077 - Zu Gast bei Mr. Vampir
anders gekleidet als sonst; nicht, daß seine Kleidung neu oder besonders ausgefallen wäre – sie ist nur moderner, teurer und von besserer Qualität. Er hat sie in einem Koffer in dem Cadillac gefunden. Er hat auch zwei oder drei Zeitschriften entdeckt, die etwa zwei Wochen alt sind. Alle sprechen von dem mysteriösen Verschwinden Greta Wyburgs, der Tänzerin aus dem Moulin Rouge.
Legatt grinst. Greta Wyburg … er wird sie bald wiedersehen, und vielleicht wird er sie auch Jeannine vorstellen. Auch ein schönes Mädchen, diese Greta. Sie hat ihn für einen alten Lüstling gehalten, als er ihr vorschlug, ihm für Fotos Modell zu stehen, und hat sofort zugesagt. Sie hat sich ohne Scham entkleidet. Schlimm wurde es erst, als er sie ins Opferzimmer zerrte und ihr den Pakt vorschlug. Jetzt lebt sie nur in der Hoffnung auf seine Rückkehr.
Jeannine wird zweifellos mehr Schwierigkeiten machen. Besonders am Anfang, denn er wird sie nicht erst fotografieren, sondern gleich ins Opferzimmer bringen.
Und dann? Wenn Jeannine erst ihm gehört, wird alles seinen normalen Verlauf nehmen. Diese Seelen, die sein sind, bleiben an ihn gefesselt.
Vor Greta Wyburg gab es noch Marcelle Bertal und Lucienne Lefevre. Luicienne Lefevre war nicht älter als achtzehn, und doch, als er sie das letztemal sah, war sie verwelkt. In seiner Nähe altert man schnell …
Lucienne Lefevre … die erste … seit wann wartet sie? Zwei Monate? Sechs Monate? Zu lange?
Macht nichts. Er wird sich ihrer entledigen, er wird sie in die Gruft bringen, und Jeannine kann ihm dabei helfen. Vielleicht wird es ihr sogar Spaß machen, denn so wird sie eine Rivalin los. Bei den Frauen kann man nie wissen…
Bevor er nach Saint Prix kam, war er gar nicht nach Colombes zurückgekehrt. Das macht er niemals. Weshalb sollte er allein dorthin zurückkehren? Damit würde man den Alten zuviel Bedeutung beimessen. Als er mit Marcelle Bertal kam, wartete Lucienne Lefevre bereits seit vier Tagen. Er würde wiederkommen, das wußte sie, denn es war Vollmond. Und als er kam, sah ihn Lucienne vorwurfsvoll an.
Natürlich sagen sie niemals etwas. Sie würden es nicht wagen. Sie haben nur Angst. Nach dem ersten Tag haben sie alle nur Angst, und das führt zu nichts. Normalerweise redet nur er; sie hören schweigend zu. Sie wissen, daß er ihnen niemals auch nur ein einziges Wort gestatten würde. Das ist noch nie vorgekommen.
Seltsam! Anfangs widersetzen sie sich, gebärden sich hysterisch, weinen … aber dann werden sie unvorstellbar sanft und gefügsam.
Der Hunger plagt ihn. Er hat immer großen Appetit, wenn er darangeht, ein neues Mitglied für sein Serail in Colombes auszusuchen. Aber er hat für Vorrat gesorgt. Der Cadillac quillt über von Lebensmitteln. Er spielt mit dem Gedanken, Jeannine das Abendessen bereiten zu lassen, dann weist er die Idee wieder ab. Er hat vor, im Fall Jeannine seine Gewohnheiten zu ändern. Er wird sie gleich ins Opferzimmer bringen und ihr den Pakt vorschlagen. Das wird am besten sein. Am ersten Tag ist er nie ganz sicher, wie sie reagieren … Jeannine könnte vielleicht fliehen und aussagen…
Oft denkt er daran, was passieren würde, wenn die Leute die Wahrheit wüßten. Ein Lächeln erhellt sein Gesicht. Vermutlich würde man damit beginnen, ihm die Polizei auf den Hals zu hetzen. Und dann? Es würde genügen, wenn er ihnen sagt, wer er ist. Was könnten sie ihm schon anhaben? Sie wären vor Schreck erstarrt, und zweifellos würde in diesem Augenblick seine Herrschaft beginnen. Nur mußte er das um jeden Preis vermeiden. Ein dunkler Zwang befiehlt es ihm. Er darf nur im Schatten herrschen, die Wesen eines nach dem anderen zu sich in die Dunkelheit zerren … nicht mehr.
Warum? Er erinnerte sich nicht mehr genau, was eigentlich der Grund dafür war. Das Recht ist so alt wie die Welt, und diese Gesetze können nicht übertreten werden.
Leggatt grinst. Er hat sich aber trotzdem eine gewisse Überlegenheit bewahrt. Vielleicht sollte er einmal über die Sache nachdenken, wenn er sich wieder in der Gestalt Arthur Leggatts befindet. Vielleicht sollte er den Kampf aufnehmen?
Wie viele solcher Tarnungen wie Arthur Leggatt hat er schon besessen? Er hat keine Ahnung, es sind zu viele gewesen, um sie zu zählen, und wer hätte Interesse, sie zu zählen?
Als er Lucienne Lefevre die Wahrheit sagte, brach sie in Lachen aus. Jetzt lacht sie nicht mehr. Es ist zu spät für sie. Marcelle Bertal hat Angst gehabt, und Greta Wyburg auch. Also war
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