0782 - Knochenbrut der alten Templer
Jean, der unbedingt wollte, dass die Skelette zerhackt wurden.
»Nein, so einfach wird das nicht sein.«
»Aber sie haben keine Waffen, sie werden…«
Ich gab die Antwort. Inzwischen hatte ich die Autotüren für die Templer geöffnet. »Die Skelette haben einen Auftrag. Daran sollten wir uns gewöhnen. Sie stehen nach wie vor unter dem Einfluss Baphomets, daran solltet ihr immer denken.«
Jean schaute mich fast wütend an.
Er war anderer Meinung, behielt sie aber für sich und stieg ein.
Neben mich setzte sich Lucien.
Als er die Tür zuschlug und ich den Wagen startete, atmete er zum ersten mal auf. »Jetzt fühle ich mich sicherer, John.«
»Tatsächlich? Wie kommt es?«
»Es mag daran liegen, dass ich vor der schwarzen Flut mehr Angst gehabt habe als vor den Skeletten. Sie war nicht greifbar, für sie gab es keine Hindernisse, für die Knöchernen schon.«
»Da kannst du recht haben.«
Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »Ich habe recht, glaube mir, John.«
Nun ja, wir würden sehen.
Um die Knöchernen fuhr ich einen Bogen. Ich raste nicht in sie hinein, zudem kümmerten sie sich auch nicht um uns. Sie gingen unbeirrt ihren Weg, der wie vorgezeichnet war. Auf mich machten sie den Eindruck, dass sie noch etwas Bestimmtes vorhatten. Ich fuhr langsamer und blieb eigentlich auch auf gleicher Höhe mit ihnen, so dass ich sie relativ gut beobachten konnte.
Ihre Körper bewegten sich in einem wiegenden Rhythmus, was auch am etwas abfallenden Untergrund lag, aber die Knochenköpfe hatten sie erhoben, um gegen den dunklen Nachthimmel zu schauen, als gäbe es dort etwas Außergewöhnliches zu entdecken.
Das war in der Tat so.
Nicht dass sich der Himmel großartig verändert hätte, aber er bekam eine andere Farbe, und wir konnten die Wolken deutlicher erkennen. Sie verteilten sich wie kleine Wattebäusche, und auch sie hatten die rötliche Farbe der Skelette angenommen.
»Da!« rief jemand vom Rücksitz her. »Da, seht doch! Verdammt, das ist unmöglich…«
Ich stoppte.
Zwei Augen, riesengroß, zeichneten sich auf dem Himmel ab.
Auch sie schimmerten rot bis violett, aber ihre eigentliche Farbe konnte trotzdem nicht überdeckt werden. Es waren keine normalen Augen, sondern Karfunkelaugen. Sie gehörten Baphomet Es gab keinen von uns, der sich zu einem Kommentar hätte hinreißen lassen.
Zu überrascht und perplex waren wir, denn mit dieser Erscheinung hatte niemand gerechnet.
Baphomet zeigte sich. Der großer Beschützer wollte ihnen klarmachen, dass er sie nicht aus der Kontrolle entlassen hatte. Durch sein ungewöhnliches Erscheinen wollte er ihnen Mut geben, und die Knöchernen gingen auch keinen Schritt mehr weiter. Sie waren stehen geblieben, hatten die kahlen Schädel zurückgelegt und schauten gemeinsam in den Himmel und natürlich gegen die Augen ihres mächtigen Mentors.
»Sie gehorchen nur ihm«, sagte Jean leise. »Verdammt noch mal, wir sollten etwas tun.«
»Werden wir auch«, sagte ich.
»Und was?«
»Wir fahren weiter.«
Jean lachte schrill auf. »Das darf doch nicht wahr sein, Sinclair! Hier müssen wir uns zum Kampf stellen. Fahr hinein, zermalme sie mit den Reifen!«
»Nein.«
»Und warum nicht?« Seine Frage klang aggressiv. Es hatte sich angehört, als hätte er die Worte gebellt.
Ich drehte den Kopf. »Weil ich nicht jetzt schon die Auseinandersetzung will. Ich möchte herausfinden, was sie wollen und weshalb sie der Ort so anzieht. Ich gehe einfach davon aus, dass sie dort eine Aufgabe haben. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Das soll uns doch egal sein.«
»Nein!« Lucien drehte sich um. »Hör auf, Jean«, sagte er. »Wir werden tun, was John gesagt hat.«
Der Angesprochene schwieg. Er verfiel dabei in ein dumpfes Schweigen. Ich startete wieder und ließ das Auto langsam anrollen.
Unter den Reifen des Renaults knirschten die Steine. Nach wie vor stand das Augenpaar am Himmel, und die Skelette kümmerten sich nicht um uns. Wir rollten an ihnen vorbei. Vier Templer drehten sich um. Sie wollten sie so lange wie möglich beobachten.
Ich aber war froh, als wir den normalen Weg erreicht hatten. Endlich konnte ich schneller fahren, und Alet-les-Bains lag vor uns wie auf dem Präsentierteller.
Ein dunkler Ort, denn die Bewohner hatten nicht alle Lichter eingeschaltet. Noch immer lebten sie in der Furcht vor dem Mörder mit dem Messer. Sie konnten nicht wissen, was sich in der Zwischenzeit ereignet hatte. Immer wieder musste ich die Gedanken an Suko unterdrücken. Es
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