0777 - Phantom aus der Vergangenheit
Fontyn.«
»Und?«
»Die kommt mir schrecklich vor.«
Ich lachte glucksend. »Weshalb denn? Nur weil Sir James sie uns ans Herz gelegt hat?«
»Ja und nein. Ich kann mir vorstellen, dass diese Familie der Ausbund an Dekadenz ist. Die wird uns hochnäsig behandeln wie ein Golden Retriever einen Pinscher. Ich bin davon überzeugt, dass einiges auf uns zukommt.«
»Klar, eine Tote.«
»Hat Sir James gesagt.«
»Und du glaubst ihm nicht?«
»Doch. Sogar, dass mit ihr etwas geschehen ist. Dass sie alterte und aus einer jungen Frau von Mitte Zwanzig eine Greisin geworden ist. Das alles nehme ich hin, das könnte auch unser Job sein. Wenn ich jedoch an die Verwandtschaft denke, kriege ich eine Gänsehaut. Die ersticken bestimmt an ihren Konventionen, haben einen irren Stammbaum und zudem eine Menge Geld geerbt. So viel, dass sie von den Zinsen noch immer mehr als satt werden können.«
»Du bist doch nicht neidisch?«
»Nein, John, dafür kennst du mich zu gut. Ich bin nur kein Freund dieses Standes.«
»Mal sehen, ob du Recht hast.«
»Bestimmt.«
Das Grundstück der Familie Fontyn hatten wir längst erreicht. Wir befanden uns auf dem Weg oder auf der Zufahrt, wenn man es genau nehmen wollte, doch bis zum eigentlichen Ziel würde noch eine ganze Menge Zeit verstreichen.
Das Land der Familie war so groß wie manch mittlere Stadt, und es wirkte alles sehr gepflegt und parkähnlich.
Die unmittelbare Umgebung des strikt geradeaus führenden Wegs veränderte sich. Plötzlich reichten die Bäume immer näher heran.
Hohe Pappeln, die schließlich den Weg zu einer Allee machten, und sie führte direkt auf das wuchtige Herrenhaus der Familie zu, das wir am Ende dieser Allee schemenhaft erkennen konnten.
»Wie viele Zimmer mögen die haben?«, murmelte Suko.
»Keine Ahnung. Aus dir spricht der Neid.«
Er winkte ab. »Nein, nicht der Neid. Ich habe einfach das Gefühl, als würde man uns benutzen. Dabei wartet genügend Arbeit auf uns, die viel wichtiger ist.«
»An welche denkst du dabei?«
»Du bist gut. Hast du deinen Knochen-Sessel vergessen? Wir haben noch immer nicht herausgefunden, wer dieser Sessel als Mensch gewesen ist. Eigentlich hätten wir uns darauf konzentrieren müssen, aber was ist? Nichts! Stattdessen laufen wir dieser komischen Familie Fontyn hinterher.«
»Hast du denn eine Spur?«, fragte ich.
»Nein, aber ich hätte ja eine finden können.«
»Wir haben Bill angesetzt, und der wird schon etwas herausfinden.«
»Da bin ich mal gespannt.«
Vor uns öffnete sich die Straße. Es war wie im Film. Das große Rondell mit der kreisrunden Grasfläche in der Mitte, an deren Rand im Sommer Blumen blühten, jetzt aber von einem Gärtner als verwelkte Reste aus der Erde geholt wurden. Der Weg teilte sich. Von zwei Seiten führte er um das Rondell herum, um in eine Zufahrt zu münden, wo drei Limousinen standen. Darunter befand sich auch ein BMW der 3er-Reihe.
Wir stellten unseren Wagen dazwischen und stiegen aus. Ruhe umgab uns, selbst der Gärtner arbeitete so lautlos wie möglich. Hier sollte niemand gestört werden.
»Totenrunde«, kommentierte Suko.
»Damit kannst du Recht haben.« Ich schaute einigen schwarzen Vögeln nach, die über hohen Baumwipfeln hinwegglitten, um die grauen Wolken zu erreichen.
Das große Haupthaus war ein Prachtbau. Die Nebengebäude interessierten mich nicht. Weiter hinten sah ich die viel flacheren Ställe für die Pferde der Fontyns.
Üppig wirkendes und sehr sauberes Mauerwerk. Dazwischen die großen Fenster mit den weiß gestrichenen Rahmen, das mächtige Dach, aus dem die Erker wie Wächter hervorlugten, um jeden Besucher begrüßen zu können, der sich dem Haupteingang näherte.
Natürlich mussten wir über die Stufen einer breiten Treppe schreiten, und natürlich lag nicht ein Blatt auf ihnen. Selbst Moos wuchs nicht zwischen den Ritzen. Alles wirkte sehr gepflegt und sauber, der Gärtner hatte hier wirklich gute Arbeit geleistet.
Eine Klingel sahen wir nicht. Dafür den eisernen Klopfer vor der Tür. Ob er mehr zur Dekoration angebracht worden war, konnten wir nicht feststellen, jedenfalls kam Suko nicht dazu, es auszuprobieren. Wie von Geisterhand geführt, schwang die Tür nach innen und gab uns den Weg in dieses Gebäude frei.
Trotz ihrer Größe hörten wir keinen Laut. Und ebenso lautlos wie ein Kunstgebilde wirkte der Butler, der auf uns gewartet hatte. Mir fielen seine grünen Augen auf und das eckig geschnittene Gesicht.
Er trug das dunkle Haar
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