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0779 - Der Nebelwolf

0779 - Der Nebelwolf

Titel: 0779 - Der Nebelwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Katze fixiert war und nicht nach links und rechts schaute.
    Ich wartete so lange, bis er seinen Lauf gestoppt hatte. Er stand vor der Katze, bückte sich, streckte die linke Hand aus, um das Tier hochzuziehen.
    Mit der Rechten holte er schon aus.
    Ich war bei ihm. »Lass es sein!«
    Er hörte meine Stimme und wurde zu Eis. Er wusste nicht, wie er mich einschätzen sollte, ich stand nicht weit von ihm weg, und das wollte er ausnutzen.
    Er wirbelte herum.
    Ich sah die Sichel blitzen. Ein tödlicher Gruß, der mich treffen sollte, doch ich war zu weit weg. Sein Arm wurde zwar lang und länger, aber er senste an mir vorbei. Dann kratzte der Stahl über die Kirchenmauer, und der Schlag hatte sich verlangsamt.
    Ich schlug ihm auf den Kopf.
    Der Lauf der Beretta hatte den Tierquäler getroffen, bevor er zu einem zweiten Hieb ausholen konnte. Er taumelte zur Seite und war schon schwach in den Knien geworden. Seine Arme sackten nach unten. Es sah so aus, als hätten sie den Körper dabei mitgezogen, und er fand auch nicht mehr die Kraft, sich zu erheben.
    Auf der Seite blieb er liegen, die Waffe noch immer festhaltend.
    Ich setzte meinen Fuß auf sein rechtes Handgelenk. Er zeigte keine Reaktion mehr.
    Rasch hatte ich ihn entwaffnet und die Sichel fortgeschleudert.
    Dann kümmerte ich mich um den Glatzkopf. Die Katze schrie leise, als ich ihn in die Höhe zerrte.
    Eigentlich kannte ich meine Schläge. Im Laufe der Zeit hatte ich gelernt, sie zu dosieren, und hier hatte ich diese Kenntnisse wieder eingesetzt. Der Glatzkopf war nicht bewusstlos, sondern groggy wie ein Boxer nach zehn Runden.
    Ich musste ihn gegen die Kirchenwand lehnen. Sein Kopf war zur Seite gesunken, der Mund stand offen. Seine Lippen waren speichelnass, und Stöhnlaute drangen aus dem Rachen. An einer bestimmten Stelle des Kopfes war die Haut aufgeplatzt, und ein feiner Blutstreifen hatte sich freie Bahn verschaffen können.
    »Kannst du reden?«
    Er »blökte« irgendetwas.
    Es hatte keinen Sinn, wenn ich so weitermachte. Deshalb legte ich ihn wieder auf den Boden, diesmal rücklings, sorgte dafür, dass sich die Kirchenwand in meinem Rücken befand, so konnte ich nicht überrascht werden. Ich leuchtete in sein Gesicht.
    In seinen Augen zuckte es. Er war also nicht ganz weggetreten, das empfand ich als gut. Aber sein Blick sagte mir eigentlich alles. Er war gebrochen, nicht wie bei einem Toten, nein, ausihm war das Leben einfach entwichen. Er zeigte keine Gefühle mehr, nicht einmal Hass, er war einfach leer. Hatte die fremde Kraft etwa alles Menschliche aus ihm herausgesaugt?
    »Hörst du mich?«
    Er hatte mich verstanden, doch seine Antwort war nicht mehr als ein Lallen.
    Ich schlug leicht gegen seine Wangen und wunderte mich, dass ich Erfolg hatte, denn plötzlich konnte er sprechen. »Ich muss sie alle umbringen. Ich bin der Jäger. Ich hole mir die Tiere, die Katzen, die Hunde, ich hole mir alle…«
    »Warum?«
    »Ich schlitze sie auf.«
    »Und dann?«
    »Ich schlitze…«
    Tief atmete ich durch. Ich wusste nicht, was ich mit diesem Menschen anfangen sollte. Er war in einen fremden, fürchterlichen Bann geraten. Die Kontrolle über sich selbst hatte er nicht mehr. Er folgte einzig und allein seinem neuen Trieb, der ihm befahl, alle Tiere aufzuschlitzen.
    Ich musste diesen Mann aus dem Verkehr ziehen und wusste jetzt auch, wie ich das machte. Ich schleifte ihn dorthin, wo sich der Zaun befand. Das Handschellenpaar aus reißfestem Kunststoff trug ich immer bei mir. Auch jetzt leistete es mir wertvolle Dienste, als ich den Glatzkopf an das Gitter fesselte. Wenn er da fliehen wollte, musste er schon den Zaun aus dem Beton reißen.
    Bevor ich die Umgebung der Kirche verließ, schaute ich noch einmal nach der Katze. Sie lag zusammengerollt neben der Mauer und leckte ihre Wunde. Ich streichelte sie, was ihr gut tat. Als sie den Kopf hob und mich anschaute, da glaubte ich sogar, Dankbarkeit in ihren Augen zu lesen.
    Wie ging es jetzt weiter. Das Auftauchen des Tierschlitzers hatte mich zu lange aufgehalten, aber meinen ursprünglichen Plan nicht gestört. Ich wollte zurück zu dem Küster, um von dort die Kette der Anrufe zu beginnen.
    Als ich den Glatzkopf passierte, brabbelte er etwas vor sich hin. Er sprach davon, dass er alle Tiere aufschlitzen würde, er kicherte, er glotzte mich an, ohne mich zu erkennen. Dann bellte er plötzlich, im nächsten Augenblick knurrte er, und mir tat dieser junge Mann sehr Leid. Er trug nicht persönlich daran die Schuld,

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