0785 - Angriff der Wölfischen
wieder in das Halfter unter seinem Mantel.
Unter ihm versuchte der kleinere der Tulis-Yon bereits wieder, sich aufzurichten. Man konnte zusehen, wie sich die Wunden schlossen.
Der Vampir lächelte nun nicht mehr. Seine blauen Augen blickten kalt, als er eine zweite Waffe hervorzog. In den Lauf dieser Pistole hätte er ohne Probleme seinen Daumen stecken können.
Ohne Eile richtete er die Pistole auf den Wolfsschädel, der sich ächzend wieder auf die Beine stemmte.
»Für Miranda!«, flüsterte Friedhelm und drückte ab.
Eine Leuchtkugel raste auf den Tulis-Yon zu, traf.
Kein sterbliches Wesen konnte solche Laute ausstoßen wie der Wolfsköpfige, als er in Flammen aufging. Jaulend schlug er um sich, fachte so das Feuer nur noch mehr an. Als lebende Fackel stolperte er noch ein, zwei Schritte, dann brach er zusammen, und wenig später rührte er sich nicht mehr.
Friedhelm hatte dem Todeskampf des Tulis-Yon zugesehen, ohne mit der Wimper zu zucken. Während er nachlud, starrte der zweite Tulis-Yon zu ihm rauf. Schaumiger Geifer lief seine Lefzen herab. Obwohl sein Kamerad gerade unter fürchterlichen Qualen gestorben war, schien er nicht die geringste Furcht zu verspüren. Die Tulis-Yon existierten nur, um ihrem Herrn Kuang-shi zu dienen. Ihr eigenes Leben bedeutete ihnen nichts.
»Wer bist du?«, fragte der Wolfsschädel verwundert.
»Friedhelm Steiner.«
»Und warum bekämpfst du uns, Friedhelm Steiner? Du bist ein Vampir, und du siehst auch nicht aus wie einer von Fu Longs Leuten. Wir dienen dem göttlichen Kuang-shi, der ein neues Reich der Vampire errichten wird.«
»Das weiß ich.« Friedhelms Stimme klang völlig emotionslos. »Ich wäre auch auf eurer Seite, wenn Bestien wie du nicht meine Erzeugerin Miranda Durant ermordet hätten.« Friedhelm dachte zurück an jene Nacht, in der Miranda und er auf eine Horde Tulis-Yon gestoßen waren.
Die Wolfsköpfigen hatten geglaubt, sie seien versprengte Anhänger von Lord Jeffrey Smythe, dem glücklosen Vampirherrscher von Kalifornien, und hatten angegriffen, ohne Fragen zu stellen. Vor seinen Augen war Miranda regelrecht in Stücke gerissen worden. In dieser Nacht hatte er zum ersten Mal Tulis-Yon getötet, seitdem waren unzählige hinzugekommen.
»Miranda hätte Kuang-shi unterstützt. Aber ihr habt sie einfach niedergemetzelt.« Inzwischen war klar, dass Steiner nicht ohne Emotionen sprach. Vielmehr unterdrückte er sie angestrengt, um sich nicht von seiner Trauer und seinem Hass beherrschen zu lassen. »Es gab keine Gnade. Es gab nur den Tod. Darum werde ich jeden von euch vernichten. Und dann ist Kuang-shi selbst dran!«
Die Bestie unter ihm knurrte, doch Friedhelm blieb ganz ruhig. So hoch konnte auch ein Tulis-Yon unmöglich springen.
»Ach ja, und noch etwas: Fu Long und ich sind tatsächlich Verbündete!«
»Das ist ein Fehler«, schrie der Wolfsköpfige.
»Es ist das einzig Richtige«, stellte Steiner fest und richtete die Waffe auf den Tulis-Yon. Doch der hatte keineswegs vor, sich ebenfalls einfach abschlachten zu lassen. Mit einer Geschwindigkeit, die Friedhelm überraschte, sprang das Halbwesen vorwärts an die gegenüberliegende Wand, stieß sich dort mit aller Kraft ab und raste wie ein lebendes Geschoss in Friedhelms Richtung. Der Vampir war viel zu überrascht, um auszuweichen. In letzter Sekunde riss er seine Waffe hoch und hieb dem Tulis-Yon den Lauf der MPi, die er immer noch in der anderen Hand hielt, vor die Wolfsschnauze.
Verzweifelt versuchte der Wolfsköpfige, sich an seinem Gegner festzukrallen. Wild hieb er mit den Pranken um sich, fand jedoch keinen Halt. Aus sechs Metern Höhe schlug der Tulis-Yon mit dem Rücken zuerst auf dem Boden auf. Benommen blieb er einen Moment liegen.
Das Letzte, was er sah, war eine grelle Leuchtkugel, die auf ihn zujagte.
»Für Miranda«, flüsterte Friedhelm. Er gönnte seinem lichterloh brennenden Gegner keinen weiteren Blick, als er wenige Meter entfernt in der Gasse landete.
Ich werde Fu Long darüber informieren müssen, dass die Tulis-Yon in Los Angeles wieder aktiv sind, dachte Steiner. Und dann haben wir einen Krieg zu planen.
»Aber zuerst das Angenehme«, murmelte er und dachte an das blonde Mädchen, das an der Ecke auf ihn wartete.
In diesem Moment bemerkte er den kleinen Kratzer an seinem Handrücken - und den winzigen Tropfen Blut, der daraus hervorquoll…
***
Last Chance
Tief sog Fu Long die kühle Nachtluft ein. Ihr würziges Aroma erinnerte ihn an längst vergangene
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