0773 - Die Macht der Templer
schaffen, aber zuvor möchte ich seine gesamten Kräfte ausloten. Ich will wissen, was er kann oder was er gekonnt hat, denn ich weiß nicht, ob sich seine Kräfte bis heute erhalten haben. Ich finde, das steht mir als sein Besitzer zu.«
»Ja, du hast Recht. Da würde ich nicht widersprechen. Aber wie willst du es herausfinden?«
»Indem ich mich auf ihn setze.«
Der Abbé musste lachen. »Dann müsstest du auf dem Schoß deines Ahnherrn Platz nehmen.«
»Auch das, im Notfall. Nein, ich möchte wissen, was Hector dazu bewogen hat, ihn in Besitz zu nehmen, und das wird mir über das Kreuz gelingen, hoffe ich.«
Der Templer runzelte die Stirn. »Du denkst an einen Kontakt?«
»So ist es.«
»Eine gute Idee«, gab Bloch nickend zur Antwort. »Ja, das finde ich ebenfalls.« Er trat einen Schritt zurück. Seine Hand glitt dabei über meinen Arm. »Ich möchte dich nicht stören. Du weißt, dass ich das Skelett noch sehen kann. Versuche es.«
Suko hatte zugehört. Von der Tür aus fragte er: »Was willst du versuchen, John?« Ich erklärte es ihm.
Er runzelte die Stirn. »Hoffentlich geht das gut.«
»Keine Sorge, mein Kreuz wird das Skelett nicht zerstören.«
»Du musst es wissen.«
Ich hob die Arme. Am Nacken bekam ich die dünne Kette zu fassen, zog sie hoch und merkte, wie das Kreuz über meine Brust in Richtung Kinn glitt. Sehr bald konnte ich es hervorziehen.
Als es auf meiner Hand lag, spürte ich das Gefühl der Beruhigung.
Noch stand ich zu weit von meinem Ziel entfernt, was sich sehr bald änderte. Ich ging auf den Sessel zu und schaute dabei über das Kreuz hinweg auf das silberne Skelett.
Es rührte sich nicht.
Es kam mir vor, als sei es auf seinem Platz eingefroren. Nicht einmal das geringste Zittern lief durch seinen Körper. Da saßen Knochen auf Knochen. Trotzdem kam es mir nicht so vor.
Es gab für mich nur drei Dinge. Das Kreuz, das silberne Skelett und ich!
Der Raum, so groß er auch war, schien eng geworden zu sein. Alles andere trat in den Hintergrund. Es existierten keine Äußerlichkeiten mehr, es gab nur noch meine Aufgabe.
Und ich spürte, dass mein Kreuz reagierte. Die leichte Erwärmung an seiner Unterseite floss wie schwacher Strom durch meine rechte Hand.
Keine Bewegung von Seiten des Skeletts. Es saß still, völlig ruhig und schweigend.
Mit Hilfe des Kreuzes versuchte ich, in die Aura von Hector de Valois einzudringen. Allein durch die Macht des Kreuzes wollte ich es aus der Reserve locken. Schließlich hatte Hector zu seinen Lebzeiten das Kreuz einmal besessen. Er musste ihm positiv gegenüberstehen.
Den Eindruck hatte ich nicht. Das Kreuz wehrte sich, oder wehrte er sich? Ich bekam jedenfalls keinen Kontakt, weil eine unsichtbare Mauer aufgebaut worden war. Zu hoch war sie, ich konnte nicht darüber hinwegschauen, so sehr ich mich auch bemühte.
Ich bekam auch keine Verbindung zu mir selbst. In meinem Kopf hatte sich ebenfalls eine Sperre aufgebaut, die bestimmt nicht normal war. Feinde waren wir nicht, aber etwas trennte uns. Der Abbé hatte durch seinen Würfel sicherlich einen besseren Kontakt gehabt.
Ich bin kein Telepath, normalerweise nicht. Doch es gab Situationen, wo ich die Telepathie beherrschte. Immer dann, wenn sich mein Kreuz hervorhob, wenn es meine Gedanken weiterbrachte und auf einen Dritten konzentrierte. Oft genug hatte ich das erlebt, doch in diesem Fall blieb der Kontakt nicht nur unterbrochen, er war einfach nicht da.
Allmählich geriet ich ins Schwitzen. Weshalb wehrte sich Hector gegen meinen Versuch? Ich wollte ihm den Skelett-Sessel nicht wegnehmen. Wegen mir konnte er ihn behalten.
Dann merkte ich etwas. Unruhe entstand in meinem Kopf. Ich suchte nach einem Vergleich. Es war möglicherweise ein Gedankensturm, der den Schädel durchtoste. Ich kam nicht mehr zurecht. Ich spürte die Abwehr, ich hörte auch ferne Stimmen sowie Warnungen.
Hector? Wollte er mich warnen? Wollte er dafür sorgen, dass ich nicht mehr weitermachte?
Danach richtete ich mich nicht. Dafür ging ich noch weiter vor.
Jetzt stand ich direkt vor dem Sessel, und die Knochenkante des Sitzplatzes berührte meine Beine.
»Hector!« Ich flüsterte seinen Namen. Ich wollte einfach mehr von ihm wissen. »Wir sind uns doch nicht fremd. Wir kennen uns, wir haben Kontakt gehabt.«
Er reagierte auch auf mein Drängen, nur anders, als ich es mir vorgestellt hatte.
Bisher hatte ich es scharf konturiert erlebt, das änderte sich, denn plötzlich gerieten die Umrisse des
Weitere Kostenlose Bücher