0785 - Angriff der Wölfischen
ekelhafte Ding etwa seine Zunge?
»Oh Gott«, stöhnte Gryf. Es klang wie das Krächzen eines asthmakranken Raben.
Was war passiert? Und vor allem: Wo war er überhaupt? Verdammt, dachte Gryf. Nie wieder Whisky. Definitiv nie wieder Whisky. Und auch nichts von all dem anderen Zeugs, das da gestern noch so rumstand. Vorsichtig öffnete der Silbermond-Druide die Augen und schrie leise auf, als sich die Sonne direkt in sein Gehirn zu brennen schien.
Mit einem lauten Stöhnen setzte sich Gryf auf die Bettkante und versuchte es noch einmal. Vorsichtig öffnete er erst das eine Auge, dann das andere. Als er wider Erwarten nicht zu Staub zerfiel und das Schwindelgefühl langsam nachließ, wagte er einen Rundblick. Er befand sich in einem Schlafzimmer, dessen Einrichtung auf einen gewissen Stil schließen ließ. Im ganzen Raum waren Kleidungsstücke verteilt - und nicht alle gehörten ihm.
Amanda. Die schöne Rothaarige aus dem Chrystal Palace lag mit einem glücklichen Gesichtsausdruck neben ihm. Sie war ebenso nackt wie er selbst und offenbar noch mitten im Tiefschlaf.
Leise stand Gryf auf und suchte die Dusche. Der eiskalte Strahl weckte langsam wieder seine Lebensgeister. Es musste schon wieder Nachmittag sein. Ein Tag verloren, dachte Gryf. Aber verloren wofür? Zamorra hat mir schließlich einen Korb gegeben. Also musste er allein herausfinden, was es mit Fu Longs Vampirarmee auf sich hatte. Und das konnte er nur in Colorado. Zamorra wird mich dafür hassen, dachte der Silbermond-Druide. Aber er hatte seine Chance. Wenn es ihn nicht interessiert, was Fu Long mit einer Horde bis an die Zähne bewaffneter Blutsauger treibt, ist das nicht mein Problem.
Hastig trocknete sich Gryf ab, dann suchte er seine Klamotten zusammen und zog sich an. Zum Abschied hauchte er Amanda einen Kuss auf die Stirn. Er hatte kein schlechtes Gewissen. Sie hatten im Chrystal Palace beide dasselbe gesucht, etwas Ablenkung, einen Körper, der sie für ein paar Stunden wärmte, mehr nicht. Er brach kein Herz, wenn er jetzt ging, ohne sich zu verabschieden.
Also ließ er es.
***
San Bernardino Mountains
Bob hatte nicht übertrieben. Das Steak, das Mrs. Olsen Zamorra servierte, hatte nicht nur die Größe von Los Angeles, sondern es war auch das saftigste und zarteste Fleisch, das der Parapsychologe seit langem gegessen hatte. Daneben türmte sich auf dem Teller ein riesiger Berg frittierter Kartoffeln. Dazu hatte Mrs. Olsen noch einen frischen Salat gemacht.
O’Neill schien schon beim Anblick schlecht zu werden. Mit missmutigem Gesicht sah der Detective Zamorra beim Essen zu.
»Du möchtest wirklich nichts?«
»Danke, das Steak ist mir nicht… blutig genug.«
»Mrs. Olsen wird es dir mit dem größten Vergnügen englisch zubereiten.«
»Trotzdem. Ich esse in letzter Zeit eh nicht viel.«
»Schlägt dir der dauernde Streit mit der Qualle auf den Magen?«, fragte Zamorra.
»So etwas muss es wohl sein«, antwortete O’Neill zurückhaltend.
Zamorra wunderte sich nicht zum ersten Mal in den letzten Stunden über das seltsame Verhalten des Detectives. Irgendwas stimmt mit dir nicht, alter Freund, dachte er. Wenn wir hier fertig sind, müssen wir uns dringend mal unterhalten.
Er hatte seine Mahlzeit kaum beendet, als O’Neill auf die Uhr sah. »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich jetzt dem Sheriff gerne meine Aufwartung machen. Wer weiß, wann die Kollegen hier Feierabend machen.«
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, sagte Zamorra. Er kippte den letzten Rest Bier hinunter und folgte seinem Freund zur Tür.
Sheriff Rufus T. Bumbleford residierte in einem schlichten einstöckigen Bau am anderen Ende der Hauptstraße. Auf dem Weg rekapitulierte Zamorra noch einmal, was O’Neill ihm über die Tulis-Yon-Sichtungen in den Bergen erzählt hatte. Insgesamt neun Menschen wollten die wolfsköpfigen Kreaturen gesehen haben, darunter vier Einheimische aus Three Oaks, zwei aus der näheren Umgebung, ein Geschäftsreisender und zwei Touristen. Es war anzunehmen, dass die Dunkelziffer noch sehr viel höher lag. Wahrscheinlich hatten sich viele Zeugen gar nicht erst gemeldet, aus Angst, als Spinner abgekanzelt zu werden.
Nicht ohne Grund, wie Zamorra und O’Neill schnell feststellen mussten, nachdem sie, sich Sheriff Bumbleford vorgestellt hatten.
»Wenn Sie mich fragen, ist das alles Schwachsinn«, brummte der bärbeißige Ordnungshüter. Rufus T. Bumbleford war ein vierschrötiger Kerl mit einem gewaltigen Schnäuzer, der jedem Walross
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