0768 - Lady Bluthaar
was von Tom übriggeblieben ist? Sagen Sie doch was!«
Suko schüttelte den Kopf. »Dieser Knochen gehört nicht zu Ihrem Freund, Marion.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe ihn untersucht.«
Sie wollte ihm nicht glauben. »Einfach so? Das sagen Sie nur, um mich zu beruhigen.«
»Nein, das stimmt nicht. Man kann erkennen, daß der Knochen ziemlich lange schon im Wasser gelegen hat. Das Salz hat ihn aufgerauht, und so lange ist Ihr Freund noch nicht verschwunden, wenn ich das richtig sehe.«
»Das stimmt.«
»Geben Sie ihn her.«
Marion ließ ihn einfach fallen. Die Kraft entwich ihrem Körper. Nicht einmal das Fundstück hatte sie festhalten können, und ihr Blick ging ins Leere.
Suko hob den Knochen auf. Er legte ihn zusammen mit dem anderen in eine Mulde. »Wir lassen ihn hier«, sagte er, »und für Sie ist es besser, wenn wir zurück in den Ort gehen. Sie müssen sich hinlegen. Ruhen Sie sich aus.«
»Ich kann nicht.«
»Doch, Sie können. Überlassen Sie alles andere mir. Ich werde mich darum kümmern.«
Marion ging schaudernd auf Suko zu. »Und was wollen Sie tun?« fragte sie.
»Das weiß ich noch nicht genau, aber mir wird schon etwas einfallen, darauf können Sie sich verlassen.« Er nahm ihre Hand. Sie kam ihm jetzt vor wie ein Kind, und sie ging neben ihm her wie eine Schlafwandlerin. Sehr bald hatten sie den Pfad erreicht, der durch die strandnahen Hügel führte und in eine schmale Straße mündete, die sie geradewegs in den kleinen Fischerort Piata brachte.
Ein alter Mann auf einem Esel überholte sie. Er nickte ihnen zu und schaute sie mißtrauisch an.
Als sie bereits die ersten Häuser erreicht hatten, begann Marion wieder zu sprechen. »Er ist tot«, sagte sie leise. »Er ist tot, Suko, ich spüre es.«
Der Inspektor schwieg.
***
Einige Stunden später!
Suko hatte es tatsächlich geschafft, Marion zu Bett zu bringen. Zwei Tabletten hatten dafür gesorgt, daß sie einschlief. Suko wollte allein sein, um seine Vorbereitungen treffen zu können, die ihn direkt an die Mole des kleinen Hafens geführt hatten, wo sich das meiste Leben abspielte und die zahlreichen Boote dümpelten, deren Anstrich durch das Licht der Sonne ausgebleicht war.
Er hatte leider nicht die Zeit, den alten Fischern beim Flicken der Netze zuzuschauen, aber ihn überkam das Gefühl, daß hier die Zeit einfach stehengeblieben war.
Nachdem er seine Aufgaben erledigt hatte - dazu hatte auch ein Telefongespräch gehört -, machte er sich wieder auf den Weg zur kleinen Pension, in der Marion und er wohnten.
Das Haus lag nicht am Hafen, sondern etwas oberhalb der alten Stadt, in den steinigen Hügeln. Eine sehr schmale Gasse führte ans Ziel. In der Nähe stand ein Denkmal, das von den Zweigen eines Olivenbaumes geschützt wurde.
Das schmale Haus hatte zwei Etagen. Suko stieß die Eingangstür auf und betrat den kühlen Flur.
Nicht nur der Boden war gefliest, die Wände ebenfalls. Der Flur breitete sich zu einem Raum aus, wo mehrere runde Bistrotische und zahlreiche Stühle standen.
Hinter dem Haus lag ein winziger Garten. Um ihn betreten zu können, mußte Suko durch eine offenstehende Tür schreiten, was er nicht wollte, denn er hatte genug von der Sonne.
Er ging hoch in sein Zimmer, legte sich hin und schlief zwei Stunden. Pünktlich wachte er auf, denn auf seinen inneren Wecker konnte er sich verlassen.
Es war später Nachmittag, die Sonne stand nicht mehr so hoch, und er würde in spätestens einer Stunde ablegen. Suko überprüfte noch einmal seine Waffen, bevor er das Zimmer verließ und über die schmale Treppe nach unten ging.
Auf der vorletzten Stufe blieb er überrascht stehen, denn mit Marion Hayle hatte er nicht gerechnet.
Sie aber war es, die an einem der Tische ihren Platz gefunden hatte und Kaffee aus einer großen Schale trank. Mit beiden Händen mußte sie das Gefäß an die Lippen führen. Erst als Suko neben ihrem Tisch stand, schaute sie auf.
»Ich dachte, Sie würden schlafen, Marion.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das konnte ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich… ich hatte nicht die Nerven, wenn Sie verstehen. Ich war wie aufgeputscht. Da haben auch die Tabletten nicht geholfen. Trinken Sie eine Tasse Kaffee mit mir?«
»Ja.« Er nahm Platz. Die Zeit mußte er sich nehmen. Er konnte nicht so einfach verschwinden. Ein junges Mädchen, das sich eine weiße Schürze umgebunden hatte, erkundigte sich nach seinen Wünschen, und Suko bestellte Kaffee.
»Auch Gebäck?« radebrechte
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