0773 - Die Macht der Templer
relativer Sicherheit befand.
Was konnte ihm jetzt noch passieren?
Nur eines störte ihn. Es war die ungewöhnliche Schräglage, in der sich die Templer befanden. Als hätten sie ihren Platz auf einer zur Seite gelegten Kippe gefunden.
Suko erkannte sehr bald seinen Irrtum. Nicht sie standen schräg, sondern er saß nicht normal und gerade in seinem Sessel. Sessel, nein, das war kein normaler Sessel. Noch immer hockte er auf dem verdammten Knochenthron und hatte diese Reise durch eine andere Dimension ohne sein eigenes Zutun unternommen.
Einer der Templer machte auf dem Absatz kehrt und rannte weg.
Er rief etwas im Laufen, das Suko nicht verstand. Der hatte zunächst andere Sorgen, denn durch die Kopfbewegung waren einige verkrustete Wunden an seinem Hals wieder aufgeplatzt, und dünne Blutfäden sickerten weiter in Richtung Hals. Zudem spürte er wieder das harte Ziehen, und sein Mund verzog sich.
Für einen Moment schloss er die Augen. Er wollte sich nicht beschweren, denn er lebte. Nur hatte er keine Lust mehr, auf dem verdammten Knochenstuhl zu hocken. Er hasste dieses »Möbelstück«, aber er war gleichzeitig zu schwach, um sich zu erheben. An seinen Gliedern hingen unsichtbare Bleigewichte, sein Atem pfiff über die Lippen. Ruhig blieb er sitzen und nahm die Chance wahr, sich umzuschauen.
Suko und der Skelett-Sessel befanden sich in einem ziemlich großen Raum, der schon einer Halle glich. Die Wände waren hell gestrichen, der Fußboden bestand aus dunklem Stein. Drei der vier Wände wurden von Regalen eingenommen, in denen die Bücher dicht an dicht standen. An der freien Wand stand eine Bank, davor ein Tisch, und vier Stühle zählten auch dazu.
Eine Bibliothek war es, und allmählich blickte der Inspektor auch durch. Er wusste, wohin ihn der Sessel getragen hatte. Zu seinen Freunden, den Templern in Alet-les-Bains.
Es war ein gutes Gefühl, dies zu wissen. Er kam sich so wunderbar erleichtert vor, atmete jetzt tiefer durch, legte sich schon Fragen zurecht, als er Schrittgeräusche hörte und die Mauer der Templer vor ihm auseinander wich. Die Templer schufen Platz, um einen bestimmten Mann durchzulassen, den Suko sehr gut kannte, dem er auch vertraute. Schon jetzt atmete er beim Anblick des Abbés auf.
Der Templerführer bewegte sich mit der Sicherheit eines Sehenden, und er wusste sehr genau, wann er stehen zu bleiben hatte.
Etwa eine halbe Schrittlänge vor Suko stoppte er. Unter den dunklen Gläsern der Brille zeigte sein Gesicht ein Lächeln. »Ich freue mich, dich hier bei uns zu haben, Suko.«
Schlicht gesprochene Worte. Kein großes Getue, keine Umarmungen, so etwas hätte auch nicht zu den Männern gepasst. Was sie sagten, hatte Hand und Fuß, und das meinten sie auch so. Darauf konnte sich derjenige, der angesprochen war, hundertprozentig verlassen, und auch Suko gab eine ehrliche Erwiderung.
»Ich freue mich ebenfalls. Wahrscheinlich noch mehr als ihr, wie du aus vorliegenden Gründen sicherlich nachvollziehen kannst.«
Bloch lächelte. Er hatte die Arme ausgestreckt, Suko nahm die Hände des Mannes und drückte sie. Er hielt sie noch fest, als der Templer sagte: »Du bist verletzt.«
Suko staunte. Er zog die Hände zurück. »Woher weißt du das? Du kannst nicht sehen. Hat man es dir erzählt?«
»Ich wusste es vorher.«
Suko schluckte. Er schaute sich um. Die Templer umstanden ihn im Halbkreis, hielten sich aber hinter ihrem Führer auf, der einen Mitbruder bat, sich um die Verletzungen zu kümmern. Die Klauenhände hatten an Sukos Hals ihre Spuren hinterlassen. Beim Sprechen spürte der Inspektor die Schmerzen, die in Wellen über seine Haut rollten. Er wusste, dass die Wunden gereinigt werden mussten. Er hätte es selbst gern getan, leider zwang ihn die Schwäche dazu, Platz zu behalten. Er hatte fast den Eindruck, als wollte ihn der Skelett-Sessel nicht mehr loslassen.
Der Templer kehrte mit einem Erste-Hilfe-Koffer zurück. Er hatte auch warmes Wasser mitgebracht, zudem ein Desinfektionsmittel, und verarztete den Inspektor.
»Es wird etwas weh tun«, sagte er.
»Das weiß ich. Aber keine Sorge, ich halte es aus. Seelische Schmerzen sind schlimmer.«
»Da hast du Recht.«
Auch der Abbé fragte nicht weiter. Dabei gab es viel zu sagen, das wussten beide. Bloch blieb nicht länger. Er bat Suko nur, in sein Arbeitszimmer zu kommen, damit sie dort ungestört über die Probleme sprechen konnten. Der Sessel sollte in die Bibliothek gestellt werden. Um ihn würde man sich
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