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0771 - Der Knochen-Sessel

0771 - Der Knochen-Sessel

Titel: 0771 - Der Knochen-Sessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Wahl zu treffen war sehr schwer. Dazu war das Publikum einfach zu gemischt. Jüngere und ältere Menschen, Frauen und Männer, allerdings keine Kinder.
    Und eine außergewöhnliche Person sah ich nicht. Jedenfalls keine, die Ähnlichkeit mit der gehabt hätte, die der G-Man auf dem Sessel gesehen hatte.
    Die ersten Gegenstände wurden hereingetragen. Es waren zwei Jugendstil-Lampen. Donovan beschrieb sie, nannte den Preis und bat um Gebote.
    Wir hörten gar nicht hin. Nur am Rande bekamen wir mit, wenn sich Arme hoben und die Menschen mitboten.
    Archie Donovan machte seine Sache geschickt. Er war ein guter Auktionator, soweit ich das beurteilen konnte. Er begeisterte die Anwesenden für die Gegenstände. Hin und wieder schob er eine witzige Bemerkung ein, die Leute lachten, er schuf eine lockere Atmosphäre, ohne selbst dabei locker zu sein.
    Das wirkte alles so völlig normal, doch ich wusste, dass dies nicht der Fall war. Meine Unruhe wuchs, obwohl es sichtbar dafür keinen Grund gab. Als ich aufstand, las ich Abe die Frage von den Lippen ab.
    »Ich kann dir sagen, wo ich hinwill. Mir mal den Sessel anschauen.«
    »Gut. Ich halte die Stellung.«
    Ich war nicht der einzige, der sich erhoben hatte. Hin und wieder verließen die Besucher die Auktion, andere kamen, aber sie alle verhielten sich so ruhig, dass sie den Mann mit dem Hammer nicht störten.
    Ich wunderte mich, wie schnell Archie sprechen konnte. Er schaffte es auch, selbst die ältesten Stücke an den Mann oder die Frau zu bringen, z. B. einen schon leicht demolierten Koffer, der erst noch geflickt werden musste. Angeblich hatte ihn die Zarin von Russland besessen. Unterschreiben würde ich dies nicht.
    Ich ging auf Zehenspitzen, um niemanden zu stören, und schlug einen Bogen. Mein Ziel befand sich dort, wo die zu versteigernden Gegenstände hinter den roten Samtportieren standen und der Reihe nach nach vorn geschleppt wurden.
    Für einen normalen Interessenten war der Zutritt nicht erlaubt. Als ich den Stoff an seinem Rand zur Seite schob, wurde ich schön böse angeschaut. Insgesamt beschäftigte Donovan drei Helfer. Einer hielt sich immer hinter dem Vorhang auf und verglich die aufgerufenen Teile mit den entsprechenden Nummern. Die beiden anderen trugen die Sachen nach vorn. Wenn die Gegenstände leicht waren, ging auch nur einer.
    Und ich sah noch eine Frau. Sie war jung, wirkte dynamisch, trug einen grauen, fast wadenlangen geschlitzten Rock, eine weiße Bluse und eine rote Fliege am Kragen. Ihr blondes Glatthaar stand im krassen Gegensatz zum schwarzen Gestell der Brille. Sie saß hinter einem kleinen Schreibtisch und notierte Preise sowie Nummern.
    Eine hatte ebenfalls vor ihr Platz gefunden.
    Unwillig schaute sie mich an. »Hier ist das Betreten verboten«, erklärte sie.
    »Nicht für mich.«
    »Bitte, Sir, ich…«
    »Er gehört zu Archie«, sagte einer der Helfer.
    Das wollte die Blonde nicht so recht schlucken. Schließlich nickte sie und widmete sich wieder ihrer Arbeit. Ich ging an ihr vorbei und auf den Sessel zu, der etwas abseits im Halbdunkel stand.
    Vor dem makabren Möbel blieb ich stehen. Nichts hatte sich verändert. Noch immer hatte ich den Eindruck, als würde mich der Totenschädel über der Lehne breit angrinsen. Ich verspürte sogar einen leichten Schauer. Nach neuem Blut suchte ich vergeblich. Genau das Bluten hatte mich misstrauisch gemacht. Ich konnte mir nicht erklären, woher es gekommen war. Dass dieser Sessel ein großes Geheimnis barg, war mir auch klar.
    Bisher hatte ich ihn weder richtig angefasst noch in ihm gesessen.
    Die Helfer und die Blonde hatten genug zu tun. Sie kümmerten sich nicht mehr um mich.
    Auf die Sitzfläche hatte jemand ein rotbraunes Kissen gelegt. Für mich ein Beweis, dass der Sessel stabil genug war, um einem ausgewachsenen Menschen Platz zu bieten, ohne zusammenzubrechen.
    Ich ließ meine Handflächen über das Gebein wandern. Ich war davon ausgegangen, dass es sich trocken anfühlte, das jedoch stimmte nicht. Als meine Haut den ersten Kontakt bekam, da fühlte ich die leichte Feuchtigkeit. Sie lag wie ein Film auf dem gelblichen Gebein, das mir ziemlich weich vorkam. So weich, als könnte ich es mit der Hand zusammendrücken.
    Ich war etwas irritiert. Hatten sich die Knochen tatsächlich angefühlt, als stecke ein gewisses Leben in ihnen? Der Gedanke war mir tatsächlich gekommen, und ich fragte mich auch, welches Schicksal oder welcher Weg wohl hinter diesem makabren Möbelstück lag. Er hatte

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