0780 - Vorstoß nach Avalon
Shiva-Tempel betest, und dann kommt ein Kaugummi kauender Tourist in Shorts herein - wie würde dir das gefallen?«
Asha schlug die Augen nieder. »Schätze, die Zeit reicht sowieso nicht für eine Tempelbesichtigung. Da kommt ja schon diese Onda wieder!«
Die Zauberpriesterin schritt würdevoll auf die Gruppe zu.
»Folgt mir«, sagte sie. »Ich geleite euch zu eurer Unterkunft. Dort könnt ihr übernachten, bevor ihr morgen früh abreist. Aber ihr dürft das Haus nicht verlassen. Es wäre zu gefährlich.«
»Warum?«, fragte Zamorra.
Doch Onda hüllte sich in Schweigen. Der Dämonenjäger bohrte nicht weiter nach. Er beschloss, lieber auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Denn Geheimnisse hatte Avalon genügend zu bieten.
Eine der untergeordneten Zauberpriesterinnen führte die Gefährten zu einem kleinen Haus am Ortsrand. Offenbar war es kurzfristig und überraschend geräumt worden, um den ungebetenen Gästen Obdach zu bieten.
Das Gebäude war nicht viel größer als eine Sozialbauwohnung, bestand allerdings nur aus zwei Räumen. Der eine glich eher einer Kammer. Dort gab es Waschgelegenheiten und ein seltsam aussehendes Klo, das aber offenbar auf demselben technischen Prinzip beruhte wie ein westeuropäisches WC.
Das andere Zimmer sollte wohl einen kombinierten Wohn- und Schlafraum darstellen. Jedenfalls gab es dort flache Liegen mit genügend Decken für alle Gäste.
»Home, sweet home!«, sagte Nicole mit trockenem Humor, nachdem die einheimische Priesterin gegangen war.
»Wirklich sehr süß!«, fauchte Asha. »Glaubt ihr im Ernst, dass ich mit den Kerlen da«, - sie deutete mit dem Daumen auf Zamorra und Gryf -, »in einem Raum übernachte?«
»Du kannst ja im Badezimmer schlafen«, schlug Teri vor. »Leider gibt es dort keine Badewanne. Es dürfte also etwas hart werden mit der Decke auf dem Steinboden.«
Ashas Augen funkelten. Doch bevor sie ihren nächsten Tobsuchtsanfall bekommen konnte, ergriff Zamorra das Wort.
»Ich habe ohnehin nicht vor, die Nacht mit Schlafen zu verschwenden. Hier in Avalon stimmt etwas nicht. Und ich möchte herausfinden, was los ist.«
»Sehr gut«, sagte Nicole tatendurstig. »Ich komme mit, Chef.«
Der Dämonenjäger schüttelte den Kopf. »Ich möchte lieber Gryf auf meinen Erkundungsgang mitnehmen. Seine Fähigkeit des zeitlosen Sprunges kann uns im Notfall sehr nützlich sein. Ihr Ladies bildet besser eine Eingreif-Reserve, wenn wir in die Bredouille geraten.« Er machte eine kurze Pause. Dann fügte er ironisch hinzu: »Außerdem kann sich Miss Devi dann zur Ruhe legen, ohne dass ein männliches Wesen in ihrer Nähe ist. Ich wäre doch untröstlich, wenn ich sie um ihren Schlaf bringen würde.«
»Was bildest du dir eigentlich ein, Zamorra?«, giftete Asha. »Ohne mich wärt ihr niemals nach Avalon gekommen! Wieso übernimmst du plötzlich das Kommando? Du hast mir gar nichts zu befehlen! Und überhaupt…«
»Du wolltest doch nicht mit den Männern in einem Raum schlafen«, erinnerte Nicole. »Jetzt verschwinden Zamorra und Gryf, aber du bist immer noch nicht zufrieden. Dir kann man es aber auch nie Recht machen!«
»Ich hätte niemals Château Montagne betreten sollen!«, knurrte Asha. .
***
Der geheime Tempelsaal hatte keine Fenster. Es gab nur ein paar Lüftungsschächte. Große Ölkandelaber verbreiteten ein helles, aber unheimliches Licht.
Diese Illumination passte zu dem seltsamen Ritual, das in dem rätselhaften Raum vor sich ging. Onda und einige andere Zauberpriesterinnen waren damit beschäftigt, zwei Tote wieder zum Leben zu erwecken! Ihrer Kleidung nach stammten sie aus einem früheren Jahrhundert.
Allerdings kamen die Priesterinnen nicht recht voran. Die Ergebnisse ihres magischen Rituals ließen zu wünschen übrig. Entsprechend gereizt klang Ondas Stimme.
»So geht das nicht!«
Grimmig musterte sie die Toten. Es handelte sich um eine männliche und eine weibliche Leiche. Sie lagen auf großen Steintischen inmitten des geheimen Raumes.
Eine der Assistentinnen - ihr Name war Bala - druckste herum. »Es ist keine leichte Aufgabe, o Onda…«
»Das weiß ich! Aber wir müssen Erfolg haben!«
Die Zauberpriesterinnen machten sich wieder an den Leichnamen zu schaffen. Sie fuhren fort mit ihrem Ritual. Aber vergeblich.
»Das… das ist nicht gerecht!«, klagte Bala. »Wir stehen hier vor unlösbaren Problemen! Und warum? Doch nur, weil der einst von den ungleichen Brüdern Beschenkte nun schon zum zweiten Mal nicht allein kam,
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