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0779 - Der Nebelwolf

0779 - Der Nebelwolf

Titel: 0779 - Der Nebelwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gleich. Bei diesem hier hatte ich den Eindruck, als wäre er ebenso gefährlich, aber anders gefährlich. Er tötete nicht, zumindest nicht direkt, denn er griff die Menschen auf eine andere Art und Weise an, die im Endeffekt ebenso schlimm war. Diese Menschen würden sich verändern und nicht mehrso sein wie sonst.
    Vielleicht degenerierten sie zu Monstren oder auch Menschen, denen alles genommen worden war. Ich konnte es nicht genau sagen und hoffte nur, dass ich mich irrte und alles nicht so schlimm war.
    Ich hatte mich ein wenig zurückgezogen und stand im Schatten der Kirche. Noch immer behielt ich die Laternen im Auge. Der schwarze Nebel saugte ihnen die Energie aus; die Leuchtkraft wurde schwächer. Wie Schleier umfingen die Nebelinseln auch den Kirchturm.
    Ein Schrei im Ort ließ mich zusammenzucken. Ein sehr schriller Laut, kein Heulen, auch kein Todesschrei. Nur konnte ich schlecht unterscheiden, ob der Schrei von einem Menschen oder einem Tier abgegeben worden war. Er verstummte in einem lang gezogenen Wimmern. Dann hörte ich ein schrilles Lachen, dann Schritte.
    Zuerst war für mich nicht herauszufinden, woher sie kamen, aber sie bewegten sich in meine Richtung. Der normale Dunst verzerrte die Echos etwas, die Tritte hörten sich an, als würden ihre Echos sofort danach wieder verschluckt.
    An der linken Seite sah ich das Gitter. Dort bewegten sich auch die kahlen Zweige der Büsche wie im Zickzack. Auslöser war ein Tier.
    Eine Katze hatte sich durch die Lücke gezwängt. Sie war es auch, die den Schrei ausgestoßen hatte. Sie war verletzt, schrie wieder erbarmungswürdig, schleppte sich weiter, geriet in meine Nähe, und ich sah, dass ihr Fell an einer Seite nass war. Die Augen der Katze leuchteten wie türkisfarbene Diamanten. Sie suchte die Deckung der Kirchenmauer. Dicht vor mir blieb sie liegen.
    Ich nahm mir noch die Zeit, über ihren Kopf und den Nacken zu streicheln und spürte dabei, wie sie zitterte. Im Schein meines Feuerzeugs besah ich mir die Verletzung. Der Streifen lief quer über ihren Rücken. Da war das Fell auch eingeschnitten. Jemand musste das Tier mit einem Messer verletzt haben. Zum Glück war die Wunde nicht tief. Ich hoffte, dass die Katze die Zähigkeit besaß, um überleben zu können. Jedenfalls musste sie in Ruhe gelassen werden. Es war wichtig, jedes Lebewesen vor diesem verdammten schwarze Nebel zu retten, der immer mehr zu einer tödlichen Flut geworden war.
    Da waren Schritte!
    Geräusche, die ich kannte. Lauernde Schritte. Jemand schien sich anzuschleichen.
    Er war es auch, bewegte sich dicht am Zaun entlang und streifte dabei die Büsche, was meine Aufmerksamkeit wieder darauf lenkte.
    Eine unnatürlich klingende Stimme – es war kaum festzustellen, ob sie einem Mann oder einer Frau gehört – lockte die Katze.
    »Komm, kleine Muschi, komm her, du Kätzchen. Ich habe was für dich…« Die Stimme verstummte, ich hörte das Kichern, dann sah ich plötzlich die Gestalt nahe des Kirchengrundstücks. Sie stand am Tor und entpuppte sich als Mensch. Dass sie mir trotzdem vorkam wie eine Gestalt aus dem Film der unheimlichen Begegnung der dritten Art, lag wohl an dem großen kahlen Kopf. Kein Haar war zu sehen. Dieser noch junge Mensch hatte eine Glatze. Er war die Bösartigkeit in Person, denn in seiner Hand hielt er einen scharfen gekrümmten Gegenstand, eine Sichel.
    »Komm her, Kätzchen, komm…« Seine Stimme war von einer tödlichen Weichheit. Das hatte auch die Katze bemerkt. Sie bekam Angst, fauchte in meinem Rücken.
    Ich bewegte mich nicht und hoffte, dass mich der Schatten der Kirchenmauer aufsaugte. Der Nebel hatte sich wieder etwas verzogen, um sich neue Opfer zu suchen. In dieser Umgebung hatte er ein Erbe hinterlassen, eben diesen jungen Mann mit dem kahlen Kopf, der sicherlich normalerweise ganz harmlos war, nun aber diesem mörderischen Kreislauf nicht mehr entkommen konnte.
    Er trug eine weite Jacke, die sich noch mehr weitete, als er die Arme ausbreitete und so dastand wie ein Bauer, der seine Hühner locken wollte.
    Die Katze fauchte wieder, sie miaute auch, sie hatte Angst. Ich konnte sie von meinem Standort soeben noch erkennen und bekam auch ihre Bemühungen mit davonzukriechen.
    Das Tier schaffte es nicht. Es konnte sich nur noch die Wunde lecken. Sein Jäger hatte die Laute sehr wohl verstanden. Ich hörte ihn freudig jauchzen.
    Dann lief er vor.
    Er verließ den schwachen Schein der Laternen, wurde zu einem Schatten, der einzig und allein auf die

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