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076 - Der magische Schrumpfkopf

076 - Der magische Schrumpfkopf

Titel: 076 - Der magische Schrumpfkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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verbitte mir Ihr Benehmen“, rief der Fabrikant. „Sind Sie hergekommen, um mir mit unsinnigen Behauptungen die Zeit zu stehlen, Herr Röder?“
    „Nein“, sagte der Betriebsleiter. „Ich möchte Ihnen mitteilen, daß Herr Brandeis, unser Prokurist gekündigt hat. Termingerecht, um seine vierteljährliche Kündigungsfrist einzuhalten. Er hat seinen Jahresurlaub genommen und auch den vom letzten Jahr, der ihm gutgeschrieben war.“
    „Warum denn das?“ Lord war ehrlich bestürzt. Immer hatte er in Brandeis eine Stütze seines Unternehmens gesehen. Die Nachricht ließ ihn für kurze Zeit seine anderen Sorgen vergessen. „Brandeis hat doch einen erstklassigen Posten hier.“
    Der schwarzhaarige, gutaussehende Betriebsleiter lächelte dünn.
    „Ich habe aus zuverlässiger Quelle erfahren, daß Herr Brandeis ein sehr gutes Angebot von unserer Konkurrenz, der Fabayer-Maschinenbau KG, hat. Brandeis sieht bei Fabayer eine Zukunft, bei uns nicht.“
    „Die Ratten verlassen das sinkende Schiff, meinen Sie?“ fragte Lord.
    Röder sagte: „Sie haben sich in der letzten Zeit wenig um die Geschäfte gekümmert, Herr Lord. Trotzdem werden Sie wissen, daß wir in einer ernsten Krise sind. Sie müssen endlich wieder den Platz ausfüllen, an den Sie gehören. Mehr noch. Sie müssen Gustav Brandeis ersetzen. Sonst ist es vorbei mit der Firma Frederik Lord, metallverarbeitende Präzisionsmaschinen.“
    Lord sah seinen Betriebsleiter an. Im ersten Augenblick glaubte der, der Fabrikant würde einen Wutanfall bekommen. Aber dann lächelte Lord und sagte: „Das ist ein merkwürdiger Tag heute. Jeder sagt mir, was ich zu tun und zu lassen habe.“
    Daß er endlich zu einem Entschluß gekommen war, hatte dem Fabrikanten Mut und Auftrieb gegeben. Mochte jetzt kommen was wolle, sein Sohn würde wieder normal sein.
    „Ich will nach meinem Sohn sehen“, sagte Lord. „Gehen Sie nur schon wieder rüber zu den Büros, Herr Röder, ich komme gleich nach. Muß mich noch umziehen und rasieren.“
    Das war ein gutes Zeichen, denn in der letzten Zeit hatte Frederik Lord keinerlei Wert auf Kleidung und Aussehen gelegt. Röder ging vor sich hin summend hinaus. Mochte der Chef ruhig mit Schrumpfköpfen und allem möglichen sprechen, wenn er sich nur endlich wieder auf sich selber besann.
    Frederik Lord ging hinter ihm her hinab ins Erdgeschoß, wo sein siebzehnjähriger schwachsinniger Sohn mit Bauklötzchen spielte. Karl Meier, der Pfleger, saß bei ihm, die Pfeife im Mund, und las in der Zeitung.
    „Dieter“, sagte Lord halblaut.
    Der Junge sah auf. In seinem Gesicht war ein Ausdruck, wie ihn erstaunte Kinder haben. Sein Blick war stumpf und leer. Er hatte gerade seine gutartige Phase.
    „Papi“, lallte er und strahlte. „Papi – dada.“
    Mühsam verbarg Lord seine Enttäuschung.
    „Gehen Sie etwas mit Dieter an die frische Luft“, sagte er zu dem Pfleger.
    An Dieter Lords Befinden hatte sich nichts geändert.
     

     
    Kurz nach Mitternacht schrillte das Telefon in Frederik Lords Schlafzimmer. Schlaftrunken nahm er den Hörer ab. Der Nachtpförtner war am Apparat.
    „Die Polizei“, sagte er. „Ich stelle durch, Herr Lord.“
    Lord hörte die Stimme des Polizeihauptmeisters, der die kleine Polizeistation im Dorf leitete.
    „Was gibt es denn?“ fragte er.
    „Wissen Sie, wo Ihr Sohn ist, Herr Lord?“
    „Dieter? In seinem Zimmer natürlich. Warum sollen Sie das wissen?“
    „Sehen Sie nach, ob er dort ist. Falls er dort ist, halten Sie ihn fest. Auch falls er zurückkommt. Ich muß ihn verhaften.“
    „Weshalb denn das?“
    „Er hat ein Haus in Brand gesteckt. Zwei oder drei Menschen sind in den Flammen umgekommen. Wir wissen es noch nicht genau.“
    „Dieter soll das getan haben? Sind Sie sicher?“
    „Ganz sicher. Eine Frau sah ihn mit einem Kanister im Dorf herumschleichen. Sie rief mich an, weil er doch … schwachsinnig ist. Ich und mein Kollege suchten ihn, fanden ihn aber nicht. Dann erhielten wir die Meldung, daß das Haus brannte. Dieter Lord wurde in der Nähe gesehen. Er tanzte wie ein Irrer im Feuerschein umher, klatschte in die Hände, sang und johlte. Er floh, als Männer ihn festhalten wollten. Das war auch ganz gut so, denn die Menge will ihn lynchen. In Ihrem eigenen Interesse und in dem Ihres Sohnes, Herr Lord, halten Sie ihn fest, falls er nach Hause kommt.“
    Der Polizeihauptmeister legte auf. Lord kleidete sich in fliegender Eile an und lief zu Dieters Zimmer im Erdgeschoß. Die Tür stand offen.

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