0774 - Baphomets böse Brut
vorkommen wie in einem hochkantstehenden Sarg.
Von einem Sarg hatte mir Amos ebenfalls berichtet. Er war nicht wieder aufgetaucht. Wahrscheinlich würde er erst dann erscheinen, wenn ich tot war. Soweit wollte ich es allerdings nicht kommen lassen. Endlich erschien Licht hinter dem kleinen Sichtfenster, der Fahrstuhl war da. Amos wollte schon einsteigen, ich aber drückte ihn zurück. »Nein, nein, lassen Sie mich mal.«
»Trauen Sie dem Braten nicht? Dann hätten wir doch die Nottreppe nehmen können.«
»Vielleicht haben die anderen darauf nur gewartet.«
Als ich die Tür aufzog, hörte ich sein gemurmeltes ›Kann sein‹. Ich schaute in die Kabine.
Sie war leer.
Kein Monster, keine Gefahr - oder? Ich schaute mich um und blickte auch zur Decke. Da war nichts, was auf eine Falle hingedeutet hätte. Sogar die Beleuchtung war eingeschaltet. Die Lampen waren hinter den Leisten, dicht unter der Decke versteckt, so daß die Helligkeit zumeist nach oben strömen konnte.
»Alles klar?«
Amos erhielt keine Antwort. Ich betrat den Lift, und er folgte mir. Ich drückte auf den Knopf mit dem H für hall .
Levi lehnte an der Wand. Er war bleich und leicht in den Knien eingesackt, doch so schlecht wie vor einer guten halben Stunde ging es ihm nicht mehr. »Irgendwie habe ich das Gefühl, daß wir es überstanden haben, Mr. Sinclair.«
»Das hoffe ich für uns.«
Der Lift fuhr an. Er zitterte etwas, und ich dachte daran, ob es normal war. Es war kein Expreßlift, er fuhr mit normaler Geschwindigkeit, mir aber kam es so vor, als wäre er gerade in unserem Fall langsamer als üblich. Da stimmte etwas nicht. Während wir nach unten glitten, hatte ich das Gefühl, daß wir beide zusammen mit dem Lift auf der Stelle schwebten. So als würde man sich auf einem Laufband bewegen und nicht von der Stelle kommen, weil das Band in die entgegengesetzte Richtung führte.
Ich sah Levis besorgten Blick und hörte danach seine Frage. »Sagen Sie, ist das normal?«
»Was?«
»Daß ich den Eindruck habe, überhaupt nicht von der Stelle zu kommen, sondern irgendwo zu schweben, zwischen Himmel und Erde meinetwegen, in einem Käfig, der sich für die neue Richtung noch nicht hat entscheiden können.« Er wartete auf meine Antwort. Als sie nicht spontan erfolgte, hakte er nach. »Habe ich recht?«
»Kann sein.«
»Sie demnach auch?« Ich nickte.
Er blickte mich an. »O verdammt«, flüsterte er dann. »Jetzt haben Sie uns. Hier kommen wir nicht raus. Oder haben Sie eine Idee, wie wir uns befreien sollen.«
Ich mußte ihn beruhigen und sagte deshalb: »Noch steht es nicht fest, Mr. Levi.«
»Ja, ja«, sagte er wesentlich lauter. »Aber denken Sie daran, daß wir beide das gleiche Gefühl gehabt haben. Wir können uns doch nicht zu gleicher Zeit irren.«
Damit hatte er den Punkt getroffen. Ich wollte nicht mehr reden, weil mich das zu sehr ablenkte.
Zunächst trat ich an die Tür, weil ich dort ein Geräusch gehört hatte. Die Tür bestand aus zwei Metallhälften, die aufeinander zugefahren waren, als wir den Kontakt betätigt hatten. Sie zitterten und prallten aufeinander. Immer wieder.
»Schüttelt da jemand?« flüsterte Levi.
Ich hob die Schultern und konzentrierte mich auf die Fahrerei. Es sollte einfach nicht sein. Noch immer war es mir unmöglich, festzustellen, ob wir nun fuhren oder nicht. Nach wie vor konnten wir mitten im Schacht zwischen den Stockwerken stehen und nur das Gefühl haben zu fahren oder eben nicht von der Stelle zu kommen.
Der Lift war manipuliert worden, und ich dachte daran, ob es nicht doch besser gewesen wäre, hätten wir die Treppe genutzt. Ich hatte wahrscheinlich die anderen Kräfte mehr im Unterbewußtsein unterschätzt und merkte jetzt, wie auch mir der Schweiß aus den Poren brach und ein dünnes Muster auf der Stirn hinterließ.
Ich drehte mich um.
Amos Levi hatte sich gegen die gegenüberliegende Wand gedrückt. In seinen weit geöffneten Augen schimmerte die Panik. Wahrscheinlich sah er sich schon zerschmettert inmitten der Fahrstuhltrümmer unten im Kellerschacht liegen. »Das wird eine Reise in die Hölle!« keuchte er. »Der Teufel wartet bereits mit offenen Armen auf uns. Verdammt, da komme ich nicht mehr mit.«
Ich winkte ab. »Langsam, langsam, das packen wir schon.«
»Wie denn?« Er sprach mit einer Stimme, die ich kaum wieder erkannte, so fremd war sie geworden.
»Abwarten.«
Ich hatte festgestellt, daß sich bei meinem Kreuz etwas tut. Es erwärmte sich und leitete diese
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