0771 - Der Knochen-Sessel
positiv, damit hatte er auch nicht gerechnet.
Waren es Stimmen in seinem Hirn?
Nein, keine direkte Telepathie, keine auf ihn bezogene Nachricht, nur Informationen, die er überdenken musste, die noch sehr fremd waren. Trotzdem schaffte er es, das Positive von dem Negativen zu trennen, was bei dieser Fülle einfach sein musste.
Es kristallisierte sich etwas hervor. Eine Botschaft!
Eine schlimme Nachricht. Bloch hörte sich stöhnen, denn plötzlich veränderten sich die Informationen und traten ein in eine andere Stufe. Aus all diesen magischen Bits entstand ein Bild.
Der Abbé nahm es wahr, obwohl er nicht sehen konnte. Es war einfach vorhanden, es hatte etwas mit ihm zu tun, und das Bild zeigte eine erschreckende Düsternis, die nur in der Höhe von einem hellen Streifen bedeckt wurde.
Er schaute in eine Schlucht! Sie war eng, sie war tief, und sie lag nicht einmal weit von ihm entfernt. Und sie hatte einen Namen. Sie hieß die Kathedrale der Angst. Sie war einmal eine Kirche gewesen, sie hatte ihre Vergangenheit, das alles wusste er. Aus dieser Vergangenheit existierte ein besonderes Teil, ein Relikt, etwas, über das man nur den Kopf schütteln konnte, weil es einfach unbegreifbar war.
Am Ende der Schlucht stand ein Sarg!
Allein diese Tatsache war kaum fassbar, doch es kam noch etwas hinzu. Dieser Sarg war nicht leer, denn in ihm lag eine Gestalt, nein, ein Mensch, der schon seit langer, langer Zeit tot war und trotzdem nicht verweste. Er war nur zu einem Skelett geworden, zu einem silbernen Skelett, das als Mensch einmal einen Namen gehabt hatte.
Hector de Valois!
Ein Großer, ein Mächtiger, ein Templer-Führer! Einer, der gestorben war und trotzdem weiterlebte. Als Skelett!
Der Abbé war informiert. Er wusste auch, dass es sich bewegen und den Sarg verlassen konnte. Wenn es wollte, nahm es seinen Weg, um mit den Menschen Kontakt aufzunehmen. Das alles war ihm bekannt, und er wusste auch, dass dieses Skelett nicht grundlos seine letzte Ruhestätte verließ. In diesem Fall war es geschehen.
Was auch ein Mensch hätte sehen können, wenn er in die Schlucht hineingegangen wäre, das konnte auch der Blinde erkennen. Das Skelett hatte seinen Steinsarg verlassen und stand davor. Es zeigte sich unschlüssig, ob es weitergehen sollte oder nicht. Irgendetwas musste diese Gestalt stören, denn sie drehte ihren knöchernen Silberschädel nach rechts. Sie schaute sich um, als würden in den Innenwänden der Schlucht zahlreiche Feinde lauern und darauf warten, dass er sich eine Blöße gab.
Das silberne Skelett bewegte sich ungelenk, aber darauf kam es nicht an. Der Abbé wusste, dass dieses Skelett den Sarg nicht ohne Grund verlassen hatte, und er rechnete mit einer Botschaft, die ihm übermittelt werden sollte.
Wieder bewegte das Skelett seinen Kopf. Diesmal nach rechts, dann wieder nach vorn, und plötzlich veränderte sich das Bild. Der Abbé sah nicht mehr die gesamte Gestalt, sondern nur noch den knochigen Silberschädel.
Und den wiederum wie in einer alles ausfüllenden Großaufnahme, wobei er sich besonders auf die Augen konzentrierte, die aus tiefen Pupillenschächten bestanden.
Waren Sie leer?
Er wusste es nicht genau. Er glaubte aber, sehr weit im Hintergrund ein zitterndes Schimmern zu sehen, als wollte ihm das Skelett eine Botschaft übermitteln.
So war es auch.
Plötzlich verwischte der ansonsten klar zu erkennende knöcherne Silberschädel. Von irgendwoher schob sich etwas in den Vordergrund, mit dem der Abbé zunächst nichts anfangen konnte, bis ihm auffiel, dass es ein Stuhl mit hoher Lehne war.
Kein normaler Stuhl, mehr schon ein Sessel, aber auch der war nicht normal, denn er bestand aus gelblich schimmernden Knochen, aus altem Gebein.
Der Templer hielt den Atem an. War das die Botschaft, die ihm das Skelett hatte übermitteln wollen? Er musste es einfach annehmen, und er hörte sich selbst tief Luft holen. Ein Knochensessel, das war kaum zu fassen, aber nicht unmöglich, schließlich gab es auch ein lebendes silbernes Skelett.
Der Abbé rechnete damit, dass dies die Botschaft gewesen war. Er irrte sich. Plötzlich spürte er im Kopf den Druck, und dann erreichte ihn eine Stimme, die irgendwo schwebte und deren Entfernung zu ihm nicht einmal zu schätzen war. Die Stimme übermittelte ihm eine Botschaft.
»Er ist gefunden worden. Der Skelett-Sessel hat uns gehört. Er war verschwunden, aber jetzt ist er wieder da. Ihr dürft ihn nicht in fremde Hände gelangen lassen. Sie werden ihn
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