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0772 - Das Gericht der Toten

0772 - Das Gericht der Toten

Titel: 0772 - Das Gericht der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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in einem Skelett-Sessel hockte. Der Effekt der Gewöhnung war bei ihm voll durchgeschlagen. Er fühlte sich seltsamerweise gut und wohl.
    Ich sitze auf einem Thron, dachte er. Ich sitze dort, und ich herrsche über ein Volk!
    Seine Augen leuchteten. Die Lippen zuckten. Das Lächeln nahm an Breite zu. Stankowski saß zwar noch immer in einem bestimmten Teil der Lagerhalle, das allerdings war ihm nicht mehr bewusst. Er glaubte eher daran, dass sich die Wände verschoben hatten. Sie waren zurückgetreten, sie hatten sich geöffnet und die Sicht auf andere Dinge freigegeben.
    Er schaute hinein in die Tiefe, die er sich selbst nicht erklären konnte. Alles war anders geworden. Er sah Dinge, die er zuvor nie gekannt hatte.
    Eine Landschaft!
    Nein, keine Landschaft. Andere Sachen. Einen Raum…
    Er nahm einen schrecklichen Geruch wahr. Es stank nach verwesten Leichen. Er hörte grunzende Laute, die in seinen Ohren widerhallten, und er sah auch die schattenhaften Gestalten, die sich in dieser anderen Welt aufhielten.
    Sie drängten nach vorn. Sie wollten ihn sehen, sie wollten zu ihm, weil sie Botschaften für ihn hatten.
    Gesichter erschienen im Nebel. Fratzen auf der einen Seite, auf der anderen die bleichen Totengestalten, die sich lautlos durch einen Raum bewegten.
    Sie schwebten dahin. Der Gestank begleitete sie. Gift und Pestilenz, ein wahrer Höllengeruch, den auch Lemmy auf seinen Schleimhäuten spürte. Er hielt die Augen fest geschlossen, trotzdem sah er alles! Es war ihm, als würden sich die Bilder in seinem Hirn festsetzen.
    Dicke, grünbraune Schwaden trieben dahin. Zuckende Hände bewegten sich durch den Nebel. Sie nahmen an Größe zu, und Lemmy befürchtete, von ihnen erdrückt zu werden.
    Es passierte nicht, denn die Hände zogen sich wieder zurück, als hätten sie ihre Aufgabe erfüllt. Nur der Geruch blieb. So bedrückend, so ätzend, einfach widerlich. War es ein Traum gewesen?
    Lemmy konnte es nicht sagen.
    Das andere aber, das plötzlich über ihn kam, war jedenfalls kein Traum. Die eisige Berührung der Totenfinger an seinem Hals…
    ***
    Lemmy Stankowski blieb starr sitzen. Er konnte sich nicht mehr bewegen. All das, was er vor Sekunden noch wahrgenommen hatte und sehr wichtig für ihn gewesen war, fiel zusammen wie ein Kartenhaus. Die Traumwelt hatte sich in ihre Dimensionen zurückgezogen. Für Lemmy gab es nur noch die normale Realität, aber auch die hatte sich für ihn eben auf eine schreckliche Art und Weise verändert.
    Kalte Klauen an seinem Hals!
    Er überlegte, obgleich es ihm schwer fiel. Er kam nicht mal dazu, klare Gedanken zu fassen. Alles verschwamm in einem Nebel, nur merkte er sehr deutlich, wie die andere Kraft dabei war, ihm die Luft abzudrücken. So etwas konnte in diesem Fall nur durch dünne Skelettfinger geschehen, die sich um seinen Hals gelegt hatten. Eisige Totenhände, hervorgekrochen aus einer tiefen Gruft.
    Nur hatte er keinen gesehen, dem er so etwas zugetraut hätte. Das war eigentlich nicht möglich. Für ihn gab es nur eine Lösung. Der kalte Druck musste in einem unmittelbaren Zusammenhang mit diesem außergewöhnlichen Knochen-Sessel stehen. Trotz dieser Klammer versuchte er, seinen Kopf zu bewegen. Er wollte sehen, weshalb und vor allen Dingen wer es war, der ihn hielt.
    Lemmy stöhnte auf.
    Nichts ging mehr. Sein Kopf blieb starr. Dafür hob er beide Arme an. Das wiederum klappte, auch wenn er den Eindruck hatte, es würden Bleigewichte daran hängen. Lemmy schaffte es einfach nicht, seine Hände hoch bis an den Hals zu bringen. Auf halber Strecke fingen sie an zu zittern. Dann waren sie so schwer geworden, dass sie wieder zurückfielen.
    Sie krachten auf die Knochenlehnen. Für einen Moment zitterte der Sessel, aber er brach nicht zusammen. Das Knochengerüst hielt wie starkes Eisen.
    Lemmy begriff es nicht. Seine Gedankenwelt war ins Stocken geraten. Selbst die innere Warnung funktionierte nicht mehr. Lemmy fand sich mit dem Gedanken ab, dass eine andere Macht die Kontrolle über ihn erlangt hatte. Er schaffte es nicht mehr, ihr etwas entgegenzusetzen. Diese Macht war ungemein stark. Sie war wie ein Rausch, und sie würde ihm keine Chance mehr lassen.
    Etwas anderes kam hinzu. Beim ersten Mal spürte er nicht, wie furchtbar es war. Etwas sickerte aus seinem Hals. Es war warm, gleichzeitig kühl und feucht.
    Blut!
    Wie ein Blitz schoss ihm der Gedanke durch den Kopf. Ja, das war Blut. Die Totenhände mussten ihm mit ihren spitzen Krallen die Haut aufgerissen

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