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0786 - Angst vor der Hexe

0786 - Angst vor der Hexe

Titel: 0786 - Angst vor der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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flachen Händen auf die rohe Tischplatte. »Na, kennt ihr es…?«
    Die Kinder wagten nicht, es ihr zu bestätigen. Natürlich kannten sie es. Dieser Spruch stammt aus einem Märchen, einem sehr alten Märchen, das immer wieder erzählt wurde.
    Hänsel und Gretel…
    Olinka bewegte ihre Stirn. Falten erschienen auf der Haut und vertieften die Risse noch stärker. »Wollt ihr mir nicht antworten?«, flüsterte sie über den Tisch hinweg. Der Atem erwischte auch die Kerzenflamme und ließ sie tanzen.
    Davy fasste sich ein Herz. »Da war eine Hexe.«
    Olinka nickte. »Sehr richtig, Junge, und ich bin auch eine.« Sie veränderte tatsächlich den Ausdruck ihrer Augen, so dass ein lauernder Blick entstand. »Und wisst ihr auch, was die Hexe mit den Kindern anstellte? Wisst ihr das?«
    Davy nickte.
    »Dann sag es!«
    »Sie… sie … wollte Hänsel und Gretel in den Ofen stecken und verbrennen.«
    »Jaaa…!«, kreischte Olinka. Sie wippte auf ihrem Stuhl und klatschte in die Hände. »Ja, ihr habt Recht. Die Hexe nahm die Kinder und steckte sie in den Ofen, sie …« Olinka verstummte mit einem keuchenden Gurgeln, weil sie gesehen hatte, dass Amy den Kopf schüttelte. »Nun, was hast du?«
    »Das war nicht so!«
    »Ach ja? Wie dann?«
    Amy wusste selbst nicht, woher sie den Mut aufbrachte, um weiterzusprechen, sie tat es einfach. »Die Kinder landeten nicht im Ofen, sondern die böse Hexe.«
    Olinka hatte genau zugehört. Die Antwort konnte ihr nicht gefallen haben. Sie stieß ein drohend klingendes Knurren aus. »Das weiß ich, aber ich will euch auch sagen, dass dies ein Märchen ist. Und ich bin da, um die Märchen zu ändern. Ich will nicht, dass es so ausgeht, wie in der Geschichte. Die Hexe darf nicht verlieren, sie wird auch nicht verlieren! Ihr seid zu mir gekommen, ihr seid Hänsel und Gretel, auch wenn ihr nicht so heißt. Ich aber bin die Hexe, und ich werde gewinnen. Ich werde es euch zeigen, euch beiden. Ihr werdet keine Chance haben, das schwöre ich euch. Der Ofen ist angeheizt, das habt ihr gesehen, und das Feuer darin brennt einzig und allein für euch. Nur für euch…«
    Jetzt war es heraus. Amy und Davy waren nicht mal überrascht, trotzdem überfiel sie die Angst wie ein großer Schatten. Sie senkten die Köpfe. Amy schaute auf ihre Beine, während Davy seinen Blick auf den Ofen richtete.
    Er kam ihm noch heißer, noch glühender vor. Hinter der breiten Tür lauerte der Tod in Form von Feuer und Hitze. Die rötliche Glut schimmerte durch die Spalte, und Olinka, die die beiden Kinder genau beobachtete, schob ihren Stuhl zurück. Erst dann stand sie auf.
    Sie drehte sich und ging auf den Ofen zu.
    »Ich werde es euch zeigen«, flüsterte sie in das Schlurfen ihrer Schritte hinein. »Ihr sollt es schon jetzt sehen. Es ist wie das Auge der Hölle, wie der Einstieg zum Teufel, denn hinter dieser Klappe lauert er.« Sie freute sich diebisch, was ihr Kichern sehr deutlich anzeigte. Schräg vor der Klappe blieb sie stehen, um den Arm auszustrecken, dann umfassten die Finger den isolierten Griff, der nicht heiß geworden war. Sie drehte ihn nach links, in der Ofentür entstand ein Kratzen, als sich ein nicht sichtbarer Riegel innen bewegte, und einen Moment später riss Olinka die Ofentür auf.
    Unzählige Feuergeister zugleich sprangen aus dem Loch hervor.
    Heiße Grüße des Teufels, eine unheilvolle Glut, eine Hitzebahn, die in den Raum hineinschoss, sogar die Gesichter der Kinder erreichte und diese leicht rötete.
    Sie drang über ihre Stirnen hinweg, sie brannte in den Augen, sie schien die Haare anzusengen und wischte auch über die Lippen der beiden hinweg.
    »Das Auge der Hölle!«, sagte die Hexe kichernd. »Hier könnt ihr zum Teufel schauen.«
    Die Gefangenen rührten sich nicht. Nicht einmal die Köpfe drehten sie zur Seite. Die Gesichter waren mit dem Anblick verbunden, mit dem Ofen, mit dessen Hitze, denn sie entdeckten nicht nur die rote Glut, sondern auch den breiten und langen Eisenrost, der die Backröhre in eine obere und eine untere Hälfte teilte. In der oberen war mehr Platz als in der unteren.
    Olinka war zur Seite getreten. »Na, seht ihr es. Schaut genau hin, denn dieser Ofen ist für euch sehr wichtig.« Sie warf die Klappe wieder zu, und die Kinder waren froh darüber, nicht aber über ihre nächsten Worte, denn sie kam auf den Tisch zu und erklärte ihnen, dass sie vorhatte das Märchen zu verändern. »Nicht die Hexe wird braten, meine Kleinen, sondern ihr. Ja, ihr werdet braten,

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