0773 - Die Macht der Templer
nur ist er besetzt.«
»Ja, ja!«, rief Rose. Sie zuckte dabei zusammen. »Wer ist diese Gestalt denn?«
»Ein Freund«, sagte ich nur. »Komische Freunde hast du.«
»Meinen Sie auch mich damit?«, fragte Suko.
Unser Gespräch entspannte die Lage etwas. »Nein, da kann ich Sie beruhigen.«
Ich kam wieder zum Thema. »Warst du denn dabei, Suko, als das silberne Skelett erschien?«
»Und ob. Plötzlich war es da. Wie aus dem Nichts aufgetaucht. Ich sah es, ich konnte aber nicht mehr reagieren. Es ist so anders gewesen. Es kam mir vor, als hätte ich einen Schlag in den Magen erhalten. Das silberne Skelett muss die Kathedrale der Angst verlassen haben, aber nicht auf normalem Wege, sondern durch einen magischen Sprung. Plötzlich materialisierte es sich auf dem Knochen-Sessel. Und jetzt sag mir noch, was ich da machen soll.«
»Nichts. Nimm es hin.«
»Ach ja?«
»Ja. Du musst dich damit abfinden.«
Ich hustete, weil es in meinem Hals kratzte. »Und nicht nur das, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Hector grundlos materialisiert hat. Es muss ein Motiv geben, und das will ich herausfinden.«
»Viel Glück. Du wirst es schaffen. Schließlich ist das Skelett ja so etwas wie ein Verwandter von dir.«
»Sehr schön.«
Rose hielt mich fest. »Was hat dein Freund da gesagt? Es ist ein Verwandter von dir?«
»Ja, das meint er zumindest.«
»Wieso denn? Wie kommt er dazu?«
Ich streichelte ihre linke Wange und lächelte sie an. »Das, meine Liebe, ist eine lange Geschichte, eine sehr lange sogar. Vielleicht erzähle ich sie dir später einmal. Heute habe ich nicht die Zeit, denn es muss weitergehen.«
»Das glaube ich auch.« Rose hatte mich noch immer nicht losgelassen. »Kannst du dir denn vorstellen, dass ich mich hier unwohl fühle?«
»Bestimmt. Nur musst du dir eines merken. Hier bist du außer Gefahr. Das Skelett ist kein Feind. Es wird uns nichts tun. Deshalb ist es gut, wenn du bei uns bleibst. Hier werden dich keine Monster überfallen. Wir haben einen sicheren Platz gefunden.«
Sie atmete tief durch. »Ich hoffe stark, dass du dich nicht geirrt hast.«
»Das schwöre ich.«
Sie wurde kokett. »Kann man Männerschwüren trauen?«
»Meinen schon.«
Rose Cargill blieb zurück. So recht traute sie sich nicht in die Nähe des Knochen-Sessels, was auch verständlich war. Ich an ihrer Stelle hätte ebenso gehandelt. »Bei dir ist man vor Überraschungen ja nie sicher, John Sinclair.«
»Das macht mich so interessant.«
»Hi, Macho.«
Ich war über dieses lockere Gespräch froh. Es entspannte die Lage ein wenig, obwohl noch immer ein unheimliches Flair über dem Raum lag, was allerdings mit dem Skelett meines Ahnherrn Hector de Valois zusammenhing. Seine Ausstrahlung war einfach nicht zu kompensieren. Das spürte auch ich, denn meine Haut auf dem Rücken und am Nacken hatte sieh gespannt.
Ich interessierte mich für den Abbé. Er stand vor dem Sessel, und ich wusste nicht mal, ob er mein Erscheinen überhaupt bemerkt hatte. Das silberne Skelett hatte ihn in seinen Bann gezogen. Er war von der Gestalt fasziniert. Suko hatte mir erzählt, dass es ihm sogar gelang, den geheimnisvollen Knochenmann zu sehen, und das, obwohl er blind war. Für ihn mussten sich völlig neue Welten eröffnet haben, und ich hörte, wie er leise aufstöhnte oder mit sich selbst sprach. So genau war das nicht herauszufinden. Er bewegte einige Male die Finger. Sie zuckten, doch sein Gesicht blieb dabei glatt wie Stein.
Ich stellte mich neben ihn.
Rose und Suko waren zurückgeblieben. Mein Freund wusste genau, dass ich mich um meinen Ahnherrn kümmern wollte. Es stand mir gewissermaßen zu. Bei magischen Zeitreisen hatte ich den Mann schon anders kennen gelernt, normal. Ich wusste, wie er oft aufgetreten war. Er war der Typ eines Edelmanns gewesen, aber er konnte auch sehr ernst sein und nicht immer so locker und charmant, denn gleichzeitig hatte er die Templer angeführt. Er hatte ja mein Kreuz besessen, er hatte versucht, das Grauen der Baphomet-Templer zu stoppen, und er war sich auch nicht zu schade gewesen, sich gegen die Obrigkeit zu stellen. Mut konnte man ihm nicht absprechen, und so war aus ihm ein großer Forscher geworden, der nach Verbindungen suchte, zwischen den Templern, den geheimnisvollen Kultstätten und vielleicht sogar dem Land Avalon, das für die Templer so etwas wie eine Verheißung war. Er hatte damals schon das Land zwischen den Welten – Aibon – entdeckt. Er war seiner Zeit weit voraus
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