0780 - Der Geist des Baphomet
Ja, genau die musste es sein. Dieses Haus war verlassen, nicht nur von den Menschen, sondern auch von anderen Dingen, die er nicht genau identifizieren und deshalb auch nicht erklären konnte. Hier hatte das Gute, das Positive die kleine Welt für sich verlassen. Die Freude gab es nicht mehr.
Angst und ein bedrückender Negativismus hatte sich in diesem Haus ausgebreitet. Suko konnte ihn sich nicht erklären, nur war er froh darüber, dass die Templer früh genug die Flucht ergriffen hatten. Auch sie mussten gespürt haben, was sich hier anbahnte, und Suko wollte herausfinden, wo sich das Böse verborgen hielt.
Er dachte an die schwarze Flut, die seine Gedanken überschattete, denn auch er fühlte sich als anderer und kam sich plötzlich vor, als hätte man ihn gefangengenommen. Das Böse war da, es hielt sich nur in den Wänden, den Decken oder den Böden versteckt, sodass Suko es nicht sehen, sondern nur fühlen konnte.
Es wollte ihn…
Bleiben, fliehen? Versuchen, die Templer zu finden und mit ihnen nach einer Lösung zu streben?
Es schossen ihm schon einige Gedanken durch den Kopf. Dann dachte er wieder an einen Mann namens Alain Ducasse. Seinetwegen hatte er das Haus der Templer überhaupt betreten, doch er hatte von ihm nichts gesehen.
Das ließ auf einiges schließen, auch auf schlimme Dinge, doch Suko verhielt sich nach wie vor ruhig. Er wollte nicht nach Alain rufen. Ihn musste er auch so finden.
Niemals zuvor hatte er diese Gefühle im Haus der Templer erlebt.
Das Gute war daraus verschwunden. Hier hatte sich zwischen den Wänden ein schrecklicher Geist breit gemacht, der alles, was ihm gegenüberstand, in seinen Bann zog.
Er hasste die Menschen, er wollte keine Liebe, keine Freunde, er war das Böse.
Suko wunderte sich über seine eigenen Gedanken und auch darüber, dass er sich kaum gegen sie kehrte und sie so hinnahm, wie sie in sein Gedächtnis drangen.
Was war mit ihm?
Etwas berührte ihn, ohne dass er es sehen konnte. Es tastete sich auf seinen Kopf vor, glitt über seine Stirn, war sogar von ihm zu spüren.
Ein unsichtbarer Nebelstreif umflorte ihn wie ein Ring, und der Inspektor fühlte sich immer unwohler. Er hatte längst festgestellt, dass dieses Haus nicht leer war. Hier herrschte eine Kälte, wie sie nur das Böse hervorbringen konnte.
Er dachte an den Knochen-Sessel.
Ihm fiel auch ein, wo dieses makabre Möbelstück stand. Durch das Eindringen des Bösen sah er auch Gefahr für den Sessel.
Deshalb ging er weiter, weil er sich überzeugen wollte, ob es ihn noch gab.
Sehr gut erinnerte er sich daran, welche Qualen er auf dem Knochen-Sessel sitzend ausgestanden hatte. Eine furchtbare Folter, die ihn beinahe das Leben gekostet hätte. Der Sessel stand nur im Arbeitszimmer des Abbé Bloch. Suko glaubte nicht, dass die Templer ihn bei ihrer Flucht mitgenommen hatten, aber er ging sehr behutsam vor, als er die Tür öffnete.
Ein Blick in das Zimmer, ein Blick nach links, und er sah den Sessel direkt neben dem Fenster stehen. Nichts hatte sich an ihm verändert, sogar das Kissen war noch vorhanden. Die kleine Mulde in seiner Mitte zeigte ihm an, dass des Öfteren jemand darauf gesessen hatte, und Suko spürte zum ersten Mal so etwas wie einen positiven Kick, seitdem er das Haus betreten hatte.
Er ging durch den Raum.
Der Abbé hatte das größte Zimmer. Nicht, weil er es unbedingt gewollt hätte, nein, er brauchte eben die Atmosphäre seiner zahlreichen Bücher, die sich in den Regalen stapelten. Zwar konnte er sie nicht mehr lesen, er freute sich nur über ihr Vorhandensein. Sie schienen ihn an frühere Zeiten zu erinnern, und es gab auch Menschen, die dabei waren, die wichtigsten Werke in die Blindenschrift zu übertragen.
Suko ging auf den Sessel zu.
Ein Knochengestell mit einem Totenschädel, der in der Mitte der Rückenlehne den Betrachter anglotzte. Man konnte sich vor seinem Anblick fürchten, doch Suko dachte anders darüber. Dieser Sessel war ungemein wichtig für die Menschen, die ihn beherrschten. Er war der Weg in eine andere Welt, auf die Insel der Äpfel, die den Namen Avalon trug.
Vor dem Sessel blieb er stehen und strich mit seiner Handfläche über das Gebein. Er bedauerte es, dass der Knochen-Thron nicht sprechen konnte, und er fragte sich auch, ob dieser Sessel etwas von der bösen Atmosphäre gespürt hatte, die im Haus der Templer existierte. Wenn ja – hatte sie ihn dann verändert?
Es war Suko unmöglich, dies herauszufinden, und so drehte er sich wieder
Weitere Kostenlose Bücher