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077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

Titel: 077 - Zu Gast bei Mr. Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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Ich lasse die ganze Gegend durchkämmen. Wenn die Kleine ebenso übergeschnappt ist wie Leggatt, dann ist es bestimmt dort, wo wir sie suchen müssen.“
     

     
    Jeannine geht schnell durch den Bois de Boulogne, kommt an den Springbrunnen vorbei und biegt rechts in eine Allee ein.
    Sie geht so schnell sie kann, ihre Stirn ist schweißbedeckt, ihr Nacken brennt, und ihre Augen blicken starr geradeaus. Um ihren Mund liegt ein böser Zug.
    Während sie die Allee entlanggeht, sieht sie bereits Leggatt; er steht neben seinem Cadillac. Er hat seine Kleidung wieder gewechselt und trägt die Sachen, die er bereits in Saint Prix anhatte.
    Eine Sonnenbrille verdeckt seine Augen.
    Er geht Jeannine ein Stück entgegen. „Ich habe mich gefragt, ob Sie kommen werden.“
    Sie sieht ihn wütend an. „Wo ist Juliette?“
    „Im Wagen.“
    „Weshalb haben Sie sie hergebracht?“
    „Sie werden sie brauchen.“
    „Die Polizei ist verständigt, und alle Straßen werden kontrolliert.“
    Leggatt lächelt. „Das ist doch bedeutungslos.“
    „Ich habe gesprochen … ich habe dem Doktor und dem Kommissar vieles erzählt, was ich nicht hätte erzählen sollen. Aber da war es bereits zu spät…“
    „Beunruhigen Sie sich nicht.“
    „Aber die Polizei!“
    Er lacht. „Sie wissen doch genau, daß sie uns nichts anhaben kann.“
    Diesen Eindruck hat sie auch, aber vielleicht ist er falsch, und sie wiegen sich in trügerischer Sicherheit. Jedenfalls ist jetzt nicht der Moment, das lang und breit zu besprechen.
    Noch etwas erstaunt sie: Leggatt ist wieder verändert, und wenn sie ihre Gefühle ihm gegenüber prüft, dann merkt sie, daß sie ihn verachtet.
    Ohne sich um ihn zu kümmern, steigt sie in den Cadillac. Leggatt geht um den Wagen herum, setzt sich hinter das Lenkrad und fährt los.
    „Eine Frage“, sagt Jeannine. „Meine Tochter … wie werde ich reagieren, wenn ich meine Tochter wiedersehe?“
    Leggatt runzelt die Stirn. „Sie haben darüber nachgedacht? Ist das denn so wichtig?“
    „Ja.“
    „Das sollte es aber nicht sein. Aber bald werden Sie nicht mehr daran denken.“
    „Antworten Sie mir!“
    „Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es am besten, wenn Sie sie nicht wiedersehen.“
    Jeannine wird blaß vor Wut. Etwas in ihr krampft sich zusammen. Sie wirft dem Engländer einen haßerfüllten Blick zu.
    „Das hätten Sie mir vorher sagen sollen.“
    „Es gibt immer gewisse Unannehmlichkeiten“, sagt er. „Aber in einigen Tagen denken Sie nicht mehr daran.“
    Juliette, die auf dem Rücksitz lehnt, stößt einen tiefen Seufzer aus.
    „Sie erwacht“, sagt Leggatt trocken. „Sehen Sie nach ihr.“
    Er hält. Jeannine steigt aus und setzt sich neben Juliette auf den Rücksitz. Leggatt fährt weiter.
    Jeannine stützt Juliettes Kopf. Sie blickt in ihr Gesicht, aber ihre Augen können keinen richtigen Bezugspunkt finden.
    Jeannines Kehle wird trocken, als sie Juliettes weißen Hals betrachtet, und sie hat das Gefühl hypnotisiert zu werden.
    Ihre Zunge gleitet gierig über ihre Lippen … es wäre ganz einfach, und alles wäre zu Ende. Sie hätte keine Gewissensbisse und keine Zweifel mehr, nie mehr…
    Um ihre Gedanken von dem weißen, wehrlosen Hals abzulenken, wendet sie ihre ganze Aufmerksamkeit dem Engländer zu, der aufrecht vor ihr sitzt und den schweren Wagen gekonnt über die glatte Straße jagen läßt.
    Wie war es möglich, daß sie Leggatt getroffen hat? Sie haben doch keinen Treffpunkt ausgemacht. Eine Menge einander widersprechender Gefühle existieren in Jeannine, Gefühle, die sie nicht erstaunen, solange sie darauf verzichtet, ihren Ursprung zu finden. Wieder blickt sie Juliettes Hals an; es wäre ganz natürlich, jetzt ihre Zähne in das weiße Fleisch zu senken – solange sie sich nicht klar wird, was das bedeutet.
    Dieser Hals … er ist verführerisch. Und doch – sie kann sich nicht entschließen. Noch nicht.
    Leggatt dreht sich kurz um. „Worauf warten Sie?“
    Jeannine erschrickt. Eine wilde Anstrengung, und sie entzieht sich dem Zauber dieses weißen Halses vor ihr.
    „Halten Sie an“, sagt sie heiser. „Ich steige aus.“
    Der Engländer hebt die Schultern. „Sie wissen genau, daß es jetzt zu spät ist.“
    Trotzdem fährt er an den Straßenrand, hält an und macht keine Anstalten, Jeannine zurückzuhalten, als sie aussteigt und den Wagenschlag heftig hinter sich zuschlägt.
    Er sieht sie an, und sie senkt den Blick.
    „Heute abend?“ fragt er.
    „Ja, heute abend.“
    Der

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