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0787 - Das Medium

0787 - Das Medium

Titel: 0787 - Das Medium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seine Frau wie immer im Wintergarten gedeckt hatte.
    Natürlich machte auch Melda sich Sorgen. Immer wieder versuchte die Frau, ihren Gatten aufzuheitern, ihm zu erklären, dass er einen Schutzengel gehabt hatte, weil es ihn nicht erwischt hatte, aber das war es nicht, was Wayne brauchte.
    »Ich muss diese Person finden«, flüsterte er nur. »Sie allein kann das Rätsel lösen.«
    »Und warum willst du das?«
    »Weil ich nicht will, dass man mir etwas anhängt, deshalb!« Er hatte immer wieder genickt, denn immer hatten sie sich mit den gleichen Fragen und Antworten beschäftigt. So würde es auch an diesem Tag sein, als Wayne schon am Frühstückstisch saß, nach draußen schaute und dem Dunst zusah, der aus der Flussniederung hervorkroch und sich mit den tiefhängenden Wolken zu vereinen schien.
    Früher – vor dem Unglück – hatte er sich immer angezogen, bevor er sein Frühstück zu sich nahm. Heute war ihm das egal. Da saß er im Bademantel am Tisch, auch wenn seine Frau sich darüber aufregte, denn sie erschien wieder adrett gekleidet.
    Melda Aldrin war etwas füllig, was ihr nicht viel ausmachte. Mit fünfzig konnte man sich das schon leisten. Sie trug dafür eben Sachen, die nicht figurbetont waren. An diesem Tag einen langen, dunklen Rock und einen hellgrauen, weich fallenden Pullover. Ihr Gesicht war relativ frei von Falten, es hatte noch immer den lustigen, etwas puppenhaften Ausdruck der Jugend, und auch die herrlich braunen Augen zeigten die Spuren des Alters nicht.
    »Guten Morgen«, sagte sie und setzte sich ihrem Mann gegenüber.
    Der brummte einen Gruß. Schwerfällig drehte er sich auf dem Korbstuhl herum. Das Geflecht knarrte, als wollte es jeden Augenblick zusammenbrechen. »Ja, guten Morgen.«
    »Hattest du wieder die Träume?«
    Wayne nickte.
    »Schlimm?«
    »Wie immer.«
    »Also hast du kaum geschlafen.«
    »Das kann man sagen.« Er nahm die Kaffeekanne und schenkte sich die Tasse voll. Seine Hände zitterten dabei, was Melda mit Besorgnis betrachtete. »Hunger habe ich nicht.« Er stellte die Kanne wieder weg. »Ich fühle mich blockiert.«
    »Du musst etwas essen.«
    »Verdammt, wenn ich doch nicht kann.«
    »Wenigstens einen Toast.« Sie reichte ihm den Korb, und Wayne tat seiner Frau den Gefallen, die es schließlich nur gut mit ihm meinte. Er klappte das Tuch, das über dem Toast lag, auf der rechten Hälfte zur Seite und holte die noch sehr warme Scheibe hervor. Anschließend bat er um die Zeitung.
    Dieses Ritual hatte er sich auch nach den Ereignissen nicht abgewöhnt. Er musste einfach beim Frühstück die Zeitung lesen, und seine Frau tat es dann auch. Sie teilten sich das Blatt. Er las zuerst die ersten Seiten, Melda die letzten.
    Aldrin wartete, bis die Scheibe etwas abgekühlt war. Dabei überflog er die Titelseite. Noch immer Ärger im Königshaus, die Windsors kamen wohl nie zur Ruhe; Krieg im ehemaligen Jugoslawien; Hunger und verfluchtes Elend in Somalia. Es hatte sich nichts geändert, das hatte es im vergangenen Jahr auch gegeben, und irgendwie passte es auch in diese verfluchte Welt hinein.
    Seit dem Absturz des Jets hatte der Globus für Wayne Aldrin ein anderes Gesicht bekommen. Er, der schon relativ früh ausgestiegen war, um sein Leben zu genießen, kam damit nicht mehr zurecht.
    Wenn er eine negative oder sehr schlimme Nachricht las, war er jedesmal bestürzt und verfiel in ein nachdenkliches Schweigen.
    Er aß den Toast mit Konfitüre. Eigentlich ein Genuss für ihn, an diesem Morgen nicht. Alles schmeckte gleich, als er an den Hunger auf der Welt dachte. Er fand keinen Gefallen mehr, keinen Genuss, und er schluckte das Essen nur herunter, weil er Nahrung brauchte.
    Das war auch Melda aufgefallen. Immer wieder hatte sie ihren Mann besorgt beobachtet und auch versucht, mit ihm über seine Probleme zu sprechen. Sie hatte nur immer wieder zu hören bekommen »Das verstehst du nicht« oder »Ich muss damit allein fertig werden«, konkret hatten sich die beiden über seine Sorgen nie unterhalten.
    Wayne nahm überhaupt nicht zur Kenntnis, dass sie ebenfalls darunter litt. Durch sein Verhalten erschwerte er das Zusammenleben zwischen ihnen. Längst hatte sie beschlossen, mit ihrem Sohn über das Problem zu sprechen, vielleicht hörte Wayne ja auf ihn.
    Als er die Zeitung umblätterte, schreckte sie das Rascheln aus ihren trüben Gedanken. Wayne biss in den Toast. Er fing damit an, die zweite Seite der Zeitung zu lesen. Er trank Kaffee, er schluckte, er nahm die

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