. Dann wünsche ich dir eine gute Nacht.« Oleg ging zur Tür, wo ihn Wladimirs Stimme einholte.
»Ach ja, grüße deine Frau Irina von mir, die ich noch nicht zu Gesicht bekommen habe.«
»Werde ich machen. Vielleicht hat sie morgen mehr Zeit als in den letzten Tagen.«
Oleg ging, und Wladimir Golenkow schaute ihm nachdenklich hinterher. Er konnte selbst nicht sagen, was ihn störte, aber irgendwo traute er seinem Freund nicht, und er fragte sich, ob er ihn überhaupt als einen Freund bezeichnen sollte? Er kannte ihn seit einigen Jahren. Sie waren beide beim selben Verein gewesen und hatten sehr fortschrittlich gedacht. Jetzt gab es den KGB in seinen alten Strukturen nicht mehr, und Blochin hatte sich in seinen Heimatort zurückgezogen. Früher hatten hier Deutsche gewohnt, und die alten Legenden mußten demnach von ihnen übernommen worden sein, obwohl die meisten nach dem Krieg vor den anrückenden Truppen der Roten Armee aus Ostpreußen geflohen waren.
Alte Legenden, die Frau mit dem Schwert, der riesige Werwolf - da fragte sich der gute Wladimir schon, wie das alles zusammenpaßte. Er nahm noch einen Schluck Whisky, was seine Gedanken auch nicht klarer machte, dafür aber die Müdigkeit verstärkte.
Er kam trotzdem zu einem Ergebnis. Hier im Ort würde er keinen Erfolg erringen. Der war ihm wahrscheinlich nur vergönnt, wenn er es schaffte, auf die Insel zu gelangen.
Dort mußte er den Werwolf stellen.
Doch nicht allein, sondern mit John Sinclair, dem Mann, den er als Freund bezeichnete und auf den er sich hundertprozentig verlassen konnte. Mit diesem Gedanken legte er sich auf das Bett nieder und war innerhalb kürzester Zeit eingeschlafen…
***
Es war nicht zu fassen, aber ich erlebte eine Fahrt, die irgendwie schön, sentimental und auch gemütlich war, denn ich hockte in einem Zug, dessen Wagen von einer Dampflok gezogen wurde.
Von Warschau fuhr ich nach Norden, einem Ziel entgegen, das ich bisher noch nicht kannte.
In Warschau war ich noch am Tag des Anrufes gelandet, denn es gab eine Abendmaschine, die von London aus startete. Sehr lange hatte ich versucht, einen Leihwagen zu bekommen, was ohne vorherige Anmeldung nicht möglich gewesen war, und so mußte ich mich eben auf den Zug verlassen. Da der Zug nach Danzig fuhr, mußte ich im ehemaligen Allenstein umsteigen und den Rest mit dieser Bimmelbahn hinter mich bringen, was mich aber nicht störte, denn so bekam ich etwas von der reizvollen Landschaft mit. Flache, grüne Auen, zahlreiche Seen, endlose Weite.
Suko war in London geblieben. Er wäre gern mitgefahren, aber wir hatten beschlossen, daß er blieb, um auch Sir James zu unterstützen, der es noch immer nicht überwunden hatte, eine junge Frau erschossen zu haben, obwohl er dabei in die Krallen einer fremden Macht geraten war.
Das lag hinter ihm. Es hatte noch ein Nachspiel mit der Mutter der Toten gegeben, die sich als Katzenfrau entpuppt hatte und sich noch an Sir James hatte rächen wollen, was ihr beinahe gelungen wäre.
Sir James brauchte jetzt jemand, mit dem er sprechen konnte, da war Suko eben der Richtige.
Ich konnte mich derweil um das neue Problem meines Freundes Wladimir Golenkow kümmern.
Es ging um einen Werwolf!
Wladimir Golenkow war alles, nur kein Schaumschläger. Wenn er mich anrief und um Hilfe bat, konnte ich mich darauf verlassen, daß es einige Probleme gab, denn das hatte sich in der Vergangenheit schon des öfteren gezeigt. Er hatte mir nicht
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