0780 - Vorstoß nach Avalon
nach wie vor sein weiches Licht. Doch es war absehbar, dass bald der Morgen dämmern würde. Asha und Teri lehnten sich gegen einen riesigen Baumstamm, und verschnauften einen Moment lang.
»Denen habe ich es gegeben!«, grinste die Inderin. »Diese Onda kann von Glück sagen, wenn ihre Nase heil geblieben ist.« Sie lachte hämisch.
Die Druidin konnte sich ihrer Schadenfreude nicht anschließen. »Ich schätze, die werden nicht so schnell aufgeben, Asha. Sie sind uns gewiss auf den Fersen.«
»Und wenn schon!« Die Inspektorin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Vor diesen Zauber-Tussis habe ich keine Angst. Die müssen etwas früher aufstehen, wenn sie eine Asha Devi kriegen wollen!«
Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, als es im Gebüsch knackte.
»Lange haben sie wohl doch nicht gebraucht«, meinte Teri trocken.
»Die können schon mal ihre Knochen nummerieren!«, fauchte Asha.
Sie packte ihren Schlagstock fester. Gerne hätte sie auch ihre Gebetsmühle eingesetzt. Aber auch die Magie dieses tibetischen Kultgegenstandes war »erloschen«, das hatte die Inderin zu ihrem größten Bedauern feststellen müssen.
Asha hob ihren Holzstock. Doch zwischen den Ästen erschienen keine Zauberpriesterinnen aus Avalon… sondern Gryf!
»Nicht schlagen!«, stöhnte der Druide. »Ich habe schon von Ten eine Schädelmassage bekommen, die ich so schnell nicht vergessen werde.«
»Von Ten?«, echote Teri verblüfft.
Der Silbermond-Druide berichtete in Kurzfassung von der denkwürdigen Begegnung, die Zamorra und er mit Robert Tendyke gehabt hatten. Teri hingegen erzählte ihm, was die Nicole aus der Spiegelwelt getan hatte.
»Moment mal!« Aus Asha Devis Stimme konnte man deutlich das Misstrauen heraushören. »Woher wissen wir eigentlich, dass dieser Vogel nicht auch aus der Spiegelwelt stammt? Ich meine, er sieht genauso aus wie der andere blonde Druide! Aber das traf auf die böse Nicole Duval ebenfalls zu…«
Teri und Gryf schauten einander in die Augen.
»Sie hat Recht«, sagte der Silbermond-Druide. »Ich könnte wirklich der falsche Gryf sein. Aber ich kann beweisen, dass ich der echte bin.«
»Da bin ich ja mal gespannt«, knurrte Asha. Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich werde sagen, was Teri und ich in der Nacht getan haben, bevor wir vom Château Montagne abgereist sind.«
»Und was wäre das?«
»Ich sage es Teri lieber ins Ohr. Ich will dich schließlich nicht schockieren.«
Asha wäre beinahe explodiert. Gryf näherte sich Teri und wisperte ihr etwas zu. Die Druidin kicherte.
»Er ist der echte Gryf«, erklärte sie dann. »Jedenfalls kennt er alle Details… Möchtest du sie nicht doch hören?«
»Davon will ich gar nichts wissen!«, blaffte die Inspektorin. »Schön, du bist also kein Spiegelwelt-Halunke… Und wie geht es weiter?«
»Wir sollten versuchen, Zamorra und Nicole wiederzufinden«, schlug der Silbermond-Druide vor. »Offenbar sind sie ja beide entführt worden. Und zwar von Geschöpfen aus der Spiegelwelt. Ich würde gerne meine magischen Fähigkeiten einsetzen, aber leider haben sie bisher versagt.«
»Das scheint hier so üblich zu sein«, seufzte Teri.
»Dann muss es eben ohne Magie gehen«, knurrte Asha. »Gryf, hast du eine Ahnung, wohin dieser falsche Tendyke mit Zamorra verschwunden sein könnte?«
Der Silbermond-Druide schüttelte den Kopf. »Ich vermute ja nur, dass er Zamorra entführt hat. Ihr habt ja wohl auch nicht gesehen, dass Nicole gekidnappt wurde.«
»Wenn diese Kreaturen sie umgebracht hätten, wäre es einfacher gewesen, die Leichen an Ort und Stelle liegen zu lassen«, stellte Asha fest. »Ich als geschulte Kriminalistin…«
Die Inderin unterbrach sich selbst, was selten genug vorkam. Aber es gab dafür einen guten Grund.
Teri, Gryf und Asha waren nicht mehr allein.
Eine Zauberpriesterin schwebte in der Luft über ihnen. Da sie fliegen konnte, wurde sie auch nicht durch ihre langen, wallenden Gewänder behindert.
Die fliegende Angreiferin hatte es auf Asha Devi abgesehen. Sie hob ihr Breitschwert. Mit dieser Waffe konnte sie die Inderin in zwei Hälften spalten!
***
Nicole stiefelte durch das Unterholz. Die ersten Sonnenstrahlen kündigten den Aufgang des Tagesgestirns an. Aber auch das Mondlicht von Avalon hätte ausgereicht, um sie ihren Weg finden zu lassen.
Sie fühlte sich stärker als je zuvor in ihrem dämonischen Leben. Kein Problem für sie, ihr Ebenbild aus der anderen Welt auf der Schulter zu tragen. Der Kopf der
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