0763 - Sarkanas Rache
des Kaminfeuers.
»Hat erstaunlich lange durchgehalten«, murmelte er.
Na ja, er hatte ja auch immer wieder ein paar Scheite nachgelegt.
Irgendwie sah’s danach aus, als sei der neue Tag bereits wieder gelaufen.
Zamorra sah sich nach der Uhr um, entdeckte sie an gewohnter Stelle und sortierte die Zeigerpositionen in sein Vorstellungsvermögen ein. Mittag. Kurz davor - oder kurz danach? Egal. Nicole sah weit verführerischer aus als diese Uhr.
Wo steckte sie eigentlich? - Nicole, nicht die Uhr…
Zamorra raffte sich wieder empor. Langsam gewann er an Sicherheit. Irgendwo in diesem weitläufigen, voluminösen Bauwerk, das etwa ein Jahrtausend alt war und immer wieder modernisiert wurde, gab es doch das Bad, aus dem Zamorra vorhin gekommen war…
Er fand den Weg zurück, duschte, fühlte sich danach schon etwas klarer und beschloss, sich richtig anzukleiden. So erfrischt und optisch verjüngt, machte er sich auf in Richtung Frühstücksraum und lief Butler William über den Weg.
Sie haben eine E-mail erhalten, stand dem auf die Stirn geschrieben.
»Guten Tag, Professor! Wie geht es Ihnen?« Nicht, dass es den Schotten wirklich interessiert hätte, fürchtete Zamorra. »Sie haben eine E-mail erhalten.«
»Ich wusste es«, seufzte Zamorra. »Lassen Sie das von Nicole erledigen und mich in Ruhe. Wo ist der Kaffee? Wo sind die Brötchen? Wo ist Nicole?«
»Der Kaffee befindet sich in der Thermokanne auf dem Frühstückstisch, die Brötchen beim Bäcker, weil es heute Baguettes gibt, und Mademoiselle Duval ist bereits im Begriff, Ihr Baguette und Ihren Kaffee in ihr Verzehrprogramm mit aufzunehmen, weil Sie bislang nicht aufgetaucht sind. Monsieur. Es wurde davon ausgegangen, dass Ihr Erholungschlaf noch ein wenig länger…«
»Nun reden Sie doch nicht so geschraubt, Sie Engländer«, grummelte Zamorra.
»Mit-Verlaub, Monsieur, und allem gebührenden Respekt, aber ich muss dringend darauf hinweisen, dass ich kein Engländer bin, sondern Schotte.«
»Ist ja nichts gegen einzuwenden«, ächzte Zamorra, der erleichtert darüber war, wenigstens nicht unter Kopfschmerzen zu leiden Nur die permanente Rotation seiner Umgebung sollte man vielleicht noch dringend zum Stillstand bringen. »Wenn die Tudors den Stuarts nicht den Thron geklaut hätten, hätten wir mit diesem Piratenvolk weit weniger Probleme gehabt in den letzten Jahrhunderten.«
»Sie sagen es, Monsieur«, erklärte William steif. »Ist Ihnen bekannt, dass das englische Piratenvolk Frankreich als eine Nation von Froschfressern beschimpft?«
»Ja«, knurrte Zamorra. »Frösche schmecken wenigstens. Aber was die englischen Köche verbrechen, ist schon ein Verstoß gegen die Menschenrechte. -Nicole futtert mir mein Frühstück weg? Weg da, aus dem Weg…«
»Monsieur, die E-mail…«
Die konnte warten.
Der Kaffee nicht. Auf die Baguettes legte Zamorra weniger Wert, auch wenn er das als Franzose eigentlich traditionell hätte tun müssen. Er bevorzugte Brötchen. Und er bevorzugte Kaffee nach texanischer Art: Das Hufeisen schwimmt oben. - Immerhin besaß er neben dem französischen auch einen US-amerikanischen Pass.
Und spanische Vorfahren. Neben den französischen.
Nicole Duval sah aus wie der frische Morgen und strahlte ihn mit einer geradezu perversen Munterkeit an. Sie sprang sogar auf, um ihm einen Begrüßungskuss zu verpassen. Das geschah auch nicht alle Tage. Meist erwachten sie gemeinsam und erledigten diesen Aspekt gemeinsamen liebevollen Zusammenlebens noch im Schlafzimmer, entweder in ihrem oder in seinem. Dummerweise konnte er sich nicht erinnern, ob sie neben ihm gelegen hatte, als er aus dem Bett fiel.
»Du schmeckst nach Whisky«, stellte sie nach dem Kuss fest. »He, war da etwa noch ein Schluck in der Flasche?«
»War.«
»Und du Schuft hast mir vermutlich nichts übrig gelassen.«
»Selbst ist der Mann«, murmelte Zamorra und ließ sich am Tisch nieder, »edel, hilfreich und gut - sowie überaus egoistisch. Wie geht’s dir?«
»Offenbar besser als dir.«
Damit hatte sie Recht. Wie fast immer.
Zamorra war alles andere als der Typ, der Talsperre spielt und sich langsam, aber sicher volllaufen lässt. Aber in der letzten Nacht hatte es sich einfach so ergeben.
Sie waren aus den USA zurückgekehrt.
Mit dem Firmenhubschrauber der Tendyke Industries von der geheimen Forschungsstätte nach Miami zu Tendyke’s Home und von dort aus mit den Regenbogenblumen heim ins Château Montagne. Und dann hatte es sich einfach so ergeben,
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