0771 - Der Knochen-Sessel
zum Zweiten wollten wir auch nach Jane Collins schauen, denn sie hatte es bei unserem letzten Fall schlimm erwischt. Ihr Körper war von scharfen Glassplittern getroffen worden, und diese Scherben hatten zahlreiche Wunden hinterlassen.
Keine lebensgefährlichen, aber doch welche, die behandelt werden mussten, und darum hatten sich ein Arzt und Lady Sarah gekümmert.
Jane hatte sich natürlich gewehrt und uns angefaucht, dass wir sie nicht wie ein kleines Kind behandeln sollten, aber hinter diesen barschen Worten hatte sich schon Erleichterung verborgen, und sie hatte, als wir zusammensaßen, auch klammheimlich nach meiner Hand gefasst und sie mehrmals gedrückt. Dieses letzte Abenteuer hätte Jane beinahe das Leben gekostet. Sie war auf ein furchtbares Wesen gestoßen, das sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart lebte und sogar eine Kapelle durch seinen bösen Odem entweiht hatte.
»So und jetzt könnte ich ja noch ein Dinner vorbereiten«, schlug die Horror-Oma vor, nachdem sie uns mit Kuchen voll gestopft hatte.
Wie abgesprochen hoben Suko und ich die Arme. »Bitte nicht. Wir müssen noch fahren, sonst kannst du uns rollen. Außerdem passen wir dann nicht mehr in den Wagen.«
Lady Sarah blieb standhaft. »Dann eben nur eine Kleinigkeit.«
Die kannte ich und schüttelte den Kopf. Suko war höflicher. Er fragte schon, an was sie denn dabei gedacht hätte.
»Etwas Fisch.«
Ich stand auf. »Nein, kommt nicht in die Tüte.« Sie wollte widersprechen, doch ich redete weiter. »Es wäre doch eine Sünde, Sarah, wenn wir all die tollen Dinge stehen lassen müssten, weil wir einfach übersättigt sind. Das wollen wir dir nicht antun.«
Sie lächelte. »Du schmeichelst wieder.«
»Überhaupt nicht. Ich sage die Wahrheit.«
Als auch Suko aufstand, gab sie auf. Wir verabschiedeten uns von Jane, die auch mit zur Tür ging, dabei krampfhaft lächelte und erklärte, dass sie noch immer Schmerzen hatte.
»Das liegt an den Salben«, sagte Suko.
Sie funkelte ihn an. »Oder an meinem Feuer.«
»Kann auch sein. Werde ich nicht abstreiten, schöne Frau.«
Jane lachte und gab ihm einen Kuss auf beide Wangen. Suko öffnete die Haustür, Jane drehte sich und umarmte mich. »Schade, dass du nicht geblieben bist, John.«
»Ich kann nichts mehr essen, Mädchen.« Sie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Ich dachte auch nicht so sehr an das Dinner.«
»Sondern?«
»Mehr an den Nachtisch.«
Da wusste ich Bescheid. »Bei deinen Verletzungen.«
»Keine Sorge.« Sie küsste mich auf die Lippen. »Ich kann mich noch immer wunderbar bewegen.«
»Das glaube ich dir sogar.«
Sie küsste mich wieder. Diesmal allerdings intensiver. »Lass dich mal wieder sehen, John.«
»Versprochen.« Meine Stimme klang schon heiser. Jane hatte sich bei ihren letzten Worten an mich gedrückt und ihren Körper in entsprechende Bewegungen versetzt. Als ich dann in die kühle Abendluft hinaustrat, nahm ich mir fest vor, mit ihr mal wieder ein Weekend zu genießen. Sonst lebte man wirklich am Leben vorbei. Und Jane Collins gehörte neben Glenda zu den Frauen, denen ich vertrauen konnte. Sie waren anders als Jessica Long, die sich letztendlich als ein Geschöpf oder eine Kreatur der Finsternis entpuppt hatte.
Suko wartete am Wagen auf mich. »Hat ja lange gedauert«, sagte er und grinste.
»Es geht.«
Er grinste. »Kannst dich ja zuhause duschen, aber eiskalt, weißt du?«
Ich öffnete die Beifahrertür. »Das soll helfen?«
»In der Theorie schon.«
Ich schnallte mich an. »Da ich allerdings ein Mann der Praxis bin, kann ich darauf verzichten.«
Wir fühlten uns an diesem Abend beide ziemlich gut. Es mochte an der Vergangenheit liegen, die ziemlich hart gewesen war, aber jetzt hinter uns lag. Wir hatten schlimme Fälle hinter uns gebracht.
Seit zwei Tagen fühlte ich mich in London wie im Urlaub, vielleicht auch deshalb, weil uns kein beruflicher Stress quälte. Das tat uns auch mal gut. Ich hoffte, dass die Dämonen für längere Zeit Urlaub machten. Bei dem Gedanken an Urlaub kam mir in den Sinn, selbst wegzufahren. Das wäre was gewesen. Ich hätte Jane mitnehmen können. Verdient jedenfalls hatte ich mir ein paar ruhige Tage. Oftmals war es ein Fehler, wenn ich zu intensiv darüber nachdachte, da kam dann meistens etwas dazwischen. Ich kannte das aus der Vergangenheit, und deshalb drängte ich die Gedanken auch zurück.
Suko lächelte schief.
»Was ist?«
»Soll ich dir sagen, an was du denkst?«
»Versuche
Weitere Kostenlose Bücher