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0767 - Zeit der Wachsleichen

0767 - Zeit der Wachsleichen

Titel: 0767 - Zeit der Wachsleichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Friedhöfen eigentlich der Fall hätte sein sollen. Sie spürten, daß das andere, das Fremde und Unheimliche bereits danach gegriffen und den Gottesacker unter seine Knute gezwungen hatte. Auf diesem mit Grabstellen übersäten Gelände hatte der Austausch bereits stattgefunden. Das Böse war Sieger geblieben, und dies alles im Schatten der Kirche.
    Hatte sie verloren?
    Sie warfen ihr keinen Blick zu, als sie das Bauwerk mit dem hohen Turm passierten. Sie wollten frei über den Friedhof schauen können und durch nichts behindert werden. Nur wenige Menschen fühlen sich in der Nacht inmitten der Gräberfelder wohl, Mutter und Sohn Davies gehörten dazu. Sie hatten beide das Gefühl, in ihre Heimat zurückzukehren.
    Es war in erster Linie Mario, der immer wieder auf die Grabstätte schaute. Er hatte sich voll und ganz anderen Kräften hingegeben. Das Gehen war bei ihm nicht mehr als ein Automatismus, die anderen Dinge zählten für ihn viel mehr.
    Jedes Grab erschien ihm wie ein Freund.
    Aber nur der Inhalt. Er haßte die äußere Hülle, er haßte auch die Kreuze und den Schmuck. Er haßte selbst die Menschen, die dafür gesorgt hatten, daß die Toten so »unwürdig« in dieser kalten Friedhofserde bestattet wurden. Das hatten sie seiner Meinung nach nicht verdient. Man mußte sie lieben, ihnen nahe sein, denn sie waren seine Freunde, und dieses Gefühl überkam ihn auch jetzt, denn er spürte das Brausen in seinem Kopf, das sich aus einem aus den Gräbern hochsteigenden Gedankensturm zusammensetzte und ihn in eine nahezu verzückte und leicht entrückte Stimmung hineinbrachte.
    Er mochte den Tod in all seinen schrecklichen Varianten. Für ihn spielte es keine Rolle, wie die Menschen ums Leben gekommen waren. Für ihn waren sie auch nicht tot. Hätten sie sonst auf ihre Art und Weise mit ihm in Kontakt treten können?
    Seine Mutter dachte anders. Realistischer, den sie fühlte sich nicht so sicher.
    Immer wieder schaute sie sich um. Ihr fiel auch auf, daß in der hinter der Kirche liegenden Sakristei Licht brannte.
    War da noch jemand auf den Beinen?
    Wenn das stimmte, dann konnte es ihrer Meinung nach nur der Pfarrer sein. Und vor dem brauchten sie sich nicht zu fürchten. Er sollte sowieso das erste Opfer werden, nach dem Gärtner natürlich, dessen Schnüffelei ihm zum Verhängnis geworden war.
    Mario war davon überzeugt gewesen, daß die drei Leichen ihre Gräber verlassen hatten. Bisher hatte die Frau noch nichts davon sehen können. Außer ihnen beiden bewegte sich niemand über den Friedhof. Sie hoffte, daß dies kein schlechtes Omen war.
    Mario blieb plötzlich stehen. Er hatte dies ohne Vorwarnung getan. Seine Mutter war noch zwei Schritte weitergegangen, bis auch sie anhielt. »Was ist denn?«
    Mario hatte sie gehört, er reagierte nur nicht. Die Arme waren leicht vom Körper abgespreizt, sein Blick in die Ferne gerichtet, die Augen wirkten verdreht. Er befand sich zwar noch in der normalen Welt, doch seine Gedanken oder sein Geist waren auf Wanderschaft gegangen, um den großen Kontakt zu suchen.
    »Bitte, Mario…«
    Der Junge bewegte seine Augen, als wollte er ihr zuzwinkern. Dann nickte er seiner Mutter entgegen. »Ich habe etwas gefunden«, flüsterte er und korrigierte sich gleichzeitig. »Nein, nichts gefunden, ich habe den Kontakt bekommen.«
    »Mit wem?«
    »Mit ihm!«
    Eartha wußte, was er meinte. Es konnte sich dabei nur um eine der Leichen handeln. Sicherheitshalber fragte sie noch einmal nach. »Meinst du den Toten?«
    »Ja…«
    »Wo ist er?«
    Mario drehte sich auf der Stelle und streckte beide Arme dabei aus. »Irgendwo«, erwiderte er leise.
    »Irgendwo in der Nähe, aber nicht mehr in seinem Grab!« erklärte er mit lauter und fester Stimme.
    Dann lachte er. »Ja, er hat es geschafft! Er hat meinen Ruf vernommen. Er ist mir gefolgt, Mum. Es ist alles so wunderbar. Wir sind schon die Sieger, und wir werden sie immer bleiben.«
    »Dann müssen wir ihn finden!«
    Mario Davies nickte. »Das hatte ich auch vor, Mum.«
    »Weißt du denn, wo wir hingehen müssen, um deinen Freund begrüßen zu können?«
    »Leider nein. Ich spüre nur, daß er sein Grab verlassen hat. Wir werden dorthin gehen.«
    »Einverstanden. Und was ist mit den beiden anderen Leichen? Kannst du mehr über sie sagen?«
    »Noch nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Es kann sein, daß auch sie es geschafft haben, muß aber nicht. Sie sind… sie sind…«, er hob die Schultern. Wütend stampfte er mit dem Fuß

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