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0779 - Der Nebelwolf

0779 - Der Nebelwolf

Titel: 0779 - Der Nebelwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Polizist. Gibt es Ärger?« Graves deutete auf einen Sessel, in dem ich fast verschwand, als ich Platz genommen hatte. Ich beobachtete den Mann, wie er zu einem Schrank ging und dort eine Flasche und drei Gläser hervorholte. »Jetzt werden wir erst einmal einen Wacholderschnaps trinken. Der ist gegen alles gut, auch gegen Erkältung«, sagte er mit einem Blick auf seinen Sohn gewandt.
    Der verdrehte nur die Augen, und ich musste lächeln.
    Ich musste aber auch trinken, dennals Gast wollte ich nicht unhöflich sein. Mr. Graves hatte die Gläser gut gefüllt, und der scharfe Wacholderschnaps sauste wenig später durch meine Kehle. Danach schüttelte ich mich, was Graves zu einem Lachen veranlasste.
    »Ja«, sagte er, »das ist ein altes Hausmittel. Wie habe ich wohl meine Grippe so schnell wieder wegbekommen? Nur durch ihn, durch den guten Geist des Hauses. Noch einen?«
    »Nein, danke.«
    »Schade, denn auf einem Bein kann man nicht stehen«, sagte er und schenkte sich ein. Erst nachdem es leer war, bat er mich, zur Sache zu kommen.
    Ich wusste nicht so recht, wie ich anfangen sollte, und schaute zur Balkendecke.
    »Sie wollten also zum Pfarrer«, baute er mir eine Brücke, »und dabei trafen Sie meinen Sohn.«
    »So ist es.«
    »Weiter?«
    »Kennen Sie Hoss Ivory, Mr. Graves.«
    »Ha!« Der Mann lachte auf. »Natürlich kenne ich ihn. Hoss und ich sind Freunde.«
    »Und Ihnen hat er nichts erzählt?«
    Malcolm Graves leckte seine Lippen, um den letzten Tropfen Wacholder zu schmecken. »Nein, sicherlich nicht.«
    »Dann werde ich es Ihnen sagen.«
    Beide Männer schauten mich gespannt und auch ein wenig sorgenvoll an. Sie wussten ja, dass etwas passiert sein musste, sonst wäre ich nicht in Trevine gewesen.
    Ich nahm kein Blatt vor den Mund, berichtete von meinen Erlebnissen und vergaß natürlich auch nicht die Theorien des Hoss Ivory, die über den Friedhof in Umlauf waren.
    Vater und Sohn schwiegen. Das taten sie auch noch, als ich meinen Bericht beendet hatte. Schließlich übernahm Malcolm Graves das Wort und fuhr zunächst mit fünf Fingern durch seinen Bart. »Himmel«, sagte er, »das ist ein hartes Stück.«
    »Stimmt.« Ich räusperte mich. »Was ist Wahrheit, was ist Dichtung? Ich glaube, dass die Wahrheit hier Vorrang hat, und darüber hätte ich gern mit dem Priester gesprochen.«
    Malcolm Graves schaute auf die Tischplatte. »Ich weiß nicht, ob das viel Sinn gehabt hätte. Er hätte Ihnen auch nicht mehr sagen können als wir, Mr. Sinclair. Sie haben vorhin von diesem Heulen gesprochen. Das hörten Sie doch – oder?«
    »Ja.«
    Malcolm runzelte die Stirn. »Ich will Ihnen sagen, dass uns dieses Geräusch leider nicht unbekannt ist. Wir haben es oft genug vernommen, vor allen Dingen in den langen Nächten, und wir wussten, dass sich im Sumpf etwas tat. Dass dort wieder ein schreckliches Leben entstand, von dem wir gehofft hatten, dass es nicht mehr existieren würde. Aber wir haben uns wohl getäuscht.«
    »Das scheint so zu ein.«
    »Aber das sind alte Schauermärchen«, warf der jüngere Graves ein. »Daran glaube ich nicht.«
    Sein Vater hob die Schultern. »Du vielleicht nicht, andere denken nicht so.«
    »Nimmst du das denn für bare Münze, Dad?«
    »Jetzt schon. Oder soll ich Mr. Sinclair für einen Spinner halten? Nein, ich glaube es nicht. Auf dieser Insel im Sumpf liegt etwas Schreckliches begraben, und wenn wir ehrlich sind, mein Junge, wissen wir auch, was es ist.«
    Jim hob einen Arm. »Nichts ist bewiesen.«
    »Und das Heulen?«
    »Da kann sich jemand einen Scherz erlaubt haben, um die Leute zu erschrecken. Ich erinnere mich daran, dass wir als Kinder in den Nebelnächten umhergegeistert sind und gegen die Fenster der Häuser geklopft haben, um danach zu verschwinden.«
    »Das ist kein Kinderkram, und Sie, Mr. Sinclair, sind von Hoss gerufen worden.«
    »Ja, von einem Mann, den die andere Kraft vor meinen Augen wegholte. Dabei weiß ich nicht mal, ob er ertrunken ist. Ich habe ihn wieder auftauchen sehen, und dabei hat er mir nicht den Eindruck einer Leiche gemacht.«
    »Das ist drin.«
    »Was ist er dann?«, rief Jim.
    »Das gleiche wie die Templer, die man vor Hunderten von Jahren auf dem Friedhof verscharrt hat. Ein Teil des Bösen. Wenn man der Geschichte Glauben schenken darf, dann waren die Templer sehr böse. Ich erinnere mich gut an die Legenden.«
    »Was sind schon Legenden?«
    »Sie sind wahr geworden«, sagte ich und ging in meiner Beurteilung noch einen Schritt weiter.

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