0782 - Knochenbrut der alten Templer
von dem Siegel aus, dessen Farbe sich änderte.
Das Kreuz reagierte! Urplötzlich strahlte es in einem hellen Glanz auf. Ein kaum beschreibbares Licht irrte durch die Finsternis der Kathedrale. Die Kerzenflammen waren nicht mehr zu sehen, es gab nur diese ungewöhnliche Helligkeit, die so bleich und gleichzeitig strahlend war, dass alle Gegenstände und Personen so wirkten, als wären sie zwischen diese Wände hineingemalt worden.
Sie wirkten wie Tote, sie waren bleich, sie standen unbeweglich, aber sie spürten die positive Kraft des Kreuzes und des Lichts, die nun den Kampf gegen die schwarze Flut aufnahm.
***
Ich wusste nicht, ob es richtig gewesen war, was ich getan hatte, aber ich wollte in dem wie ausgestorben wirkenden Ort nicht mehr länger bleiben. Es trieb mich einfach hinaus. Zudem stand mir der Wagen zur Verfügung, so dass ich nicht zu weit laufen musste.
Den Weg zur Kathedrale konnte ich mit geschlossenen Augen gehen. Selbst in der Dunkelheit würde ich ihn finden, nur kam ich mit dem Auto nicht bis in seine unmittelbare Nähe. Ich musste den Wagen am Beginn des Hanges stehen lassen und den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen.
Alet-les-Bains lag hinter mir. Auf der einen Seite war ich froh, dass der veränderte Templer nicht mehr lebte. So konnten die Bewohner wenigstens aufatmen, andererseits machte ich mir noch immer Vorwürfe, dass ich nichts unternommen hatte, um ihn zu retten. Aber es war einfach zu schnell gegangen, und jetzt kam es darauf an, weiteren Schaden zu vermeiden.
Ich rollte durch eine dunkle, tiefe und auch schweigende Landschaft, orientierte mich an dem Scheinwerferlicht, das die Finsternis immer wieder durchbrach und die von den Reifen aufgewirbelten Wolken wie Nebel aussehen ließ.
Es war keine karge Gegend. Der raue Winterwind pfiff um meinen Wagen. Längst hatten die wenigen Bäume ihre Blätter verloren. Wie Gerippe klammerten sich manche Stämme in dem Fels fest. Viele Bäume waren schief gewachsen, und ihre Zweige sahen aus, als wollten sie nach jedem greifen, der sich ihnen zu sehr näherte.
Die Straße beschrieb mehrere Kurven. Es war dieselbe, die ich auch auf dem Hinweg benutzt hatte, bis ich auf einen schmalen Weg abbog.
Er war sehr schmal und auch schlecht einsehbar. Trotz des eingeschalteten Fernlichts hätte ich ihn beinahe noch verpasst. Im letzten Moment riss ich das Lenkrad herum, kriegte auch noch die Kurve und fuhr auf einer wesentlich schlechteren Strecke weiter.
Über die Bildschirme waren des öfteren Aufnahmen von der Mondlandschaft geflimmert. Wenn ich nach vorn schaute, kam es mir so vor, als würde ich durch sie rollen.
Das geisterhafte Fernlicht strahlte tief in die leere Landschaft hinein. Es tanzte im Rhythmus des schaukelnden Fahrzeugs, und es war wie eine bleiche Wand, die eine andere suchte, denn dort befand sich der Weg in die Schlucht.
Das Gelände stieg an.
Geröll bedeckte den Boden. Kleine Steine, glatt und rutschig, als wären sie durch ein großes Sieb gefallen, um sich auf dem Boden zu verteilen.
Zum Glück hatte der Wagen Frontantrieb. Er hielt sich auch auf der schwierigen Strecke relativ gut. Zwar schlingerte er auf dem glatten Geröll, doch ich bekam ihn immer wieder unter Kontrolle. So lange, bis nichts mehr ging und der Pfad ebenfalls verschwunden war.
Ich konnte froh sein, schon so weit gekommen zu sein. Das Fernlicht traf bereits die mächtigen Felsen, die als düsteres Gebirge vor mir in die Höhe ragten. Auch jetzt noch kamen sie mir vor wie eine Laune der Natur. Mit einem normalen Gebirge waren sie nicht zu vergleichen, weil sie einfach isoliert standen. Für mich hatte es auch einen symbolischen Sinn. Der Felsen kam mir vor wie eine Trutzburg gegen die Feinde des Guten.
Bisher hatte sie gehalten, aber würde sie auch der schwarzen Flut trotzen können? In meiner Kehle lag ein bitterer Geschmack, als ich den Wagen verließ und dabei mit dem rechten Bein umknickte, denn ich war auf einen glatten Stein getreten.
Im Wagen hatte die Heizung Wärme verbreitet. Nun aber traf mich der kalte Nachtwind, der sich besonders nahe dieses mächtigen Felsens immer wieder sammelte und ihn ständig umwehte wie ein großer Schwarm mächtiger Geister.
Wieder stellte ich den Kragen hoch, drückte die Autotür zu und machte mich auf den Weg.
Es war meinerseits ein Irrtum gewesen. Das Ende des Hangs hatte ich noch nicht erreicht. Die restliche Strecke musste ich zu Fuß gehen. Sie war zwar nicht relativ steil, aber sie ging in die
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