0760 - Die Geisterfee
gelangt, die Tat direkt und ohne Umwege anzugehen. Er wollte sich dem Opfer in seinen eigenen vier Wänden nähern und das Überraschungsmoment voll auskosten.
Noch war die Frau ahnungslos. Sie hieß Alexa Santos, und Cussler wußte, daß sein Auftraggeber diese Frau wahnsinnig haßte. Er hatte nicht nach den Gründen gefragt, das tat er nie, aber der Alte wollte einfach nur ihren Tod. Bestimmt ging es um eine alte Rechnung.
Don Cussler wußte, daß man die Leiche des Jungen längst entdeckt haben mußte. Die Bullen waren demnach wo anders beschäftigt, und keiner der Typen würde es erwarten, daß der Killer ein zwetesmal und ganz in der Nähe zuschlug.
Ja, das mußte klappen.
Auf seinem sonnenbraunen Gesicht zeichnete sich ein knappes Lächeln ab, als er der Bedienung winkte, um die Rechnung zu begleichen. Das Mädchen lächelte zurück, weil es dachte, daß sie gemeint war, und Cussler ließ die Kleine mit dem Pferdeschwanz auch in ihrem Glauben. Er gab ein nicht zu hohes Trinkgeld - das hätte wiederum auffallen können, - leerte mit einem letzten Schluck sein Glas und ging.
Er trug nichts bei sich. Alles, was er brauchte, verbarg er unter seinem dunkelblauen Jackett. Es war so weit geschnitten, daß selbst eine Waffe mit Schalldämpfer nicht auffiel.
Auf ihn verließ er sich immer. So sah er sich selbst als ein Raubtier an, das lautlos an das Opfer heranschlich und es ebenso lautlos tötete.
Cussler verließ das kleine Restaurant und dachte daran, daß sein Dressing auf dem Salat wieder einmal zu fett gewesen war. Das bekamen die Engländer nicht in den Griff. Er selbst stammte aus den Staaten, da achtete man bei der Ernährung doch mehr auf Kalorien.
Bis zu seinem Ziel hatte er es nicht weit. Er legte den Weg zu Fuß zurück, fiel überhaupt nicht auf, wurde dann sehr wachsam, als er sich dem Hauseingang näherte.
Die Frau lebte oben in dem Penthouse. Er hatte sie von einem anderen Fenster aus erschießen wollen, für seine Pistole - eine Präzisionswaffe - kein Problem.
Nun, das hatte er nicht mehr gepackt, und so mußte er nahe an sie heran. Einen Blick würde er ihr gestatten, zu einem zweiten würde sie nicht mehr kommen.
Fünf Stockwerke und darauf das Penthouse, so sahen die äußeren Bedingungen aus. Cussler betrat die Halle, schaute sich um und freute sich, daß keiner da war, der von ihm Notiz genommen hätte.
Unbeobachtet näherte er sich dem Lift, stieg schnell ein und drückte den entsprechenden Knopf. Der Lift würde ihn in die letzte Etage bringen. Von dort aber führte sicherlich eine Treppe hoch zum Penthouse. Warum sollte es hier anders sein als in ähnlichen Häusern?
Er stieg aus.
Tatsächlich, die Treppe war vorhanden, und er lächelte darüber. Ein Schild wies darauf hin, daß die Treppe nur privat benutzt werden durfte, doch um Kleinigkeiten hatte sich Cussler noch nie gekümmert. Er ging hoch und bewies, daß er sich lautlos bewegen konnte, denn es war so gut wie kein Geräusch zu hören.
Er zog seine Waffe, als er die Wohnungstür sah. Noch einmal überprüfte er den Schalldämpfer. Er saß hundertprozentig sicher und brauchte nicht mehr festgedreht zu werden.
Was er tat, war perfekt.
Von Kleinigkeiten mal abgesehen, wie es ihm mit diesem Jungen passiert war.
Rechts neben der Tür sah er den Klingelknopf an der Wand.
Ein Guckloch gab es nicht, dennoch baute er sich schräg zur Tür hin auf und schellte. Der melodische Gong hallte durch die Wohnung, und als er ihn hörte, da ärgerte er sich darüber, daß er die Frau angerufen und nervös gemacht hatte. Aber er hatte sich über seinen Fehlschlag dermaßen geärgert, daß er dies einfach hatte tun müssen. Das war ihm früher noch nicht passiert. Er hoffte, daß er noch nicht zu alt war für den Job.
Gute Nerven hatte er noch immer. Es gelang ihm auch, die trüben Gedanken einfach zur Seite zu wischen. So etwas war nicht gut, das störte seine Arbeit.
Don Cussler wartete. Es dauerte ihm zu lange, und er fragte sich, ob die Frau überhaupt zu Hause war. Er hätte sich noch mal vergewissern müssen, dazu war ihm die Zeit nicht geblieben.
Er wurde zur Statue. Seine Sinne waren angespannt. Jetzt ›sah‹ er mit den Ohren, und das war gut so, denn hinter der Tür hörte er die leisen Schritte.
Sie war es.
Cussler kannte sich da aus. Er wußte sehr wohl die Schritte einer Frau von denen eines Mannes zu unterscheiden. In den folgenden Sekunden würde sich das Schicksal der Frau entscheiden.
Jemand öffnete die
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