Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0766 - Der Herr der Welt

Titel: 0766 - Der Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
wahrscheinlich noch weitaus mehr sein mußten, die die Katastrophe ebenfalls überstanden hatten. Damit war zwar die Hypothese hinfällig, daß das Schicksal ihn zum Herren der Tiere habe machen wollen. Aber es bot sich plötzlich ein anderer Aspekt, den Chara äußerst erregend fand.
    Es gab Überlebende, Menschen auf der Erde. Wie, wenn das Geschick ihn zum Herren der Menschen bestimmt hätte?
    Wieviele mochte es noch geben: Tausende... Zehntausende?
    War nicht das seine wirkliche Berufung: Herr der Menschen zu sein anstatt der Tiere?
    Er dachte darüber nach, und je länger er nachdachte, desto erregter wurde er. Immer sicherer erschien ihm, daß er die Rolle, die ihm vom Schicksal zugedacht worden war, bislang bei weitem unterschätzt hatte.
    Er war zu bescheiden gewesen! Menschen würden von nun an seine Untertanen sein ... nicht die verständnislosen Tiere, die sich trotz seiner geduldigen Bemühungen immer wieder gegen ihn gestellt hatten!
    Menschen!
    Das bedeutete auch: Frauen!
    Der Gedanke wirkte elektrisierend. Es war undenkbar, daß nur Männer die Katastrophe überlebt hatten. Es mußten auch Frauen unter den Überlebenden sein. Welch herrliche Vorstellung. Als Herr der Menschen würde er sich die schönsten unter den Frauen für sich aussuchen!
    Er drehte sich um und wandte sich Zsajnus reglosem Körper zu. Im Zustand der neu aufgebrochenen Begeisterung vermochte er, den Anblick der leblosen Gestalt wieder zu ertragen. Aber dennoch ergriff ihn Trauer.
    Er kniete neben Zsajnu nieder, hob sie halb auf und umarmte sie. Tränen stiegen ihm von neuem in die Augen.
    „Arme Zsajnu", murmelte er. „Arme, liebe Zsajnu ...!"
    Was dann geschah, entzog sich der Begründung durch logische, wissenschaftliche Argumente für alle Zeiten. Lag es daran, daß Chara Shamanovo über eine geheimnisvolle Ausstrahlung verfügte, die Tote wieder zum Leben erweckte, oder kam es daher, daß Zsajnu nur desaktiviert gewesen war und Charas Umarmung irgendeinen lebensspendenden Mechanismus in ihrem Körper in Gang gesetzt hatte ... auf jeden Fall fing das nackte Geschöpf plötzlich an, sich wieder zu bewegen.
    Langsam öffneten sich die Augen und richteten sich mit strahlendem Blick auf den fassungslosen Chara.
    „Liebling, mein Liebling...!" hauchte Zsajnus sanfte Stimme.
    Chara Shamanovo schrie laut auf. Es war ein unartikulierter Schrei wilder, zügelloser Freude.
    „Zsajnu ... du lebst!" stammelte er, als er wieder Worte hervorbringen konnte.
    „Ich bin bei dir", antwortete Zsajnu.
    Da sprang er auf und riß sie mit sich in die Höhe. Er zog sie an sich und küßte sie...
     
    *
     
    Danach ging das Leben für Chara Shamanovo wieder annähernd seinen normalen Gang. Er verschlief den Rest der Nacht und wachte erst am späten Morgen auf. Draußen heulten nach wie vor die Hunde und Katzen. Sie hatten die Nahrungsbehälter ausfindig gemacht und sich selbst bedient. Sie waren kräftiger und wütender denn je.
    Chara Shamanovo haßte die Tiere. Seitdem er den wahren Ruf des Schicksals kannte, wollte er mit ihnen nichts mehr zu tun haben. Er hatte darüber nachgedacht, ob er nicht auch ohne die Hilfe der drei Fremden den Belagerungsring sprengen könne.
    Aber das Risiko war ihm zu groß. Um auf die Tiere zu schießen, mußte er die Labortür öffnen, und wer mochte wissen, ob es nicht ein paar Hunden oder Katzen gelang, durch die Öffnung in den Laborraum einzudringen?
    Ihm aber, Chara, steckte der Schock von Zsajnus Scheintod noch so tief in den Knochen, daß er ein solches Wagnis auf keinen Fall unternehmen wollte. Was sollte es auch?
    Er hatte Proviant, und heute oder morgen würden die fremden Retter eintreffen. Mochten sie sich mit den Tieren herumschlagen!
    Um Mittag versuchte Chara mehrmals, die drei Männer über Funk zu erreichen. Er bekam jedoch keine Verbindung.
    Wahrscheinlich hatten sie ihr Gerät nicht dauernd eingeschaltet.
    Das verdroß ihn. Er konnte sich nicht vorstellen, daß es nicht jeden Überlebenden der Katastrophe danach verlangen solle, so oft und so lange wie möglich sich mit jedem anderen Überlebenden zu unterhalten. Wie konnte man sonst die Einsamkeit ertragen?
    Er tröstete sich mit dem Gedanken, daß die drei Fremden sicherlich ihre Funkstation gar nicht erst ausgeschaltet hätten, wenn sie von der bedeutenden Rolle wüßten, die das Schicksal Chara Shamanovo zugedacht hatte. Es war ihm keine Zeit geblieben, zu ihnen darüber zu sprechen. Und im Nachhinein empfand er dies als Vorteil. Es war leicht,

Weitere Kostenlose Bücher