0772 - Die Rache des Toten
Fähigkeit der Illusion eingesetzt.
An einem Begrenzungsstein blieb er stehen. Nach kurzem Zögern setzte er sich darauf.
Durch telepathische Sondierung bemerkte er den Lastwagen mit dem Menschenschmuggler.
Eigentlich geht mich das nichts an, dachte er. Zwei Gefühle stritten in ihm. Sollte er den armen Menschen im LKW behilflich sein, oder durfte er sie einem ungewissen Schicksal überlassen?
Wenn ich mich um alle Ungerechtigkeiten dieser Welt kümmern sollte, dann käme ich zu nichts anderem!
Während ich mich um die Leute kümmere, kann ich nicht gleichzeitig auf Zamorra achten.
Der Mann dachte einige Sekunden nach.
Aber ich kann beide Fäden miteinander verknüpfen, überlegte er. Solange die durch die Polizei aufgehalten werden, muss auch der Prof seine Reise unterbrechen.
Das war - zugegeben - nicht ganz fair, aber woher sollte der Meister des Übersinnlichen Wind davon bekommen? Er würde es ihm nie im Leben sagen.
Oder zumindest nur dann, wenn er ihn bis zur Weißglut reizen wollte.
Endlich gewann der Beschützer-Instinkt die Oberhand. Er entschloss sich, den Leuten zu helfen und der Polizei einen Tipp zu geben. Zusätzlich brachte er den LKW-Fahrer dazu, Schlangenlinien zu fahren.
Die Polizisten überholten den LKW und brachten ihn zum Stehen. Dadurch schufen sie einen künstlichen Stau. Auch Zamorra musste warten, dass die Straße wieder freigegeben wurde.
Luc Avenge - denn um niemand anders handelte es sich bei dem Mann in dunkler Kleidung - genoss es, seinen Feind zu ärgern. Sollte der doch zerplatzen vor Zorn!
Dann hätte er wenigstens etwas von dem wieder gutgemacht, was er vor über achtzehn Jahren angerichtet hatte.
Dann hätte er…
»Gerechtigkeit!«, stieß Avenge hervor, dabei ballte er die Hände zu Fäusten.
Ein Polizeihubschrauber kreiste über dem LKW. Der Fahrer des Lastwagens stieg aus und versuchte zu fliehen. Er rutschte aus und wollte wieder aufstehen. Doch die Polizisten waren schneller. Mit Handschellen wurde er sichergestellt.
Zamorra benutzte das Handy, um seiner Gefährtin Bescheid über die Störung zu geben.
»Nun, das hätte ich an seiner Stelle wohl ebenfalls gemacht.« Avenge erhob sich. Es wurde Zeit, um seinem Gegner eine kleine Probe seines Könnens zu geben.
Zamorra würde grün vor Wut werden.
Avenge vollführte einen zeitlosen Sprung bis kurz vor den LKW - nur Zamorra würde ihn entdecken können, für alle anderen Personen blieb er unsichtbar - und rannte bergab auf den Dämonenjäger zu.
Kurz vor dessen BMW wurde Avenge langsamer. Das Gesicht des Professors wurde lang und länger, als er Avenge erkannte. Er ließ sein Handy sinken und starrte den Reeder nur an.
Avenge klopfte an das Seitenfenster des BMW und drohte Zamorra mit den Fäusten. Anschließend erhöhte er wieder das Tempo und rannte weiter den Berg hinab.
***
»Hallo, Zamorra! So antworte doch«, klang es aus dem Handy. Es handelte sich einwandfrei um Nicole Duvals Stimme. »Was ist denn passiert?«
Zamorra legte das Handy auf den Beifahrersitz, ohne auf die Anfragen seiner Gefährtin zu achten.
Das durfte doch nicht wahr sein! Avenge zeigte sich ihm hier? Spielte er mit ihm, wie eine Katze mit der Maus spielt, bevor sie sie tötet?
Aber da hatte er sich verrechnet.
»Ich bin keine wehrlose Maus«, knurrte Zamorra. Er stieß blitzschnell die Wagentür auf, sprang auf die Straße und hetzte Avenge hinterher. Die Autofahrer hinter ihm sahen ihn auf eine seltsame Art und Weise an. Was hatte der Fahrer des BMW vor? Weshalb hetzte er den Berg hinab, wo es doch bestimmt gleich wieder weiterging?
Zamorra konzentrierte sich nur auf den fliehenden Reeder. Er hatte den Eindruck, dass er ihm langsam aber sicher näher kam.
Da geschah es! Mitten in der Bewegung verschwand Avenge. Er rannte, stieß sich mit einem Fuß vom Boden ab - und war verschwunden.
»Einfach so, das gibt’s doch gar nicht!«, keuchte Zamorra voller Enttäuschung. Er wollte nicht glauben, dass er den Mann verloren hatte, der ihn seit einigen Tagen erpresste.
»Als würde er tatsächlich den zeitlosen Sprung beherrschen…«, murmelte er.
Motorengeräusch erklang, einige Autos fuhren langsam an. Jetzt erst wurde Zamorra auf die anderen Fahrer aufmerksam. Einige zeigten ihm den Vogel, andere drohten ihm mit der Faust. Wieder andere hupten, damit er endlich aus dem Weg ginge.
»Was sollte denn das werden?«, fragte ein junger dunkelhaariger Mann, der das Fahrerfenster seines knallroten Fiat Uno geöffnet hatte.
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