0779 - Tod in Merlins Zauberwald
kann sich an den Aufenthalt auf der Insel erinnern. Uns wurde offenbar die Erinnerung daran genommen. Wir wissen nur, dass wir alle wiederbelebt worden sind. Wie das geschah, wissen wir nicht.«
»So richtig weiß ich das auch nicht«, gestand Tendyke. Zamorras Bericht hatte ihn nachdenklich gemacht. Für einige Sekunden befand er sich geistig in jener Zeit. Dann hatte er sich wieder gefangen.
»Worauf willst du hinaus?«, fragte er leicht ungehalten.
»Wir müssen nach Avalon, Rob!«
Tendyke hielt den Atem an. Wusste Zamorra überhaupt, was er da verlangte?
»Vergiss es, Alter! Du musst erst sterben, um dorthin zu gelangen. Soweit mir bekannt ist, gibt es keine andere Möglichkeit für dich, zur Feeninsel zu gelangen. Übrigens auch für mich nicht.«
»Das weiß ich doch«, sagte Zamorra. »Allein komme ich nicht nach Avalon, nur durch dich.«
Der Firmenchef schloss die Augen. Er wollte nicht glauben, was sein Freund da verlangte. Das konnte, nein, das durfte nicht wahr sein!
»Zamorra«, keuchte Tendyke. Er sprach sehr langsam, als wollte er seine Gedanken ordnen. »Wir sind doch schon sehr lange befreundet. Und jeder von uns hat dem anderen geholfen, wann immer er in Not war…«
»Sicher, Rob. Aber…«
»Unterbrich mich bitte nicht«, forderte Tendyke. »Du weißt, dass du sehr viel von mir haben und verlangen kannst.«
»Ja, aber…«
»Nichts aber. Verstehe ich dich richtig? Du willst auf dem einzigen dir möglichen Weg nach Avalon gelangen? Nämlich auf dem Umweg über mich.«
»Sonst würde ich dich nicht anrufen. Ohne dich geht es nicht.«
»Du weißt, was du von mir verlangst, Zamorra?« Tendykes Gesicht war gerötet vor Zorn. Er wollte nicht glauben, welches Opfer Zamorra von ihm haben wollte.
Das kann er doch nicht ernst meinen! Alles , nur DAS nicht!
»Ja, verdammt noch mal!«
»In diesem Fall müssten wir beide sterben!«
***
»Scheiß drauf, Alter! Du hast doch einen an der Klatsche! Du spinnst doch total!« Tendyke holte stoßweise Atem. Seine Hände zitterten vor unterdrücktem Zorn. Er zwang sich, langsam und leise zu sprechen. »Ich weiß nicht, ob unsere Freundschaft unter diesen Umständen aufrechtzuerhalten ist.«
»Das meinst du doch nicht ernst.« Zamorra war geschockt über diese Drohung.
»Doch«, bestätigte Robert Tendyke. »Ich meine es so, wie ich es gesagt habe.«
Zamorra biss sich auf die Lippen. Wie sollte er es schaffen, Tendyke zu überreden, seinem Plan zuzustimmen? Er sah ein, dass er sich wie ein Elefant im Porzellanladen verhalten hatte. Er hätte zuerst erzählen müssen, was er und seine Gefährten in Broceliande erlebt hatten. Erst danach hätte er fragen dürfen, ob Tendyke zu diesem Opfer bereit war.
Auf der anderen Seite war er nach dem Besuch des Zauberwaldes zu erschöpft und enttäuscht gewesen, als dass er genau überlegt hätte, wie er seinen Freund bitten sollte, ihm zu helfen. Natürlich war es eine Zumutung, was er von ihm wollte. Es bedeutete ja nichts anderes, als dass Tendyke mit Zamorra sterben sollte, um auf Avalon wiedergeboren zu werden. Ihm war auch klar, dass Tendyke sich mit Händen und Füßen gegen seinen Vorschlag wehren würde. Das wusste er, und aus diesem Grund war er auch so angespannt gewesen.
Aber die harte Reaktion des Firmenchefs traf ihn bis ins Innerste. Er hatte zwar mit Beschimpfungen gerechnet, auch damit, dass gewisse Beleidigungen folgen würden. Sogar damit, dass der Sohn des Asmodis einfach aufgelegt hätte. Aber nicht damit. Die Drohung, ihre Freundschaft zu beenden, empfand er als überzogen.
Er holte sein Versäumnis nach und erzählte Tendyke von den Erlebnissen am Zauberbrunnen. Er ließ nichts aus, auch nicht, dass sie es nicht geschafft hatten, den Brunnen zu aktivieren. Im Gegenteil, er schilderte ihr Scheitern so, dass der Sohn des Asmodis Verständnis für seine Bitte haben musste.
Doch das hatte er nicht.
»Zamorra, ich habe keine Erinnerungen an meine früheren Aufenthalte«, machte er dem Professor klar. »Ich weiß also nicht, was uns erwartet.«
»Aber du bist doch schon oft in Avalon gewesen.«
»Zamorra, nach Avalon können nur Tote gehen.« Wollte er nicht hören - oder konnte er nicht?
»Aber wenn du dich darauf einlässt und mich mitnimmst - wenn ich es vorher weiß, kann ich Vorkehrungen treffen, sodass wir uns später erinnern können«, behauptete der Parapsychologe.
»Jetzt bist du wohl komplett übergeschnappt, Zamorra!«
»Aber du hast es in den vergangenen Jahren doch schon
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