0774 - Baphomets böse Brut
noch, und ich warf mein Kreuz hoch. Eine Reflexbewegung, mehr nicht.
Es traf die Decke, es prallte dort ab, trudelte dem Boden der Kabine entgegen und trappelte auch dort mit einem singenden Geräusch wieder ab.
Gleichzeitig, jedenfalls nahm ich es so wahr, bekamen wir gemeinsam den mächtigen Hieb. Wir konnten uns nicht mehr halten, weil das irre Tempo des Fahrstuhls gestoppt wurde.
Die Gegenkräfte schleuderten mich durch die Kabine, gegen die Wand, von der ich abrutschte und mit einer torkelnden Bewegung hinfiel, wobei mir der Händler noch in den Weg rollte und wir übereinanderkippten.
So blieben wir erst einmal liegen.
Wir taten nichts und wunderten uns beide, daß wir noch lebten. Mein Begleiter sagte etwas in seiner jüdischen Sprache, es konnten Stoßgebete oder Danksagungen sein, und beide waren vonnöten, denn wir hatten mit viel Glück unser Leben retten können.
Seine Hand tastete über meinen Körper. Ich hörte Levi schluchzen. »Sorry, Sinclair, aber ich muß nur hinfassen, um zu wissen, ob wir auch noch leben.«
Ich hielt seine Hand fest. »Klar, wir haben es geschafft. Wir leben noch. Sogar sehr gut.«
»Bis auf mein Knie.«
»Wieso?«
»Das habe ich mir gestoßen.«
Ich lachte. »Nehmen Sie es als Erinnerung mit nach Hause.«
»Wie sich das anhört, nach Hause«, murmelte er, als ich dabei war, mich aufzustützen. Es wurde auch Zeit, denn plötzlich öffnete sich die Fahrstuhltür wie ein großes Maul, und verdutzte Gesichter schauten uns beiden zu. Es war nicht alltäglich, daß sich zwei erwachsene Männer aus einer liegenden Lage befreiten und eine dem anderen dazu noch auf die Beine half. Ich hatte Amos Levi gestützt, denn sein Knie mußte stärker in Mitleidenschaft gezogen sein, weil er humpelte.
»Dürfen wir denn mal vorbei?« erkundigte ich mich.
Man schuf uns Platz. Nur ein junger Mann konnte sich eine Bemerkung nicht verkneifen. »Turnt man jetzt in den Fahrstuhlkabinen?«
»Klar, wir spielen Tarzan, und mein Freund machte heute die Jane.«
Wir gingen an den noch immer verdutzten Gästen vorbei in die Halle und blieben nahe einer Säule stehen, wo Amos Levi erst einmal nach Luft schnappte. Dann schaute er sich die Brille an, deren Gestell leicht verbogen war.
»Ich zittere noch immer!«
»Kann ich verstehen.«
»Das war der zweite Angriff, der ihnen nichts gebracht hat«, sagte er leise, »aber alle guten Dinge sind drei. Ich denke, daß sie sich für einen dritten etwas anderes einfallen lassen. Und sie wissen auch, daß ich jetzt auf Ihrer Seite stehe.«
»Was trotz allem gut für Sie ist.«
»Meinen Sie?«
»Klar doch.«
»Wir werden sehen.« Er schaute sich um und sah nicht weit entfernt die Hallenbar, die zu dieser Zeit schon geöffnet hatte. Es war dort nichts los. Ein Keeper in schwarzer Weste und weißem Hemd putzte Gläser. Dabei schaute er sich vergeblich nach Gästen um.
»Wie wäre es mit einem Drink?« fragte Levi. »Den bin ich Ihnen, so denke ich, schuldig.«
Ich hatte nichts dagegen. Zudem wollten wir meinen Freund Suko in der Halle erwarten.
Wir verließen nach wenigen Schritten den Teppichbelag und erreichten den Marmorboden im Bereich der Bar. Der Untergrund sah grau und weiß aus, die Hocker waren mit einer ebenfalls grauen Sitzfläche aus Stoff bezogen. Am schmalen Ende der hufeisenförmigen Theke ließen wir uns nieder.
Von hier aus konnten wir auch den Eingangsbereich überblicken, und darauf kam es mir besonders an.
Amos Levi stützte die Ellenbogen auf die Theke und schüttelte den Kopf. »Ich bin noch immer benommen. Wenn ich daran denke, überkommt mich das große Zittern.«
»Das geht vorbei.«
»Sie sagen das so. Wahrscheinlich sind Sie es gewohnt.«
»Kann man behaupten.«
Der Keeper erkundigte sich nach unseren Wünschen, und ich schaute Amos fragend an.
»Einen Kaffee und einen doppelten Cognac.«
»Sehr wohl.«
»Für mich auch.«
»Danke. Geht das aufs Zimmer?«
»Nein, ich zahle bar«, sagte Levi.
Ich kramte Zigaretten hervor und bot meinem Nebenmann ein Stäbchen an. »Nein, danke, nicht mehr.«
»Ist auch besser, aber manchmal überkommt's mich eben. Das ist jetzt wieder der Fall.«
Die Espressomaschine zischte, die Brühe lief schwarz in die Tassen. Der Cognac war schon serviert worden, und Amos umklammerte den Schwenker mit beiden Händen, damit das Zittern nicht so auffiel. »Ich trinke auf die zweimalige Lebensrettung«, sagte er leise. »Beim erstenmal hätte mir das Schwein wahrscheinlich die Pulsadern
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